Ein ganzes Menschenleben ist es her, daß der in Wien geborene Fritz Lang seinen ersten Tonfilm drehte. Selbst ohne Ton war damals der Film noch ein neues Medium. Ein Thriller wie „M“ wurde noch „Kriminalfilm“ genannt, die Justizvollzugsanstalt hieß „Zuchthaus“, der Polizist wurde mit „Herr Wachtmeister“ angesprochen, ein Arsch, Penner oder Wichser war ein „Schweinskerl“, „Schurke“ oder „Lump“, und mit „Ehrabschneider!“ konnte man noch richtig beleidigen.
Nach einer Serie von Mädchenmorden, die ganz Berlin in Atem hält, tut der kernige Kommissar Lohmann (Otto Wernicke) seinen Dienst. Doch gegen die Panikstimmung, die in Lynchjustiz umzuschlagen droht, helfen auch die modernsten Ermittlungsmethoden nicht. Die massiv eingesetzten Razzien gegen die Unterwelt sind mehr eine Alibiveranstaltung, denn der Mörder (Peter Lorre) ist ein Einzeltäter. Die Unterwelt selbst sieht sich durch den bestialischen Triebtäter in ihrer Ganovenehre gekränkt und beschließt unter Führung des „Schränkers“ (Gustav Gründgens), den Außenseiter selbst zu stellen und unschädlich zu machen.
Nicht obwohl, sondern weil übliche Handlungsmuster und dramaturgische Kniffe fehlen, ist der Film so anders, so spannend und ergreifend – auch nach fast 80 Jahren noch. Er erzählt in ruhigen Einstellungen, arbeitet viel mit Licht und Schatten. Auch nutzt Lang die Kraft der Stille; für Augenblicke sprechen völlig stumme, unbewegte Bilder, Fotos gleich, die lauter schreien, als jeder Ton, jede Musik es könnte. Einzig der Gesuchte kündigt durch Pfeifen der Melodie aus Edward Griegs Peer-Gynt-Suite sein Auftreten und die damit aufkommende Bedrohung an.
Den Schauspielern (unter anderen Theo Lingen, Paul Kemp und Inge Landgut) zuzusehen, ist ein Geschenk – besonders für Liebhaber der Berliner Mundart. Da wird’s einem warm ums Herz. Und – ohne ihn damit aus der großartigen Schauspielerriege herausheben zu wollen – Peter Lorre hat sich hier sein Denkmal gesetzt.
Am Mittwoch, dem 18. Februar, um 20 Uhr unbedingt alle Sinne in den Clenzer „Culturladen“ mitbringen.