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Pferdelasagne für Arme? Zum Ansinnen eines CDU-Politikers

Mit seiner Empfehlung, die unzähligen zurückgerufenen Packungen mit Pferdefleisch-verunreinigter Lasagne nicht zu vernichten, sondern "den Armen" zu Gute kommen zu lassen, erntete ein CDU-Politiker harsche Kritik. Völlig zu Recht, findet Hagen Jung.

Kindheitserinnerungen wurden in mir wach, als ich heute die Radionachrichten hörte. Erinnerungen an einen Spielkameraden aus begütertem Haus, der mir einmal folgendes erzählte: Immer, wenn seine Familie einen saftigen Geflügelbraten verspeist hatte, musste der Junge das Gänseskelett in die Souterrainwohnung bringen, wo eine arme Frau mit ihren drei Kindern einquartiert worden war. „Die können sich da noch eine Suppe draus kochen“ pflegte der vom Wirtschaftswunder beschenkte Vater seinem Sohn zu sagen – so berichtete es mir mein Freund und gab zu, dass ihm der Gang in die Kellerbehausung zu den Bedürftigen stets sehr peinlich war.

So peinlich dürfte es CDU-Leuten gewesen sein, als sie – wie ich – aus den Nachrichten vom Vorschlag ihres Parteifreundes Hartwig Fischer erfuhren. Der Bundestagsabgeordnete aus Göttingen, früher CDU-Generalsekretär in Niedersachsen, regte sinngemäß an: Man möge jene Produkte, die infolge des Pferdefleischskandals aus Regalen genommen wurden, nicht entsorgen, sondern eindeutig etikettieren und dann an Bedürftige verteilen, zum Beispiel über die „Tafeln“.

Menschenunwürdig, unzumutbar, respektlos

Zu Recht ist dem CDU-Mann eine Welle der Empörung entgegen geschlagen: Als „menschenunwürdig“, als „nicht zumutbar“ bezeichneten kirchliche Stellen das Ansinnen Fischers, sogar die katholische Deutsche Bischofskonferenz meldete sich zu Wort, erklärte durch ihren Sprecher Matthias Kopp zur Idee des Politikers: „Das ist respektlos gegenüber Bedürftigen“. Auch diese müssten qualitative Mindeststandards erhalten. Wer so etwas vorschlage wie Fischer, könne nur Kopfschütteln auslösen.

Für Hartwig Fischer scheint die gleiche Devise zu gelten, nach der damals der Vater meines Spielkameraden verfuhr: Für uns das Beste – für die Armen die Reste. Pfui Deibel! Pferdefleisch ist nichts Schlechtes. Ich selbst gönne mir gern auf dem Dannenberger Wochenmarkt eine knusprige Rossbratwurst. Aber: Nicht jeder mag sie.

Fest steht: Auch wenn die Produkte vor dem Verteilen an Arme mit einem Herkunftshinweis versehen werden, so bleiben es doch Produkte, die im Handel nicht mehr verkauft werden sollen. In diesem Sinne: zweitklassige Ware. Das wissen auch die Besucherinnen und Besucher der Tafeln. Aha, dürften sie zu Recht denken: Zweitklassiges für Zweitklassige - für uns, für Menschen zweiter Klasse.“

Tipp: CDU-Abend mit Gulasch vom Ross

Eine Klassifizierung von Menschen ist mit den Grundwerten des christlichen Glaubens nicht vereinbar. Der Abgeordnete einer Partei, die das C im Namen führt, dürfte dies wissen. Zumindest sollte sich Hartwig Fischer für sein degoutantes Ansinnen entschuldigen. Noch besser - es ist Bußzeit - er bedenkt die Tafel seines Heimatortes mit einer Spende für ehrlich deklarierte Mahlzeiten, für erstklassige Produkte mit Rind, Schwein oder Geflügel. Und weil er ja um die aus dem Regalen genommenen Produkte so besorgt ist, kann Fischer sie doch Parteifreunden servieren. Gemütlicher Kreisverbands-Abend mit Gulasch vom Ross. Das ist allemal origineller als ein Gänseschmaus.

Guten Appetit wünscht Hagen Jung.

Foto / sunshinecity : Bei hausgemachter Lasagne ist immer bekannt, was sie enthält: Fleisch nach eigener Auswahl, Gemüse, Kräuter, Bechamelsauce und Nudeln - hier ein leckeres Rezept!


2013-02-22 ; von Hagen Jung (autor),

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