Gegen die Stimmen der Linkspartei wurde am Donnerstag mit großer Mehrheit die Novellierung des Standortauswahlgesetzes beschlossen. Die Reaktionen bleiben gemischt.
Für Andrea Schröder Ehlers, SPD-Landtagsabgeordnete, ist klar, dass mit dem neuen Gesetz Gorleben aus dem Rennen ist. „Ich
begrüße die heutige Verabschiedung des Standortauswahlgesetzes durch
den Bundestag“, freut sich
Schröder-Ehlers und weiter: „Damit ist die damals vor 40 Jahren aus
politisch und geographischen Gründen getroffene Entscheidung endgültig
vom Tisch. Die Endlagersuche wird auf eine ganz neue Basis gestellt und
bedeutet einen Neustart der Suche nach einem Standort für ein Endlager
für hochradioaktiven Müll. Wissenschaftlich objektive Kriterien und die
Einbeziehung der Bevölkerung in jedem Stadium sind die Grundlagen der
neuen Suche. Es ist ein Erfolg, dass der Suchprozess ergebnisoffen und
bundesweit erfolgt. Ich bin überzeugt, dass nach diesem Verfahren
Gorleben als Standort ausscheiden wird.“
Für Stefan Wenzel, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz ist das novellierte StandAg "der
Neubeginn bei der Endlagersuche." Dies sei ein Erfolg für die
Anti-Atomkraft-Bewegung und die Demokratie, so Wenzel weiter.
Die grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte zeigt sich dagegen ernüchtert von der Bundestagsdebatte zur Verabschiedung des Standortauswahlgesetzes. "Jeder weiss, dass von allen Seiten politisch Einfluss auf die Auswahlkriterien genommen wurde. Hier von 'streng wissenschaftlichen Kriterien' zu sprechen, ist das Gegenteil von Vertrauensaufbau," so Staudte.
Auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der im Bundestag zum Gesetzentwurf sprechen durfte, hatte Formulierungen wie "rein wissenschaftlich" bemüht. "Nur ohne den geologisch ungeeigneten Standort Gorleben wäre es möglich gewesen, objektive Kriterien zu entwickeln." Staudte dankt hingegen ihrer Parteikollegin Julia Verlinden, die dafür gesorgt hatte, dass der Paragraf zur Sicherung anderer potenzieller Standortregionen verschärft wurde.
Auch hatte Verlinden sich lt. Miriam Staudte erfolgreich dafür eingesetzt, dass die von Greenpeace-Anwalt Wollenteit in der Expertenanhörung vorgetragene Forderung aufgenommen wurde, dass mögliche Klageverfahren eine aufschiebende Wirkung haben müssen. Dass Verlinden trotzdem dem Standortauswahlgesetz nicht zugestimmt, sondern sich bei der Abstimmung aufgrund vieler grundsätzlicher Mängel enthalten hatte, rechnet Staudte ihr hoch an.
Scharfe Kritik übt Staudte an den Abgeordneten der CDU und CSU, die den Umweltverbänden vorwarfen, "ihre Hände in Unschuld zu waschen" oder die deren Kritik von außerhalb der Endlagerkommission als "dreistes Verhalten" bezeichneten, wie der örtliche Bundestagsabgeordnete Eckhard Pols dies tat. "Dass Pols, der 2010 noch für Laufzeitverlängerungen stimmte, dies überhaupt wagt, ist eine Unverschämtheit."
Deutsches Atomforum begrüßt "verbindlichen Pfad"
Das Deutsche Atom Forum (DAtF) begrüßt, dass mit der heutigen Verabschiedung der Novelle zum Standortauswahlgesetz (StandAG) im Bundestag nunmehr seitens der Politik ein verbindlicher Pfad für die Suche und Bereitstellung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle beschrieben ist.
Hierzu erklärt der Präsident des DAtF, Dr. Ralf Güldner: "Das neue StandAG bereitet den Weg zur Endlagerung. Die kerntechnische Branche bzw. die Betreiber haben Wort gehalten und ihren Teil zu dieser Lösung durch die konstruktive Beteiligung in der Endlagerkommission sowie bei der Frage der Endlagerfinanzierung geleistet. Wichtig ist zudem, dass der kerntechnischen Spitzenforschung in Deutschland und ihren Anwendungen in Medizin und Industrie mit dem StandAG keine Steine in den Weg gelegt werden."
Mit der
Fortentwicklung des StandAG werden die Empfehlungen der Kommission
"Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe" umgesetzt. Neben dem positiven
Gesamtergebnis bleiben aber auch Schwächen der Empfehlungen bestehen,
wie der DAtF-Präsident feststellt: "Es ist bedauerlich, dass bei der
Umsetzung einige wissenschaftlich nicht zu begründende Inkonsistenzen im
Kommissionsbericht nicht korrigiert wurden, so beim Kriterium der
Temperaturverträglichkeit. Solche scheinbaren Details müssen nun im
Laufe des Verfahrens geklärt werden."
Im Gesetzestext heißt es dazu, dass eine Einlagerungstemperatur von 100 Grad Celsius an der Außenfläche der Behälter festgelegt wird - solange die Wissenschaft keine anderen Kriterien entwickelt hat.
Der Gesetzestext des Standortauswahlgesetzes steht hier! zum Download bereit.