Was können Designstudenten für die Weiterentwicklung von einheimischen Handelsunternehmen tun und außerdem das Konsumklima in den Kleinstädten befördern? Ideen dazu stellten Designer von fünf verschiedenen Universitäten am Freitag Mittag in Lüchow vor.
Das ehemalige Sonnenstudio am Busbahnhof wurde am Freitag zur "Wendland-Show". Der übrig gebliebene Werbespruch "Verlängern, verschönern, verstärken" wurde zum Motto für ein Upcycling-Projekt umgewidmet und die schöne Dame, die früher für die Nutzung des Sonnenstudios geworben hatte, wurde durch gelbe Streifen zur Symbolfigur für Transformation.
Nicht ohne Grund hatten die InitiatorInnen des "Starter Camps" der Grünen Werkstatt Wendland (GWW) ein leerstehendes Sonnenstudio am Lüchower Busbahnhof ausgewählt, um nach einer Woche intensiver Arbeit die Ergebnisse des Workshops mit neun Designer bzw. -studentInnen vorzustellen. Seit ungefähr einem halben Jahr stehen auch diese Gewerberäume mitten in Lüchow leer. "Keine Ausnahme hier in Lüchow-Dannenberg. Deswegen steht dieser leerstehende Laden symptomatisch für die kleinstädtische Realität," so Meike Koopmann, Projektleiterin der GWW in Lüchow.
"Die Problematik des Handels ist zwar nicht Lüchow-Dannenberg spezifisch," ergänzte Jörg Höltje, Workshop Coach bei der Präsentation. "Aber in der Kleinstadt werden Leerstände schnell zur Bedrohung für das Klima im Ort."
Konsequent also, dass das "Leerstandsmanagement" bei einigen StudentInnen im Mittelpunkt ihrer Überlegungen stand. Während eine Studentin vor allem RückkehrerInnen mit dem Internetportal "Heimatladen" zurück in die Heimat locken wollte, waren andere davon überzeugt, dass es wichtig sei, die Einheimischen zu Fans ihrer Städte zu machen. Maren Zombik, Bachelor-Designerin von der Uni Hildesheim, zeigte sich überzeugt davon, dass die Kleinstadt selbst etwas Tolles ist, ein eigener Wert, der selbst bei Einheimischen in Vergessenheit geraten ist.
"Über Kampagnen müssen wir den 'Kleinstadt-Kult' kultivieren und die verschiedenstsen Bevölkerungsgruppen dort mit einbeziehen", so Zombik. Es gelte, den Einwohnern bewusst zu machen, welchen Wert ihre Orte haben.
Das Internetportal "Heimatladen" könnte zu einer Anlaufstelle für alle werden, die sich mit dem Gedanken tragen, in ihre Heimat zurückzukehren. Hinweise auf leerstehende Läden, Gründungstipps, Mentorenprogramme und Workshops sollen Kreativität und Rückkehrwillen stärken.
Knäckebrot to Go und Upcycling-Läden
Konkreter wurde es bei Lara Wernert und Sarah Schwesig, die beide an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin ihren Bachelor in Modedesign gemacht haben. Sie beschäftigten sich unter dem Motto "Verschönern, verlängern, verstärken" mit der Neugestaltung und Aufwertung von ausgedienter Kleidung. "Upcycling" nennt sich dieses Verfahren, welches in den Großstädten längst zum Megatrend geworden ist: Ausgediente Second Hand Kleidung wird zu Designerstücken umgestaltet und in kleinen Läden angeboten.
Auch Lara Wernert und Sarah Schwesig haben in Berlin im Auftrag der Stadtmission das Upcycle-Label "Water to Wine" aufgebaut, welches seit einem Jahr dort erfolgreich läuft. Ein ähnliches Projekt könnten sie sich auch für Lüchow-Dannenberg vorstellen. "Es gilt, konkret DesignerInnen, SchneiderInnen etc. anzusprechen, um dieses brachliegende Potenzial zu nutzen," schlugen die beiden Designerinnen vor.
Suse Brand, die ihren Bachelor ebenfalls in Textildesign gemacht hat, stellte das Bekleidungshaus Huth + Fricke in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Zunächst beschäftigte sie sich mit dem auch in der Regionalentwicklung recht aktiven Firmenchef Claas Spitze und seinen Ideen. "Wie lassen sich sein Engagement, also auch ökologisch-soziale Aspekte auf Mode übertragen?," fragte sich die Designerin. "Und wie lassen sich die positiven Merkmale nach außen vermitteln?"
Ihre Antwort auf die Fragestellungen: Produkte wie Manschettenknöpfe, Einstecktücher, Socken oder Gürtel werden durch die Integration von symbolischen Zeichen (ein Hut für das Bekleidungsgeschäft sowie die Raute aus dem Lüchow-Wappen) zu Werbeträgern. Nicht nur für das Geschäft sondern auch für die Stadt Lüchow.
"Ergänzend dazu könnte eine Fotokampagne, künstlerisch gestaltet zwischen Milieustudie und Fashionfotografie, die Produkte des Unternehmens, aber auch aus der Stadt, für Aufmerksamkeit sorgen," waren weitere Ideen der Designerin. Ein "Look-Book'" spielt zudem mit den Versatzstücken von Mode und vermittelt gleichzeitig Wissen über Herkunfts- und Herstellungsprozesse.
Thilo Krüger und Christine Rothe, Designer von der Uni Potsdam, hatten sich ebenfalls für eine sehr konkrete Aufgabenstellung entschieden: sie entwickelten ein neues Verpackungsdesign für das Knäckebrot der Vollkornbäckerei Rasche aus Zernien.
Denn die jetzige Packung unterscheidet sich nur wenig von der eines Mitbewerbers und auch die Gebräuchlichkeit im mobilen Bereich ist nicht mobil. Die beiden DesignerInnen hatten eine pfiffige Lösung parat: durch den Umbau auf ein dreieckiges Format können mehrere Themen gleichzeitig erledigt werden. Das Knäckebrot ist in der Pappschachtel besser geschützt, der Karton ist aus einem Bogen herzustellen, lässt sich leicht verschließen und wieder öffnen und ist außerdem auch noch effizienter zu transportieren.
Jochen Rasche, der sich die Präsentation nicht entgehen ließ, zeigte sich durchaus angetan von der Idee, das Knäckebrot zukünftig dreieckig herzustellen. Auch die anderen anwesenden Unternehmer und Vertreter von verschiedenen Institutionen fanden durchaus die ein oder andere Idee reizvoll. Doch es ist wie mit allen guten Ideen: der Weg bis zur Umsetzung und zur Marktreife ist noch weit. Nach dem Abschluss der Präsentation gab es aber bereits eifrige Gespräche darüber, wie sich Dies oder Jenes realisieren lässt.
Für die MacherInnen der Grünen Werkstatt Wendland war es wieder einmal ein Erfolgsprojekt, welches sie fortsetzen wollen.
Die Ausstellung im ehemaligen Sonnenstudio am Busbahnhof bleibt übrigens auch während des Stadtfestes am Wochenende geöffnet.
Fotos / Angelika Blank: Das Startercamp der Grünen Werkstatt Wendland brachte viele Ideen für regionale Unternehmungen hervor.