Durch Medienberichte wurde jetzt ein Thema aktualisiert, welches bezeichnend für die Geschichte des Atommüll-Standorts Gorleben ist: Prof. Helmut Röthemeyer, 1983 Abteilungsleiter der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) erinnerte daran, dass ein grundsätzlich ablehnendes Gutachten damals auf politische Weisung hin positiv umgedeutet werden musste.
Wissenschaftler, die für die Erkundung des Salzstocks Gorleben als Endlager für hochradioaktive Abfälle zuständig waren, haben bereits 1983 empfohlen, außer Gorleben auch andere Standorte zu untersuchen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Untertage-Arbeiten am Erkundungsbergwerk noch nicht begonnen. Allerdings mussten die Wissenschaftler ihre Empfehlung zu einer alternativen Endlagererkundung auf Druck von Landes- und Bundesregierung abschwächen. Diesen Vorgang bestätigte jetzt erneut der ehemalige Leiter der Physikalisch-technischen Bundesanstalt (PTB), der Vorgängerbehörde des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Professor Helmut Röthemeyer gegenüber der „tagenszeitung“. Nie wieder habe er ein solches Gespräch erlebt wie das mit den Regierungsvertretern zum Zwischenbericht, erklärt Röthemeyer der „taz“.
Mehrfach war über die Schlußfolgerungen aus einem Zwischenbericht der PTB zu den Erkundungsarbeiten von 1983 und die politische Einflussmnahme auf die wissenschaftliche Expertise berichtet worden, zuletzt im November 2008 in den kommunalen „Umweltbriefen“, zuvor schon 2000 in der„Elbe-Jeetzel-Zeitung“ und im „Hessischen Rundfunk“. Am Rande einer Tagung im Februar 2000 war die Existenz der PTB-Empfehlungen und die Art ihres Zustandekommens bekannt geworden. Das Ausmaß der politischen Einflußnahme auf wissenschaftliche Urteile hatte bei Beteiligten offenkundig einen bleibenen Eindruck hinterlassen. „Die bisherigen Erkenntnisse über den Salzstock Gorleben als Endlagerformation ... haben die Aussagen über seien Eignungshöffigkeit für die Endlagerung der vorgesehenen radioaktiven Abfälle voll bestätigt,“ heißt es in dem Bericht vom Mai 1983. Dennoch seien die Kenntnisse wegen der fehlenden untertägigen Erkundung nicht ausreichend, um die Barrierewirkung beurteilen zu können. Das Risiko, das diese Unsicherheit bedeute, könne man durch vorsorgliche Erkundungsmaßnahmen an anderen Standorten verringern. „Mit dem Schachtabteufen parallel laufende übertägige Erkundungsmaßnahmen anderer Standorte vermeiden somit Sachzwänge bei der Realisierung dieses Endlagers. Dies würde auch die Akzeptanz des Standortes Gorleben erhöhen.“ So steht es in den Schlußfolgerungen von 1983, die im Februar 2000 bekannt wurden. Aber eine alternative Standortuntersuchung durfte nicht sein, die wissenschaftliche Empfehlung wurde politisch korrigiert. Bis heute.
In einer Presseerklärung setzt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) nun nach: "Zweimal schon haben wir das Bundesamt aufgefordert, uns die Stellungnahme der PTB auszuhändigen bzw. Protokolle einsehen zu können". Die sachfremden Kriterien für die Standortwahl 1977 gepaart mit dieser falschen Weichenstellung Mitte der 80er Jahre führen in der nuklearen Entsorgung in die nächste Sackgasse - Asse II lässt grüßen".
Foto: Das Gelände des geplanten Endlagers mitten im Gorlebener Wald/Bundesamt für Strahlenschutz
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