Nach vielen "fetten Jahren" bricht für die Samtgemeinde Gartow
eine neue Ära an. Trotz alljährlicher Zuwendungen der Atomindustrie muss
jetzt ein Kredit in Höhe von rund 2 Millionen Euro aufgenommen werden,
da der Haushalt tief in die roten Zahlen gerutscht ist - und die
Samtgemeinde neue millionenschwere Investitionen plant.
Eigentlich wäre alles gut in den Finanzen der Samtgemeinde
Gartow. Für die über zwei Millionen in der Wendland-Therme hatte die
NBank einen Zuschuss von über einer Million Euro zugesagt. Und auch die
sogenannten "Gorleben-Gelder" in Höhe von rund 850 000 Euro fließen
vorerst weiter. In den vergangenen Jahren hatte es immer ein sattes Plus
in der Kasse gegeben.
Doch dieses Jahr sieht es anders aus: die landeseigene NBank zog vor
einiger Zeit ihre Bewilligung für den Ausbau der Wendlandtherme zurück.
Dadurch fehlen 1,4 Millionen Euro in der Kasse.
Am Dienstag musste Gartows Samtgemeinde-Bürgermeister Christian
Järnecke dem Rat mitteilen, dass die NBank den Widerspruch gegen die
Rückforderung der Landesförderung abgelehnt hat. Wie Kämmerer
Hans-Heinrich Drimalski wnet mitteilte, wird die Samtgemeinde nun Klage
einreichen. So ein Verfahren dauert aber erfahrungsgemäß mehrere Jahre.
Bis über die Klage entschieden ist, wird die Zuwendung nicht ausgezahlt.
Gartow muss also für einige Zeit mit klammen Finanzen arbeiten müssen -
vielleicht sogar dauerhaft, wenn auch die Klage keinen Erfolg hat.
Neue Investitionen in Millionenhöhe
Der laufende Haushalt ist zwar einigermaßen ausgeglichen, aber die
Samtgemeinde plant neue Investitionen in Millionenhöhe. Allem voran
steht die Finanzierung von neuem Feuerwehrgerät auf der Agenda.
Insgesamt 1,6 Millionen kosten neue Einsatzfahrzeuge, ein Allradwagen
oder ein Feuerwehrboot. Warum sich die Gemeinde Gorleben mit ihren üppig
vorhandenen Mitteln nicht an der Finanzierung der geplanten
Doppelgarage am Feuerwehrgerätehaus in Gorleben beteiligt, wurde im
Rahmen der Ratssitzung nicht bekannt. Deswegen steht der Bau mit 206 000
Euro ebenfalls auf der Finanzierungsliste der Samtgemeinde.
Erneute Investitionen plant die Samtgemeinde außerdem in der Wendlandtherme, die für 100 000 Euro ein neues Blockheizkraftwerk bekommen soll sowie für 50 000 Euro ein neues Blockhaus, welches den Saune-Ruhebereich ergänzen soll. Dabei produzierte der Betrieb der Wendlandtherme im vergangenen Jahr ein erneutes Rekordhoch von 550 000 Euro.
Doch damit ist die Investitionsliste noch nicht zu Ende. In
Schnackenburg steht die Übernahme der Fähre an. Da der bisherige
Betreiber aufhören möchte und sich bisher kein Nachfolger fand, will die
Stadt Schnackenburg die Fähre übernehmen, um den Fährbetrieb zu
sichern. Kosten: 100 000 Euro. Und außerdem ist die Sanierung des "Haus
des Gastes" längst überfällig. Hier stehen 226 000 Euro an.
Insgesamt also Investitionen in Höhe von 2,2 Millionen Euro, die die
Samtgemeinde Gartow ausgerechnet in einem Jahr ausgeben möchte, welches
sowieso schon von knappen Finanzen geprägt ist. Dazu kommen noch
vergleichsweise kleine Investitionen wie der Bau einer Buswendeschleife
an der Fähre Pevestorf (20 000 Euro).
Die Investitionen können nur durch einen Kredit in Millionenhöhe
finanziert werden, wobei die Samtgemeindeverwaltung davon ausgeht, dass
dieser innerhalb einiger Jahre getilgt werden kann.
Kritik von der Opposition
Nicht nur Dieter Maurischat (SPD) kritisierte den Haushalt. Er betonte dabei, dass die hohen Ausgaben für die Erneuerung der Feuerwehrgerätschaften unbedingt notwendig sind. Er fragt
sich allerdings, warum diese enormen - lange bekannten - Investitionen nicht
planvoll auf mehrere Jahre verteilt worden sind. "Die Fehler der
vergangenen Ratsperioden was die Planung, Umsetzung, Durchführung und
Finanzierung der Modernisierung der Wendlandtherme betreffen, haben uns
endgültig eingeholt," so Maurischat. "Die Therme wird aus Sicht der
SPD–Fraktion alle investiven Mittel der Samtgemeinde für ein halbes
Jahrzehnt binden."
Dabei seien nicht nur die finanziellen Mittel der Samtgemeinde
belastet, sondern auch die der Mitgliedsgemeinden, so Maurischat. Diese
hätten schon im vergangenen Jahr eine Halbierung ihrer
Samtgemeinde-Umlagen hinnehmen müssen. Jetzt muss - laut Maurischat -
der von den Gemeinden zu leistende Umlagesatz sogar um drei Punkte auf
47 von hundert erhöht werden.
Auch die Grünen im Samtgemeinderat sehen die Gründe für das enorme
Defizit in Fehlplanungen und -kalkulationen in Sachen Wendlandtherme.
Schon gegen den Abriss des alten Waldbades und der Neubau der
Wendlandtherme in den 90er Jahren wurde von den Grünen als überflüssig,
maßlos und schlecht kalkuliert kritisiert. Seitdem sind die Defizite des
Wellness-Bades trotz vieler Maßnahmen kontinuierlich gestiegen.
Dabei ist es nicht wirklich gesichert, ob die Gorleben-Gelder nach
der Übernahme durch den Bund tatsächlich in gleicher Höhe weiterfließen
werden. Wie Asta von Oppen berichtet, habe Bürgermeister Järnecke in der
Sitzung zwar geäußert, dass Gespräche mit der Betreiberfirma GNS
ergaben hätten, dass die Weiterzahlung gesichert sei. Doch vom Bund, der
den existierenden Zuwendungsvertrag zwischen der Samtgemeinde Gartow
und der damals zuständigen BLG übernehmen müsste, gibt es bisher keine
Aussagen zu dem Thema.
Foto / Angelika Blank: Das "Spaß"bad Wendlandtherme entwickelt sich für die Samtgemeinde zum Eurograb. Ständig steigende Defizite belasten den Gartower Haushalt - dennoch plant die Kommune millionenschwere neue Investitionen.