In drei schlichten Sätzen teilte Vorstand Rainer van Vügt den Aktionären dieser Tage mit, dass am Montag, dem 15.06. das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Als Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Boris von dem Bussche mit dem Verfahren beauftragt.
„Sehr geehrte Aktionäre, leider haben wir unser Ziel von den 900.000,00 Euro bis Freitag (12.06.2009) nicht erreicht. Wie vereinbart, ist die Rücküberweisung Ihrer Gelder vom Notaranderkonto veranlasst. Am Montag, den 15.06.2009 wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet.“ Drei Sätze, die voraussichtlich das Ende eines langen Experiments einläuten.
Nach 18 Jahren scheint der Traum vom selbst produzierten Nesselstoff ausgeträumt. Ein Insolvenzverwalter bestimmt jetzt das weitere Geschehen. Während viele der rund 900 Aktionäre noch bis zuletzt an das erfolgreiche Fortbestehen des Unternehmens glaubten, mehrten sich in der letzten Zeit auch kritische Stimmen aus Aktionärskreisen, die eine Insolvenz für längst überfällig hielten.
Die Aufgabe von Insolvenzverwalter Boris von dem Bussche aus Hitzacker wird nun zunächst sein, die tatsächlichen Vermögenswerte der Firma zu ermitteln. Auf der letzten Hauptversammlung im Mai 2009 ging Unternehmensberater Beckhaus noch davon aus, dass für „ca. 1 Mio. Euro hochwertige Stoffe lagern“, die nur verkauft werden müssten. Die gesamten Vermögenswerte wurden mit 2,3 Mio. Euro angegeben. Sonderkonditionen und verschärfter Vertrieb sollten kurzfristig noch einmal Geld in die Kassen spülen.
Doch mehrere Aktionäre bezweifeln, dass es überhaupt noch Vermögenswerte gibt. Die in der 100%igen Tochterfirma Pourpur GmbH vorhandenen Vermögenswerte bezweifelt zum Beispiel Bill Holler, ehemaliger Aktionär: „Die Insolvenzsituation der Pourpur GmbH wird sich aus der im Jahresbericht genannten Bewertung der Vorräte ergeben. Diese wird mit einem Wert von 2,3 Millionen € dargestellt. Tatsächlich handelt es sich jedoch um nichts anderes als praktisch wertlose Strohballen aus Brennnesseln oder Pflanzen, die ihre Unverkäuflichkeit hinreichend in den Jahresberichten der Stoffkontor Kranz AG unter Beweis gestellt haben. In dem Moment, wo diese so genannten Vorräte mit ihrem eigentlichen Wert in dieser Bilanz der Gesellschaft einfließen, ist eine dramatische Überschuldung festzustellen. Selbst bei einer wohlmeinenden Bewertung dieser so genannten Vorräte mit 50 % des hier genannten Wertes wäre eine Überschuldung von mehr als 1.000.000 € gegeben.“
Rund dreißig Landwirte sind von der Insolvenz betroffen. Mit Aktienkäufen und Zugeständnissen an verlängerte Zahlungsziele haben sie in den letzten Jahren geholfen, die Zahlungsunfähigkeit der Aktiongesellschaft hinauszuzögern. Und nicht nur das: durch die teilweise oder gar vollständige Umstellung der Betriebe auf den Anbau von Brennnesseln sind viele auch in ihrer Betriebsexistenz gefährdet. Am heutigen Freitag treffen sich die Landwirte mit dem Insolvenzverwalter, um sich über die aktuelle Situation informieren zu lassen.
Nach Medienberichten ist eine Konsequenz der Insolvenz bereits sichtbar: zum 31. August wird die Weberei Nash im Schwarzwald geschlossen, die bisher für die Stoffkontor AG Stoffe hergestellt hat. Ein Vollzeitarbeitsplatz und mehrere Teilzeitstellen gehen damit verloren.
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