"Sein oder Nichtsein"

René Schüttler über „Sein oder Nichtsein“ von Ernst Lubitsch.

Darf man über Hitler und die Nazis lachen? Heute vielleicht – aber vor 60 Jahren, mitten im Faschismus? Als im Frühjahr 1942 „To be or not to be“ in den USA uraufgeführt wurde, waren sich Kritiker und Publikum einig: indiskutabel, peinlich, eine einzige Geschmacklosigkeit – Lubitschs schlechtester Film. In Deutschland wurde er erst 1959 uraufgeführt, und fiel auch hier durch. Die mörderische Vergangenheit lag noch zu nah, als daß die Deutschen auch das Lächerliche an ihr zugeben mochten.

Seit selbst Helge Schneider Hitler spielt, könnte „Sein oder Nichtsein“ endlich – fast schon posthum – die Ehre erhalten, die ihm gebührt: als Filmklassiker anerkannt zu werden. Denn der Schwarzweiß-Film ist mehr als Helge Schneider, er ist auch Klamauk aber nicht nur, eine grausam komische Satire, ein filmisches Denkmal für den polnischen Widerstand, nebenbei auch noch eine Hommage an das Theater (mitsamt seinen liebenswerten Eitelkeiten) und ein hinreißendes wie kraftvolles Plädoyer für den Humor als manchmal einzige Waffe gegen menschenverachtende Lebensbedingungen.

Die Geschichte: Im Spätsommer 1939 probt ein Theater-Ensemble in Warschau ein komödiantisches Anti-Nazistück. Um das Hitler-Regime nicht zu reizen, setzt die polnische Regierung das Stück kurzerhand ab; Shakespeares „Hamlet“ muß gespielt werden. Während einer der Aufführungen überfällt Deutschland Polen – der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Die Theater-Gruppe schließt sich dem Widerstand an und legt die Deutschen rein, indem sie das Theater in das Warschauer Hauptquartier der Gestapo verwandelt und sich selbst mit Naziuniformen aus dem Theaterfundus tarnt.

Der Film sprüht nur so vor Wort- und Spielwitz. Grauen und Komik verschmelzen zu einer gnadenlosen Abrechnung mit Führerkult und Unterwürfigkeit, die wiederum zu unkontrollierbaren Lachausbrüchen führt. Dabei zeichnet Lubitsch nicht das Bild vom bösen, kalten, monströsen Deutschen, sondern nimmt den Jedermann in seinem dümmlichen und so normalen  Herdentrieb aufs Korn. Und gerade dies erschreckend Normale gibt dem Film die Tiefe und läßt das Lachen oftmals zum Kloß im Hals gerinnen.

„Sein oder Nichtsein“ läuft im Clenzer „Culturladen“ am Mittwoch, dem 8. Oktober, um 20 Uhr.




2008-10-01 ; von René Schüttler (autor),

 

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