"Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) schlägt zurück, aber voll ins Leere", mit diesen Worten kommentiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) die Antwort der Bundesanstalt auf eine Studie des Geologen Dr. Ulrich Kleemann.
Kleemann hatte die Studie im Auftrag der Rechtshilfe Gorleben gefertigt darin Mängel und Versäumnisse bei der Begutachtung und Bewertung des Salzstocks Gorleben als potentielles nukleares Endlager aufgezeigt.
Nun hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ihre 15-seitige Erwiderung öffentlich gemacht und ins Internet gestellt - nachzulesen hier!.
Darin zieht die BGR das Fazit, Kleemanns Studie vom 29.11.2011 würde einer fachlichen Überprüfung nicht standhalten. Er habe sich im Wesentlichen auf einige und teilweise aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen gestützt und hätte keinen Bezug auf die mehreren hundert zugrunde liegenden Fachberichte der BGR genommen. Die Juckepunkte sind die Bewertung von Gaseinschlüssen, ein vermutetes Gasfeld unter dem Salzstock und das fehlende Deckgebirge sowie die Frage, ob die BGR der Frage nachgegangen ist, ob Gorleben in einer tektonischen Störungszone liegt – allesamt K.o-Kriterien für den Standort.
Kleemann: BGR geht nicht auf Kritikpunkte ein
Kleemann hält dagegen:"Ich hatte in meiner Studie darauf hingewiesen, dass die Zitierung einer großen Zahl von unveröffentlichten Berichten dann zulässig ist, wenn nur die durchgeführten Arbeiten dargestellt werden sollen. Wenn jedoch wertende Aussagen – wie: der Standort ist als ruhig zu bezeichnen, es spricht nichts gegen eine Eignung – getroffen werden, muss das aktuelle Schrifttum erwähnt werden. Das ist der Hauptvorwurf. Hierauf geht die BGR jedoch nicht ein, sondern macht nur einige ablenkende Bemerkungen."
Wesentliche Einwände der Studie Kleemanns, die von der BGR in gehabter Manier in Anführungszeichen gesetzt werden, um sie zu diskreditieren, könne die Bundesanstalt aber nicht entkräften. Kleemann betont: "Die BGR wiederholt ihre falschen Aussagen zu fehlenden Sockelstörungen. Dabei ist die Methode der 2D-Seismik nicht geeignet, einen sicheren Ausschluss von Bruchzonen im Untergrund zu führen. Zudem ist eine tektonische Entstehung von Salzstöcken die Regel und es gibt zahlreiche Hinweise auf Bruchzonen (u.a. von den DDR-Erdgas-Geologen), die von der BGR nachwievor nicht zur Kenntnis genommen werden."
Auch das aktuell viel diskutierte Thema Gasvorkommen spielt in dem Streit um Gorleben eine große Rolle."Unabhängig davon, dass ich keinen Vergleich mit anderen Standorten hinsichtlich der Gasvorkommen vorgenommen habe, geht die BGR-Stellungnahme am eigentlichen Thema vorbei. Warum wurde das Thema nicht in den BGR-Berichten diskutiert? Warum wird nicht auf die Paläogeographie des Rotliegenden eingegangen? Warum werden Arbeiten zur Verbreitung potenziell gasführender Schichten von der BGR nicht erwähnt oder diskutiert? Das sind die Fragen, die von der BGR unbeantwortet geblieben sind!" hält Kleemann dem BGR vor.
BGR: Rinnen sind kein Standortnachteil
Selbst Nicht-Geologen falle bei Durchsicht der BGR-Thesen auf, dass wichtige Ausschlusskriterien Gorlebens als potentiellem Standort für ein Atommüllendlager wortreich umschifft würden, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Ein Beispiel sei die wasserführende Rinne, die den Salzstock Gorleben auf einer Länge von 12 Kilometern und einer Tiefe von bis zu 320 Metern quert. Im zentralen Salzstockbereich haben Schmelzwässer der Elstereiszeit die schützende Tonschicht auf einer geschlossenen Fläche von 4,5 Quadratkilometern abgeräumt. Die BGR schreibt jetzt: "Ein Sicherheitsnachweis ist angesichts der Rinnenproblematik nur für solche Endlager in Norddeutschland möglich, die in einer größeren Tiefe liegen als der tiefste mögliche Punkt einer Rinnen-Erosion. Da für den gesamten norddeutschen Raum die Verbreitung von Rinnen nicht vorherbestimmt werden kann, müssen in einer Sicherheitsanalyse Rinnen als existent betrachtet werden. Insofern ergibt sich für Gorleben kein Standortnachteil gegenüber alternativen Standorten in Norddeutschland."
Für Gorleben lasse sich aber mit Sicherheit sagen, dass es eine wasserführende Rinne und dass es keine schützende Tonschicht über dem Lagergestein, dem Salz, gibt, betont BI-Sprecher Ehmke: "Das Prinzip einer doppelte geologischen Barriere wurde schlicht fallen gelassen, nachdem die Tiefbohrungen Anfang der 80er Jahre dieses Negativergebnis zu Tage förderten. Es ist interessant, zwischen den Zeilen herauszulesen, dass dieser gewaltige Standortnachteil für Gorleben inzwischen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zugegeben wird. Der Fachmann staunt und der Laie wundert sich über das Eigentor der BGR."
Foto: Angelika Blank / Messpunkte und -protokolle in über 800 m Tiefe im Erkundungsbereich des Salzstockes Gorleben