Samtgemeinde Gartow: Erstmals im Defizit

Nach Jahrzehnten ausgeglichener Haushalte muss die Samtgemeinde Gartow erstmals rote Zahlen schreiben. Der Haushaltsentwurf für 2014 weist ein Minus von über 160.000 Euro aus. Und: wie jedes Jahr lehnten Grüne und UWG-Abgeordnete den Haushalt wegen des umstrittenen Gorleben-Ansiedlungsvertrages ab.

4.084.300,00 Euro will die Samtgemeinde dieses Jahr einzunehmen - und plant demgegenüber Ausgaben in Höhe von 4.250.800,00 Euro. Daraus ergibt sich ein Defizit von 166.500,00 Euro. Dieses zwar nicht allzu hohe, aber dennoch für Gartower Verhältnisse ungewöhnlich hohe Defizit im Haushalt ist hauptsächlich der Sanierung und den Umbau der Wendlandtherme geschuldet. Einerseits verliert die Samtgemeinde durch eine mehrmonatige Schließung des Bades rund 200 000 Einnahmen, andererseits fällt der größte Teil der Investitionen in dieses Jahr. Für den Umbau sind insgesamt ca. 2,7 Mio. Euro veranschlagt. 

Zwar konnte Kämmerer Hans-Heinrich Drimalski in der Sitzung mitteilen, dass sich die Baukosten "+/-0" im Rahmen dessen bewegen, was der Rat vergangenes Jahr beschlossen hatte, aber vom Land Niedersachsen kommen lediglich 1,5 Mio Euro als Zuwendung für den Umbau. Die Differenz von 1,2 Mio Euro hat die Samtgemeinde aus eigenen Mitteln aufzubringen - weswegen die mit über 2 Mio Euro gefüllten Sparkonten geplündert werden mussten. Folge: es bleibt auch der warme Geldsegen aus, den die Zinsen aus über 2 Mio Euro Anlagekapital einbrachten - angelegt noch zu einem Zinssatz von 5,5 %.

Neben diesen Summen nehmen sich die 160 000 Euro, die ein neues Feuerwehr-Fahrzeug für die Feuerwehr Prezelle kostet oder das 110 000 Euro hohe Defizit des Campingplatzes geradezu harmlos aus. Auch die eigene Kur- und See GmbH, die sich die Samtgemeinde immer noch leistet, schlägt mit 75 000 Euro Verlust zu Buche. Ebenso verursacht der Betrieb der Grundschule Gartow ein Minus von 190 600 Euro. 

Ausgleich durch Mehreinnahmen und "Gorleben"-Gelder

Die positive Nachricht, die Kämmerer Drimalski zu überbringen hatte, war, dass sich die Einnahmen aus Landeszuweisungen und anderen Umlagen auf knapp 1,9 Mio. Euro belaufen. Demgegenüber stehen lediglich Ausgaben in Höhe von 623 000 Euro, so dass sich hier ein Überschuss von 1,26 Mio Euro ergibt. "Gedankt ist dies der guten Wirtschaftslage," so Drimalski. (Anmerkung: diese Haushaltsposition weist die öffentlichen Gelder aus, die nach bestimmten Schlüsseln vom Land und Landkreis an die Samtgemeinden verteilt werden. Die Höhe dieser "Schlüsselzuweisungen" ist u.a. abhängig von der Bevölkerungsanzahl sowie der Höhe der landesweit eingegangenen Steuern).

Und auch wegen einer weiteren Zuwendung braucht die Samtgemeinde trotz des Defizits keine Kredite aufzunehmen: sie kann auch dieses Jahr wieder 838.518,68 Euro "Zuweisung für laufende Zwecke" von einem "privaten Unternehmen" auf der Plusseite des Haushaltskontos verbuchen. Dahinter verbergen sich die umstrittenen "Gorleben-Gelder" aus einem Ansiedlungsvertrag der Samtgemeinde mit der Brennelemente-Lager-Gesellschaft (+ GNS) aus dem Jahre 1997. Die Abgeordneten von Grünen und UWG kritisieren seit Jahren regelmäßig, dass die Samtgemeinde damals die sogenannte "Wohlverhaltensklausel" unterschrieb, nach der sie"den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlagen und Einrichtungen am Standort Gorleben einschließlich der Transporte vom und zum Standort Gorleben im Rahmen ihrer Möglichkeiten" zu unterstützen hat.

Ebenso ist nach dem Vertrag die zweckgebundene Weitergabe von Strukturhilfemitteln an Dritte nur zulässig, wenn "sich der Empfänger ebenso wie die Samtgemeinde Gartow für die Erfüllung der Entsorgungsaufgaben der BLG am Standort Gorleben einsetzt. Die pauschale Weitergabe von Strukturhilfemitteln an Dritte ist ausgeschlossen."

Da der Vertrag trotz ständiger Kritik bis heute existiert, kam es am Dienstag Abend also bei der Beschlussfassung über den Haushaltsentwurf zum alljährlichen Ritual: die Vertreter von Grünen und UWG sahen sich veranlasst, einzeln ausführlich zu begründen, warum sie gegen den Haushalt stimmen werden. Die Vertreter von CDU und SPD schwiegen beharrlich, teilweise sichtlich genervt, zu den Ausführungen. 

Bernd Kreutzkamp (UWG) enthielt sich allerdings der Stimme, da er hoffte, dass im Rat endlich ein Dialog zustande kommt und über eine Vertragsänderung verhandelt werden kann. Bisher hatten CDU- und SPD-Vertreter im Rat jeden Versuch, die Wohlverhaltensklausel aus dem Vertrag entfernen zu lassen, kategorisch abgelehnt. 

Da die Grünen und die UWG sich im SG-Rat in der Minderheit befinden, wurde der Haushaltsentwurf 2014 mit der Mehrheit von CDU und SPD verabschiedet.





2014-03-19 ; von Angelika Blank (autor),
in Gartow, Deutschland

kommunalpolitik  

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