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Rezension: 111 Orte im Wendland, die man gesehen haben muss

Ich muss gestehen, dass ich ( vor 40 Jahren ins Wendland gezogen) zuerst dachte:
Was soll das denn, 111 Orte im Wendland- hier kenn ich doch alles, so einen Reiseführer
brauch ich doch nicht. Jedoch: Schon der erste Eindruck beim blättern überrascht angenehm.

Dieser Reiseführer ist ein Kontrapunkt zu den üblichen Produkten, schönes Layout, eine Seite mit Text zu den jeweiligen Orten, eine Seite Bild mit Adresse und detaillierter Beschreibung,
wie man hin findet.

Ich entdeckte Orte, an denen ich noch nie war, oder deren Geschichte ich so genau ich nicht kannte. Oder waren Sie schon einmal in der von aussen schlicht erscheinenden Gutskapelle in
Breese im Bruche, die einen prächtigen Renaissance-Innenraum mit völlig ausgemaltem hölzernem Gewölbe bietet ?

Oder wussten Sie, dass es ohne den Mathematiker Bernhard Riemann, geboren in Breselenz, keine Relatitvitätstheorie gegeben hätte? Der Gedenkstein für Professor Riemann steht in Breselenz neben der Backsteinkirche. Seine Grundideen der Geometrie bildeten die Grundlage der Relativitästheorie. Also: Ohne wendischen Geist kein Einstein.

Die Siedler der Wandervogelbewegung auf dem Höhbeck,: Klar, wer geht nicht gerne ins Café Schwedenschanze und erfrischt sich mit Voelkel Säften, was die Vorfahren auf dem Höhbeck sicherlich stolz machen würde, dass sie und ihre Ideen so nachhaltig weitergeführt werden.

Noch nie gehört hatte ich vom Zwergenstein vom Galley-Berg von Loitze. Das Reich der 'Unerdschen' - ich übersetze das mal mit 'Unterirdischen', soll unter diesem großen Findling angesiedelt gewesen sein - bis die Wichte durch den Eingriff eines Bauern sich leider nie wieder zeigten. Es gibt ganz schön verrückte Orte hier.

Offensichtlich haben 'geheime' Orte wie das ehemalige Wifo Tanklagergelände bei Hitzacker große Anziehung. Oder der Totenweg von Meuchefitz nach Naulitz, der an einem Bach entlang zum Friedhof führt. Damit die 'Wiederkehrer' nicht zurückkommen können wurden die Särge mit Kutschen über das Wasser befördert.

Oder verfluchte Orte wie Satemin , Ach wenn mir doch gruselte -

Oder magische Orte - auf jeden Fall möchte ich mir einmal die Blutrinnen des Opfersteines der Hexen und Heiler ansehen - früher wurden hier Tiere geopfert und ihr Blut liess man auf die Erde rinnen, als Geschenk für Mutter Erde. Zu erkunden ist dieser Opferstein in der Göhrde/Plumbohm.

Die Kirchenruine aus dem 13. Jahrhundert bei Spithal kannte ich zwar, wusste aber nicht, dass der Sage dort eine goldene Wiege liegt. Sie zu bergen scheiterte noch jedesmal an der Bedingung, dass man während der Ausgrabung kein Wort und nicht den kleinsten Laut von sich geben darf.

Vielleicht sollte der Archäologe Attila Dészi, der das Protestdorf 1004 im Wald bei Trebel ausgräbt, sich einmal ganz schweigsam in der Spithaler Kirchenruine ans Ausgraben des Goldschatzes machen.

Erfreulich, dass die Autoren auch auf die Widerstandsgeschichte des Wendlands eingehen, auf die Xe aufmerksam machen, das Gorleben Gebet, die Beluga vor dem Endlager Und dann natürlich jede Menge Kunsthandwerk, Bewegung, Entspannung, und, ganz wichtig, wo man sich genüsslich stärken kann. Aber lesen und vor allem entdeckt das alles selbst!

111 Orte, die man gesehen haben muss, eine gut etablierte Themenreihe des Emon-Verlags mit inzwischen über 300 Titeln - von Berlin, München, Helsinki, Rajasthan , Tokio - und dem Wendland. Geschrieben von Gerald Roemer und Cristine Izeki, die auch die '111 Orte inTokio' verfasste, ein starker Kontrast zum idyllischen Wendland.

Erhältlich im örtlichen Buchhandel.

Christine Izeki, Gerald Roemer
111 Orte im Wendland, die man gesehen haben muss
Mit zahlreichen Fotografien
Verlag emons
16,95  




2018-04-30 ; von Roswitha Ziegler (text),

bücher  

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