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Polizei: Weihnachtskugeln als gefährliche Wurfkörper

Was es heutzutage alles gibt bei der Polizei?! Früher war der Schutzmann an der Ecke ein vertrauter und respektierter Vertreter der Ordnungshut. Nun aber agieren im Polizeigefüge statt des braven Mannes mit der Pickelhaube allerlei Spezialkräfte, wie aus dem Abschlussbericht der Polizei zum diesjährigen Castortransport hervorgeht.

Etwa die „Höheninterventionsteams“. Sie wurden beispielsweise eingesetzt, als es galt, im Rahmen des jüngsten Castoren-Transports drei Menschen aus Bäumen nahe der Atommüll-Strecke herunter zu holen. Und wenn dereinst ein strenger Blick des Polizisten genügte, um aufmüpfige Bürger zur Raison zu bringen, so ist in unseren Tagen „Außengewahrsam“ angesagt, um das revoltierende Volk - in diesem Fall die Castor-Gegner – in staatliche Schranken zu verweisen. Sowohl von den Höhen-Spezialisten als auch vom Gewahrsam draußen in der Kälte ist in der Polizei-Bilanz zum Castor-Transport 2011 zu lesen.

In den Medien, so die Polizei, sei der Transport als „längster Castortransport aller Zeiten“ bezeichnet worden. Von der reinen Stundenanzahl her betrachtet, sei dies richtig, jedoch habe die Transportdauer für die Einsatzleitung weder bei den vorangegangenen noch bei diesem Transport eine Rolle gespielt.

Die Stundenzeiten der einzelnen Transporte seien miteinander nicht vergleichbar, da jedem Einsatz ein neues Konzept zu Grunde liege. „So waren dieses Jahr unterwegs von vornherein größere Zugpausen eingeplant worden, ferner hielt der Zug aufgrund der kurzfristig vorgezogenen Abfahrt fast einen ganzen Tag in Frankreich“, gibt die Polizei zu bedenken.

Mit Besorgnis habe die Polizeiführung „die hohe Gewaltbereitschaft bei eventorientierten und gewaltbereiten Personen“ festgestellt. Diese Gruppen stellten zwar eine Minderheit dar, allerdings seien im Vergleich zu den Vorjahren die Polizeibeamten und -beamtinnen deutlich massiver, etwa durch Steinbewurf und Pyrotechnik, angegriffen worden. Ein Sprecher der Polizei erläuterte gegenüber w-net, was geworfen worden sei: unter anderem Golfbälle, durch die spitze Schrauben gedreht und Nägel geschlagen wurden sowie Christbaumkugeln, die, mit verschiedenem Material gefüllt, als gefährliche Wurfkörper auf Polizisten geschleudert werden konnten.

Bilder gibt es allerdings von diesen "Waffen" nicht. Auch Molotowcocktails – Brandflaschen – seien seitens gewaltbereiter Demonstranten geworfen worden. Doch nicht allein die Polizei sei zu Schaden gekommen. Wörtlich heißt es in der Bilanz: „Durch Chaoten wurde eine Miete mit 200 Tonnen Kartoffeln in Brand gesetzt – hierdurch entsteht dem Landwirt ein Schaden von 16 000“.

Insgesamt 20 415 PolizistInnen waren im Zusammenhang mit dem Castor-Transport im Einsatz, davon 12.405 seitens der Länder (darunter 5360 aus Niedersachsen) und 8010 von der Bundespolizei. Im Rahmen des Einsatzgeschehens seien 133 Polizeibeamte verletzt worden, bilanziert die Einsatzleitung, und: 21 Polizei-Fahrzeuge wurden beschädigt, seien teilweise nicht mehr einsatzbereit. Es gab 43 Festnahmen, 269 Strafverfahren gegen Demonstranten wurden eingeleitet, 1553 so genannte Ingewahrsamnahmen wurden registriert, ebenso 5080 Platzverweise und 27 Sicherstellungen von Traktoren.

Für die Freunde exakter Zahlen hat die Polizei einige Transportdaten festgehalten: Der Transport war am 23. November um 16.01 Uhr in Valognes bei La Hague gestartet. Am 25. November passierte der Zug um 10 Uhr die französisch-deutsche Grenze. Nach Behinderung durch diverse Anti-Castor-Aktionen trifft der Zug am Sonntag, dem 27. November, um 4.29 Uhr im Verladebahnhof bei Breese/Marsch ein. Nach Beseitigung aller Blockaden und dem Umladen vom Zug auf Lkw starten diese am Montag um 18.37 Uhr. Am selben Tag um 22.09 Uhr sind die Castoren am Ziel, dem Transportbehältelager Gorleben.

Foto: Es werde Licht! von Andreas Conradt




2011-11-29 ; von Hagen Jung (autor),

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