Thema: milch

Storchenmilch - Ende für eine Regionalmarke

Ein Symbol für die widerständige Region sollte sie sein, im Supermarkt zum positiven Image der Region beitragen und nicht zuletzt die heimische Biomilch dort vermarkten, wo sie herkommt: "Natürlich Wendland!" die Milch aus dem Wendland mit dem Storch im Logo lebte kaum zehn Jahre.

Schon die Geburt war von Zweifeln und Skepsis begleitet: würde es gelingen, im überlaufenden Milchmarkt eine wirtschaftlich erfolgreiche Bio-Regionalmarke zu platzieren? Mit Mitteln aus dem Bundesprogramm "Region Aktiv" gingen die (damals) elf Landwirte der Milchkooperative Wendland das Wagnis ein - zum zweiten Mal entschieden sie sich, die alte Idee einer wendländischen Milchmarke erneut aufzulegen (siehe auch den wnetartikel von 2004 über den Start der Storchenmilch ... hier! )

2004 konnten dann auf der Grünen Woche in Berlin die "Natürlich Wendland!"-Milchprodukte mit gutem Erfolg einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Mindestens eben soviel Energie, wie es brauchte, eine Molkerei zu finden, musste in die Akquise von Supermarktketten gesteckt werden, die bereit waren, die "Storchenmilch" ins Verkaufsprogramm aufzunehmen - ein Berliner Großhändler ließ hoffen, dass auch der überregionale Markt erobert werden könnte.

Immer wieder Verluste - bei den Finanzen und bei den Landwirten

Doch die Zeiten änderten sich: von elf Milch produzierenden Landwirten sind 2012 nur noch vier übrig geblieben. Tod, Krankheit, altersbedingte Aufgabe oder die Betriebsumstellung auf andere Wirtschaftsbereiche ließen die Lieferanten wendländischer Biomilch schrumpfen. Die Verluste der Milchkooperative blieben letztendlich bei einigen wenigen Gesellschaftern hängen.

Das Grundproblem, warum die "Storchenmilch" letztendlich nie in die Gewinnzone kam, war schon bei der Gründung bekannt: Da keine nah gelegene Molkerei zu finden war, die die vergleichsweise geringen Mengen zu einer eigenen Produktlinie verarbeiten wollte, musste die Milch mit Tanklastern bis in die Nähe von Bremen gefahren werden, um von dort wieder in den Vertrieb gebracht zu werden - bei horrend hohen Benzinkosten und im Sinkflug befindlichen Milchpreisen ein Unternehmen, welches eine kostendeckende Produktion nicht möglich machte. Geholfen hätte es, wenn eine kleine Hofmolkerei in der Nähe der Betriebe die rund 12000 Liter Milch pro Woche verarbeitet hätte. Kleine Molkereien passen seit Jahrzehnten nicht mehr ins politische Konzept, weder bei der EU, noch bei der Bundesregierung noch beim Land. Selbst die grüne Verbraucherministerin Renate Künast lehnte die Finanzierung einer Klein-Molkerei ab. 

Die Landwirte der Milchkooperative rechneten bereits vor Jahren durch, ob sie die Einrichtung einer regionalen Molkerei aus eigenen Mitteln finanzieren und aufbauen sollten - doch die Millioneninvestition erschien allen Beteiligten angesichts der Milch-Marktlage zu riskant - zumal die Erfahrungen mit dem ersten Start der "Storchenmilch" in der alten Molkerei in Lüchow ihnen deutlich gemacht hatten, dass auch Änderungen in der Verpackungsmode einem kleinen Unternehmen den Garaus machen können ( siehe wnet-Artikel zum Start der Storchenmilch ). 

"Das Geld bleibt auf den Reifen"

Jahrelang haben die Gesellschafter an dem Projekt "Storchenmilch" festgehalten - immerhin gelang es, die Umsätze im vergangenen Jahr noch einmal um ein Viertel zu steigen - doch die Verluste stiegen mit, so dass die Gesellschafter jetzt die Reißleine zogen und die Produktion einstellten, bevor demnächst die Insolvenz die Produktion der "Storchenmilch" endgültig beendet hätte. Der Ausstieg eines Berliner Großhändlers tat dann noch ein Übriges, um die Entscheidung zu befördern. Das vorzeitige Aus bietet der Milchkooperative nun die Möglichkeit, Unternehmen und Marke aufrecht zu erhalten und bis auf Weiteres ruhen zu lassen.

Die wendländiche Biomilch wird nun wieder an verschiedene Molkereien geliefert, wo sie gemeinsam mit Biomilch aus anderen Regionen zu verschiedenen Bioprodukten verarbeitet wird. Sie geht dem Markt also nicht verloren - aber "Natürlich Wendland!" leuchtet aus keinem Supermarktregal mehr heraus. 

Foto / Angelika Blank: Auf der Grünen Woche 2004 fand die Storchenmilch viel Interesse




2012-12-21 ; von Angelika Blank (autor),
in Clenze, Deutschland

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