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Ratskeller-Ruine romantisches Refugium

Wohl anzuhören und anzusehen war er jüngst: der Zapfenstreich der Schützengilde zu Dannenberg, zelebriert auf dem Marktplatz. Doch: Auch Missklang gabs am Rande, ausgehend von einigen Zuhörern, die da tönten und dröhnten: Wie schade es doch sei, dass das harmonische Bild des traditionellen Rituals konterkariert werde durch das vermeintliche Schandbild der Ratskeller-Ruine.

Warum das ewige Gemecker? Denk Positiv, Dannenberg! Sieh in allem das Gute, auch in der so geschmähten Ruine. Schaut in sie hinein, Dannenberger und Gäste. Leben sprießt aus dem Gemäuer, Bewuchs breitet sich aus, gedeiht immer mehr. Frisches Grün strebt aus Ruinenritzen. Und das darf Grund zur Freude sein. Freude etwa für Nostalgiker, die als Kinder noch Anfang der 50er Jahre in manchen Städten auf Trümmergrundstücken spielten und das dort munter sprießende Grünzeug für den Brautkranz beim Vater-und-Mutter-Spiel pflückten. Ein Blick in den Ratskeller kann Erinnerungen an diese unbeschwerte Zeit des gerade aufblühenden Wirtschaftswunders wachrufen, an Leukoplastbomber, Capri-Fischer und Adenauers Pepitahut.

Was-wächst-denn-da-Ausflug zum Fenster?

Freuen dürfen sich auch Naturliebhaber am derzeitigen Ratskeller-Bild, haben sich doch andernorts Ruinen, alte Bunker beispielsweise, zu wahren Refugien für Flora und Fauna entwickelt. Seltene Flechten und Pilze fanden dort Lebensraum, boten wiederum Heimat für allerlei Getier. Vielleicht findet gar das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobum Agustifolium) Platz im einstigen Hotel, auch als Trümmerblume bekannt, und vielleicht entdecken aufmerksame Betrachter eines Tages eine Höhlenkreuzspinne am selben Ort?

Freude an der botanischen Entwicklung der Ruine dürften auch BiologielehrerInnen haben: Unter dem Motto "Was wächst denn da?" könnten Schulklassen Ausflüge zum großen Fenster unternehmen, das einen Blick auf das innerstädtische Biotop gestattet.

Schon Caspar David Friedrich malte Ruinen

Und wen die Pflanzenwelt weniger begeistert, könnte sich doch am künstlerischen Tun erfreuen, sich am Marktbrunnen niederlassen mit Staffelei oder Zeichenblock und die Fassade, durch die der Sommerwind weht, verewigen - als Sinnbild der Vergänglichkeit etwa oder der Hoffnung. Immerhin waren Ruinen ein beliebtes Stilmittel der Romantik, man denke nur an Caspar David Friedrichs "Abtei im Eichwald"! Der Ratskeller als Wanderziel für Malkurse!

„Es entsteht eine zeitgemäße Interpretation“

Doch wer die Entwicklung von Ruinenpflanzen studieren oder ein Ölgemälde "Ratskeller-Ruine um Mitternacht" vollenden möchte, sollte sich beeilen, denn: Auf der Homepage "Ratskeller Dannenberg" ist im Internet wörtlich zu lesen: "In erster Lage im Zentrum einer Kleinstadt entsteht an Stelle der Brandruine eine zeitgemässe Interpretation des Gebäudes." Es entsteht. Das heißt doch, schlicht und gerade gedacht: Die Sache ist unter Dach und Fach. Oder? Denn da steht nicht: "Es ist geplant" oder "Es soll entstehen", sondern:"Es entsteht". Punctum.

BürgerInnen am Ratskeller stets sehr interessiert

Wann die Interpretation entsteht, steht da zwar nicht. Aber vielleicht weiß das ja der Rat der Stadt? Oder jemand aus der Verwaltung? Denn: Die BürgerInnen in Dannenberg sind immer arg wissbegierig, wenns um den Ratskeller geht. Vielleicht ist er ja am Montag, dem 21.Juni, wenn der Rat um 19 Uhr im Gasthaus Grönecke in Breese/Marsch zusammenkommt, mal wieder Gegenstand einer BürgerInnen-Frage oder gar einer Mitteilung aus der Verwaltung?

Übrigens: Dann sind 1.253 Tage seit dem Ratskeller-Brand vergangen.

Foto: Hagen Jung

 

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2010-06-20 ; von Hagen Jung (autor),

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