Angeregt durch den Ideenwettbewerb während der kulturellen Landpartie, was denn mit dem „ausgedienten“ Salzbergwerk in Gorleben geschehen könnte, machten sich einige Wendländer auf den Weg nach Polen. Denn im Salzbergwerk Wieliczka bei Krakau wird schon seit Jahrhunderten ein unterirdisches Salzbergwerk als Heilstollen für diverse Krankheiten genutzt. Ein Reisebericht von Dieter Schaarschmidt.
Wir waren schon verblüfft, überall in Krakau mit Werbematerial auf Besuchsmöglichkeiten im Salzbergwerk aufmerksam gemacht zu werden. Wir ahnten ja nicht, dass dieses Bergwerk neben seinem Heilstollen, der nicht für den normalen Besucherverkehr geöffnet ist, auch noch eine der beliebtesten und bekanntesten Touristenattraktionen ist.
Ein Besuch der Heilstollen ist nicht ohne Voranmeldung oder Krankenschein möglich. Täglich können nur 2 Gruppen mit je 40 Personen zur Heilbehandlung für 6,5 Stunden in die 135 m unter Tage gelegenen Therapiebereiche gelangen. Am beliebtesten sind 17-tägige Kuraufenthalte, die mit einer gründlichen Aufnahmeuntersuchung beginnen. Auch Übernachtungen im Heilbereich sind dabei möglich. Vorwiegend werden hier asthmatische Krankheiten und Beschwerden im Hals-, Nasen- und Rachenbereich, sowie Lungenentzündungen und Allergien behandelt. Die Kosten werden von der Krankenkasse oder privat finanziert. Die Heilstätte ist stolz darauf, jetzt auch das Internationale Zertifikat ISO 9001 für ihr Qualitätsmanagement im Gesundheitssystem zu besitzen.
Aber auch schon lange im vorigen Jahrhundert hatte man hier in Wieliczka die heilsame Wirkung des Salzbergwerks mit seiner reinen und mit mineralischen Salzen angereicherten Luft erkannt und als Kurbehandlung genutzt.
Doch für Polen ist das Bergwerk in Wieliczka mehr als ein Kurort, es ist beinah schon ein Kult- und Wallfahrtsort. Anders kann man sich die Popularität nicht erklären. Bereits seit 500 Jahren, von der 700 -jährigen Bergwerksgeschichte war das Salzbergwerk bereits für den „Tourismus“ geöffnet.
Wir schlossen uns einer deutschen Besuchergruppe unter fachkundiger Führung an. Im 15 Minuten-Takt gehen die Gruppen mit Reiseführern, die alle Sprachwünsche erfüllen, in das Besucherbergwerk auf eine 3,5 km lange Wanderung in die Welt und Geschichte des Salzes. In diesem Bergwerk, in dem weltweit einmalig, vom 13. Jahrhundert bis 1996 Salz abgebaut wurde, kann nur ein kleiner Teil der 300 km langen unterirdischen Stollen besichtigt werden.
Wer hätte gedacht, dass sich 135 m unter Tage Kapellen befinden? Oder hätten Sie geahnt, dass es dort kathedralenähnliche Säle mit Fußböden aus blank poliertem schwarzem „Salzmarmor“, Kronleuchtern aus Salzkristall, Halbreliefs aus der biblischen Geschichte – die Kapelle der heiligen Kunigunde, der Schutzherrin des Salzbergwerkes, gibt? Selbst Johannes Paul II. wurde dort in Salz verewigt.
Wie aus Marmor gemeißelte Salzfiguren begleiten die Besucher auf Schritt und Tritt. Eine Statue von Nikolaus Kopernikus erinnert an dessen Besuch im Jahre 1493 und auch Wolfgang von Goethe war 1790 zu Gast und lebt in Form eine überlebensgroßen Salzskulptur fort.- Den größten Raum nimmt die Darstellung der alten Bergwerkstechnik ein, die aus hölzernen, weil nicht rostenden, Rädern und Pferde-getriebenen Göpeln besteht. Es bleibt ein Rätsel, wie die Bergleute neben der schweren Arbeit auch noch die Muße fanden, unter Tage ganze Kapellen und Festsäle prunkvoll zu gestalten. Madonnen und Heilige aus den verschiedenen Jahrhunderten haben sicher mit ihren Anteil daran, dass dieses Bergwerk zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde. Von den ehemals 18 Salzkapellen sind nunmehr aber nur noch 4 vorhanden, da feuchte Luft und eindringendes Wasser auch hier nicht schadlos bleiben. Daraus bilden sich eindrucksvolle Unter-Tage-Seen, die auch im Heilstollen zur Heilwirkung beitragen.
Wer den Weg durch die Stollen, vorbei auch an unzähligen Souvenirshops geschafft hat, kann sich nach 3 Stunden im Salz-Restaurant im Bergwerk stärken, bevor es wieder über Tage zurück in die tropische Hitze der vergangenen Sommertage geht.
Ihre touristische Beliebtheit scheint den Reiseführern selbstverständlich, nur auf Nachfrage erfuhr ich, dass im Jahre 2009 über 1,1 Mio. Besucher das Bergwerk besucht haben und dort über 550 Mitarbeiter Über- und Untertage hauptamtlich beschäftigt sind. Zusätzlich kommen noch 400 Reiseführer hinzu, die nach Sprache und Bedarf in Teilzeit tätig sind. Da haben wir nicht schlecht gestaunt, was man doch so alles aus einem Salzbergwerk machen kann, wenn man nicht total auf eine unmögliche Idee versessen ist.
Übrigens, unser nächstes Reiseziel steht schon fest, der Salzheilstollen in Berchtesgaden. Einfach in Uelzen in den Zug steigen und in Berchtesgaden aussteigen, ohne Umsteigen.....
Fotos: Dieter Schaarschmidt