Nach wikipedia sind Finanzkrisen "größere Verwerfungen im Finanzsystem". ZERO erklärt am Beispiel von Mandys Eckkneipe in Berlin das Entstehen der Katastrophe.
Schritt 1: Die Finanzwirtschaft entdeckt die Geringverdiener
Mandy betreibt eine Kneipe in Berlin, Prenzlauer Berg. Um den Umsatz zu steigern, beschließt sie – auf Ratschlag ihrer Hausbank –, die Getränke ihrer Stammkunden (hauptsächlich alkoholkranke Hartz-IV-Empfänger) auf den Deckel zu nehmen, anders ausgedrückt: ihnen Kredit zu gewähren. Das spricht sich in Prenzlauer Berg und Umgebung schnell herum, und immer mehr Kundschaft desselben Segments drängt sich in Mandys Kneipe. Mandy expandiert, baut an.
Da sich die Kunden um die Bezahlung keine Sorgen zu machen brauchen, erhöht Mandy sukzessive die Preise für den Alkohol, wodurch sich auch ihr Umsatz massiv erhöht. Der junge und dynamische Kundenberater ihrer Hausbank registriert Mandys Erfolg, weist auf seinen eigenen Anteil daran hin und bietet ihr zur Liquiditätssicherung eine unbegrenzte Kreditlinie an. Um die Deckung macht er sich keinerlei Sorgen, er hat ja die Deckel der Trinker als Sicherheit.
Schritt 2: Keiner versteht es, alle feiern es
Zur Refinanzierung transformieren nachweislich top-ausgebildete Investmentbanker die Bierdeckel in verbriefte Schuldverschreibungen mit den Bezeichnungen Suffbond und Alkbond. Diese Papiere laufen unter der modernen Bezeichnung „SPA“ (Super Prima Anleihen) und werden bei einer usbekischen Online-Versicherung per E-Mail abgesichert. Daraufhin versehen mehrere Rating-Agenturen sie mit ausgezeichneten Bewertungen – gegen lebenslanges Freibier in Mandys Kneipe, versteht sich. Mandys Gesicht lächelt von den Titelseiten von „stern“, „Fokus“ und „Spiegel“.
Niemand versteht zwar, was die Abkürzungen der SPA-Produkte bedeuten oder was genau diese Papiere beinhalten, aber dank rapide steigender Kurse und hoher Renditen werden sie – spätestens nach der in Zeitschriften veröffentlichten Erfolgsstory – der Renner für institutionelle Anleger und Investoren. Vorstände und Investmentspezialisten der Bank erhalten Boni im dreistelligen Millionenbereich. Und bei Mandy brummt der Bär.
Schritt 3: Angie und Steini retten Mandy
Eines Tages, obwohl die Kurse immer noch steigen, stellt ein Risk-Manager (der inzwischen wegen seiner negativen Grundeinstellung die Bank verlassen mußte) fest, daß es an der Zeit sei, die ältesten Deckel (die ja eine Art Stammkapital darstellen) von Mandys Kunden fällig zu stellen. Überraschenderweise können jedoch weder die ersten noch die nächsten Hartz-IV-Empfänger ihre Schulden, die bei den meisten inzwischen ein Vielfaches ihres Jahreseinkommens betragen, bezahlen. Es kommen beim besten Willen keine Tilgungen ins Haus.
Mandy meldet Konkurs an. Suffbond und Alkbond verlieren über Nacht 95 Prozent. Da die Lieferanten Mandy extrem lange Zahlungsfristen gewährt und zudem selbst in die „Super Prima Anleihen“ investiert hatten, entpuppt sich Mandys Kneipe als systemrelevant: Der Wein- und Schnapslieferant droht ebenfalls Konkurs zu gehen, der Bierlieferant wirft sich vor den Zug, seine Firma wird von einer ausländischen Investorengruppe übernommen. Auch die Hausbank hebt die Arme. Im letzten Moment treten die Kanzlerin und der Finanzminister vor die Kameras, geben bekannt, daß Mandys Kneipe ab sofort Angies Bar heißt und mit Miliardenkrediten am Leben erhalten wird. Erst nach anonym angekündigten Amokläufen verzichtet der Bankvorstand für das abgelaufene Geschäftsjahr auf 7,5 Prozent seiner Boni.
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