Salzstock-Ideen – Polit-Geister grinsen im Albrecht-Park

Huiiiiiiihh! Mit kleinen Wägelchen geht’s tief unter der Erde im Ernst-Albrecht-Erlebnispark durch die Stollen des zur Geisterbahn umfunktionierten Erkundungsbergwerks, und aus allen Ecken grinsen atomkraftfreundliche PolitikerInnen  aus Kreis-, Land- und Bundestag die Passagiere an. Diese Gruseltour ist eine von 189 Ideen, die im Rahmen der Kulturellen Landpartie zum Wettbewerbs-Thema „Künftige Nutzung des Salzstocks Gorleben“ in der Alten Sargtischlerei in Hitzacker eingingen.

Der mit Polit-Gespenstern bestückte Erlebnispark, benannt nach Niedersachsens einstigem Regierungschef (er verkündete 1977 ein „Nukleares Entsorgungszentrum Gorleben“), gehört zwar zu den Glanzstücken der Idee-Parade, preisgekrönt jedoch wurde der „Gesundbrunnen“ - ein im Salzstock eingerichtetes Ferienparadies, zu dem Mechthild Magerl und Christoph Ziemann sogar ein Modell geschaffen hatten. Beiden überreichte Klaus Lehmann, Initiator des Wettbewerbs, am Donnerstag ein rotes Modellflugzeug – sichtbares Zeichen dafür, dass die beiden Ideengeber einen Rundflug über Gorleben gewonnen haben; zu ihm wird demnächst in einem Sportflugzeug gestartet.

Sonderpreis für die Wasserrutsche

Einen Sonderpreis bekommt einer der jüngsten Teilnehmer: der siebenjährige Onno Wittstamm aus Clenze. Er hatte mit Buntstiften die Anregung zu Papier gebracht: Man solle in den Salzstock „Deutschlands größte Wasserrutsche“ hinab führen lassen.

Über 1400 Besucherinnen und Besucher haben sich während der Kulturellen Landpartie in der Sargtischlerei umgesehen und haben die Salzstock-Ideen betrachtet, freut sich Klaus Lehmann. Die meisten Interessierten seien von außerhalb gekommen, und auch die Mehrzahl der Wettbewerbs-Teilnehmer ist nicht in Hitzacker zuhaus. Auch aus Berlin kamen Konzepte für jenes unterirdische Areal, das zurzeit noch die Bezeichnung „Endlager-Erkundungsbergwerk“ trägt.


Salztüten füllen: Job für Politiker

Ein Heilbad , so hatte jemand angedacht, könnte im Salzstock entstehen – 500 Arbeitsplätze würde dies mit sich bringen nebst positiver Synergieeffekte für das gesamte Kreisgebiet. Für abgewählte, zum Lager der Atomkraft-Befürworter zählende Politiker ließe sich im Salzstock eine sinnvolle Beschäftigungs-Möglichkeit schaffen, so lautete ein weitere Vorschlag; die ausgemusterten Abgeordneten könnten dort Salz in kleine Tüten füllen, die dann in den Handel gelangen.

Größte Herings-Einsalzanlage der Welt

Psychotherapeutisches Lernzentrum, Laugenbrezel-Museum, Trainingsstätte für Widerstands-Aktivisten, ein Bungee-Spring-Schacht:Gar vielfältig sind die Ideen für einen Salzstock ohne Atommüll! Auch an die Lebensmittel-Branche wurde gedacht. So möchte jemand aus dem Salzstock „die größte Herings-Einsalzanlage der Welt“ machen; „Gorlebener Matjes“ könnte sodann das Sortiment regionaler Produkte bereichern.

Hochzeitshöhle und letzte Ruhestätte

Sogar für wichtige Stationen auf dem Lebensweg wird der Salzstock als geeignet erachtet: Man möge in ihm einen standesamtlich gewidmeten Raum fürs Heiraten einrichten, wünscht sich ein Besucher der Sargtischlerei. Der Gedanke an deren ursprüngliche Nutzung hat womöglich jenen Wettbewerbs-Teilnehmer inspiriert, der empfiehlt, in Gorlebens Tiefe ein Kolumbarium zu schaffen: Katakomben mit Nischen zum Aufbewahren von Urnen. Aus dem Kreis jener, die am Donnerstag zur Preisverleihung erschienen waren, kam sogleich ein Ergänzungsvorschlag: „Da könnten sich doch dann in einer größeren Nische gleich mehrere bestatten lassen, die zu Lebzeiten mal gemeinsam im Anti-Atom-Widerstand aktiv waren!“

Ideen werden ausgestellt

Alle auf großen Bögen in Wort und Zeichnung dargelegten Ideen werden nun fotografiert und digitalisiert. Die Bilder wiederum sollen auf Stoffbahnen gedruckt und dann ausgestellt werden. „Eine Galerie hat schon Interesse bekundet“, ließ Klaus Lehmann seine Besucher wissen. Zur Eröffnung der Ausstellung werden auch die Betreiber atomarer Anlagen eingeladen. Ihnen solle vorgeführt werden, wie sich der Salzstock in Gorleben ökologisch und ökonomisch „und ohne Steuergelder-Verschwendung“ sinnvoll nutzen lässt und mit wie viel Begeisterung Menschen darangehen, alternative Ideen zu entwickeln.

 

Foto: Als Grotte zum Höhlen-Tauchen oder als „Eingang zum Hades“ könnte der Salzstock genutzt werden. Reinhart Hart-Plume (links) und Klaus Lehmann zeigen Skizzen zu diesen Ideen.

von Hagen Jung

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2010-05-27 ; von Hagen Jung (autor),

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