Die LINKE im niedersächsischen Landtag wirft der Sozialministerin vor, dass das Land Niedersachsen nicht genügend Vorräte des Grippemittels Tamiflu bereit hält. Die Bevorratungsrate läge in Niedersachsen nur bei 11,5 %, während das Robert-Koch-Institut zu 20 % rate. Unterdessen wird der erste Schweingrippe-Verdachtsfall bei einer Frau aus Braunschweig untersucht.
„Nordrhein-Westfalen ist insofern vorbildlich. Länder wie Brandenburg oder Hessen erfüllen mit etwa 20 Prozent immerhin die Empfehlung des Robert-Koch-Institutes – nur Niedersachsen erreicht lediglich knapp die Hälfte des genannten Wertes“, kritisierte Humke-Focks, Gesundheitsexperte der LINKE. Er könne deshalb nicht verstehen, warum die Ministerin stolz verkündet habe, Niedersachsen halte genügend Impfstoffe vorrätig.
Es sei dabei nicht die zentrale Frage, ob der aus Mexiko stammende Erreger H1N1 eine Pandemie auslöse und so die Unterversorgung in Niedersachsen zum Vorschein gebracht werde. „Wann eine gefährliche Grippe das Leben vieler Menschen auch bei uns bedrohen wird, kann nicht genau vorhergesagt werden. Aber dass es eines Tages eine neue bedrohliche Grippeepidemie geben wird, sollte – glaubt man den Fachleuten - unstrittig sein“, sagte Humke-Focks. Daher müsse zu jeder Zeit ein ausreichender Vorrat von wirksamen Medikamenten abrufbar sein. „Wir exportieren weltweit gute Medikamente, deshalb darf es nicht sein, dass wir sie vor Ort nicht ausreichend haben und so aus falscher Sparsamkeit das Leben vieler Menschen riskieren“, betonte Humke-Focks.
Für den Pressesprecher der Gesundheitsministerin, Thomas Spieker sind die Befürchtungen der LINKE Panikmache. "Wir haben derzeit 922152 Therapieeinheiten des Grippemittels Tamiflu in Pulverform zentral eingelagert. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass dieser Notvorrat nur dann ausgegeben wird, wenn die normale Beschaffung über Apotheken nicht mehr funktioniert." Das Ministerium beobachtet die Situation derzeit sehr genau, so Spiegler. Je nach Lage wird möglicherweise nächste Woche im Kabinett ein Erhöhungsbeschluss für die zentrale Bevorratung gefasst. "Da sind wir in ständigem Kontakt mit den Nachbarländern", ergänzt der Pressesprecher.
Nach Aussagen von Spieker sind bis jetzt in Niedersachsen fünf Verdachtsfälle aufgetaucht, von denen vier schon ausgeräumt sind. Bei einer Frau mittleren Alters aus Braunschweig, die am 25. April aus New York eingereist war, wird derzeit im Robert-Koch-Institut untersucht, ob sie sich tatsächlich mit der Schweinegrippe angesteckt hat. Bei ihrem Partner handelte es sich lediglich um eine "normale" Grippe.
Wer Fragen rund um das Thema Schweinegrippe hat, kann sich seit heute über das Infotelefon des Niedersächsischen Landesgesundheitsamts (NLGA) informieren. Werktags von 10:00 bis 12:00 Uhr können sich besorgte Bürger unter der Nummer: 0511 – 4505 - 555 informieren. Ausserdem stellt das Landesgesundheitsamt auf seiner Internetseite www.nlga.niedersachsen.de Antworten auf häufig gestellte Fragen sowie Links zu weiterführenden Informationen zur Verfügung.
Deswegen hat das NLGA seit vergangenem Freitag den Krisenstab seines Zentrums für Gesundheits- und Infektionsschutz aktiviert.
Bereits am Dienstag, 27.04., hatte Gesundheitsministerin Mechthild Ross-Luttmann die bisherigen Maßnahmen erläutert: "Für uns ist Wachsamkeit und schnelle Abklärung von möglichen Verdachtsfällen oberstes Gebot. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) bietet eine molekulare Diagnostik für Reiserückkehrer aus Mexiko mit Verdachtssymptomen an. Ich habe bereits im Jahr 2006 einen 24-Stunden-Laborbereitschaftsdienst beim NLGA einrichten lassen, der rund um die Uhr für die schnelle Abklärung von Verdachtsfällen im Einsatz ist. Alle kommunalen Gesundheitsbehörden arbeiten eng mit dem NLGA zusammen. Mit dem seit 2006 geltenden niedersächsischen Influenza-Pandemieplan sind wir gerüstet.
Für das Hygienemanagement gelten grundsätzlich die Vorgaben für H5N1-Verdachtsfälle/Infizierte. Auch Krankenhäuser und Ärzte in Niedersachsen werden über die derzeitige Ausbreitung des H1N1 Schweinegrippen Virus in Mexiko und anderen Staaten zielgenau informiert. Sie erhalten außerdem Informationen, wie medizinisch mit Verdachtsfällen bei Reiserückkehrern aus Mexiko umzugehen ist. Das NLGA hat bereits alle kommunalen Gesundheitsämter direkt und über das Lagezentrum des MI informiert. Zudem ist das Gesundheitsamt der Region Hannover gebeten worden, den Flughafen Langenhagen zu informieren. Dieser hat auch die MHH, das Klinikum Hannover sowie den ärztlichen Notdienst informiert. Dadurch bedingt wurde sehr rasch ein Reiserückkehrer aus Mexiko bekannt, der vor einer Woche mit Zeichen eines grippalen Infekts zurück kam und im Klinikum Hannover behandelt wurde. Ihm geht es inzwischen wieder gut. Sicherheitshalber wurde am Samstag ein Rachenabstrich dieser Person entnommen, der sofort im NLGA untersucht wurde. Ergebnis negativ! Es gilt weiterhin, nicht zu dramatisieren, aber die Risiken klar zu benennen."
Grafik: www.healthmap.org/swineflu/Stand 29.04.2009