Eigentlich sollte diese Woche die Hauptverhandlung gegen einen Polizisten beginnen, der beim Castortransport 2005 Pfefferspray gegen Demonstranten eingesetzt haben soll. Doch kurz vor dem anberaumten Termin wurde bekannt: das Verfahren wurde gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt.
Der Vorfall liegt mittlerweile 4 Jahre zurück und hat auch Seltenheitswert: Wegen einer mutmaßlichen Pfefferspray-Attacke gegen Demonstranten beim Castor-Transport im Jahr 2005 sollte sich ein 39 Jahre alter Polizist vor dem Amtsgericht Dannenberg verantworten. Dem Beamten aus Nordrhein-Westfalen wurde gefährliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft soll der Polizist während des Atommüll-Transports ins Zwischenlager Gorleben nach der Räumung einer Straßenblockade bei Hitzacker aus dem Auto heraus drei Demonstranten mit Pfefferspray besprüht haben. Diese hätten dadurch "erhebliche Schmerzen" im Gesicht davongetragen, hieß es. Zur Hauptverhandlung waren 15 Zeugen geladen.
Doch wie nun ein Sprecher des Landgerichts Lüneburg mitteilte, ist das Verfahren vor Beginn der Hauptverhandlung nach § 153a Strafprozessordnung (StPO) gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig eingestellt worden. Kommt der Beschuldigte dieser Auflage nach, so wird das Verfahren danach endgültig eingestellt. Ob diese Geldauflage für den Beamten dienstrechtliche Konsequenzen hat, ist nicht bekannt.
HINTERGRUND: Einstellungen nach § 153 a StPO werden üblicherweise vorgenommen, wenn Gericht und Staatsanwaltschaft lediglich von einer geringen Schuld des Angeklagten ausgehen, es andererseits aber ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung gibt. Möglich ist diese Form der Einstellung lediglich bei Vergehen, nicht bei Verbrechen, wobei Richter, Staatsanwaltschaft und Beschuldigter zustimmen müssen. In Rechtskommentaren wird die Einstellung nach § 153a StPO gern auch als "Aktenverfahren durch die Hintertür" bezeichnet, da auf eine öffentliche Hauptverhandlung verzichtet wird. Eine Einstellung nach § 153a gilt zudem auch nicht als Vorstrafe. Zur Wiedergutmachung des Schadens sieht das Gesetz verschiedene Möglichkeiten vor: neben der Geldbuße (zu zahlen an eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse) kommen auch andere gemeinnützige Leistungen, eine zur Wiedergutmachung geeignete bestimmte Leistung oder "das ernsthafte Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen" in Betracht.
Kommentar von BI-Pressesprecher Wolfgang Ehmke zu dem Beschluss: "Das ist schade für die Betroffenen. Durch solche Beschlüsse fühlen sich andere Polizisten ermuntert. Das ist ein schlechtes Signal für den Umgang miteinander".
Foto: Verletzter Demonstrant nach Pfefferspray-Einsatz in Grippel/Castortransport 2005 (Timo Vogt/randbild)
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