Karl-Heinz Farni über „Mein Sohn, der Fußball und ich“ von Josef Kelnberger
Gleich vorweg: für alle, die so vernünftig sind, Fußball für nicht überlebenswichtig zu halten, ist dies Buch nichts. Sie sollten die Finger davon lassen, denn hier schreibt ein Irrer, einer, der nach zwei Wochen ohne Fußball unter schweren Entzugserscheinungen leiden würde – weshalb dies auch nie vorkommen wird – was viele davon ausgehen läßt, daß es sich bei dem Autoren um eine Dumpfbacke handeln muß. Aber Josef Kelnberger, geborener Niederbayer und ausgemachter FC-Bayern-Hasser, betreut als Redakteur bei der „Süddeutschen“ deren Seite 2, das „Thema des Tages“ – hat also das Schreiben gelernt, womit er im Literaturbetrieb schon mal zu einer Randgruppe zählt. Was Kelnberger jedoch wirklich ausmacht, sind drei Dinge: seine Fähigkeit, genau zu beobachten, sein Mut, die Wirklichkeit auch dann zu beschreiben, wenn sie als Klischee daherkommt, und sein Humor, der meist leise startet und oft im Brüllen landet.
Die Geschichte ist einfach: ein fußballirrer Vater begleitet seinen fußballirren Sohn zu dessen Spielen. Und beschreibt: die hysterischen Mütter, die, wenn’s sein muß, auch mal den schon geschlagenen Torwart ersetzen; jene Väter, die vermutlich schon mit Bierglas, Bauch und Grillzange in der Hand in den Kindergarten gegangen sind; und auch solche Väter, die hinter ihrer Alternativ-Pädagogik noch irrer als die anderen sind.
Zwischendurch philosophiert Kelnberger über das, was Fußballern so wichtig ist, erklärt überzeugend, warum Klinsmann ein guter Trainer ist – und ebenso überzeugend, warum er ein schlechter Trainer ist, wägt ab, wie sehr die Mannschaft und wie sehr der Einzelne im Vordergrund stehen sollte. Da merkt man, daß er nicht nur irre ist sondern Ahnung hat. Und dann rührt dies Buch auch noch. Denn Kelnberger beschreibt zwar schonunglos, aber er stellt nie bloß, da ist immer die Liebe zu denen, die er beschreibt, zu spüren. Am besten ist er trotzdem, wenn er ebenso leise wie eindringlich seine diebische Freude zeigt, als die eigene Chaotentruppe den gegnerischen G-Jugend-Trainer, der als van Gaal verkleidet mit drei Co-Trainern im Schlepptau, einem Möbelwagen voller Equipment und einem Klemmbrett unterm Arm auf den Platz stolziert, ganz humorlos vom Platz fegt.
Für amtlich anerkannte Fußball-Irre ist „Mein Sohn, der Fußball und ich“ ein Buch, das Spaß macht, berührt und ganz nebenbei auch noch lehrreich ist.