Die Blockade Bayerns, neue Stromtrassen zu genehmigen, stellt nach Ansicht von Umweltminister Stefan Wenzel den Atomausstieg in Frage. Er appellierte am Mittwoch an die bayerische Landesregierung ihre "kontraproduktive" Einführung eines Moratoriums für Stromtrassen zurückzunehmen.
Im Zusammenhang mit der am Mittwoch von der Firma TenneT
angekündigten Eröffnung des Planungsverfahrens für die neu zu verlegende
Stromleitung Sued.Link von Schleswig-Holstein nach Bayern hat der
Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan
Wenzel mehr Bürgerbeteiligung und einen verstärkten Einsatz der
Erdverkabelung gefordert. „Wir brauchen einen umfassenden Ausbau der
Stromnetze; aber die Energiewende wird nur gelingen, wenn alle
Möglichkeiten genutzt werden, die Belastungen beim Trassenbau für die
Anwohner so gering wie möglich zu halten", sagte der Minister.
Die
aktuelle Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer
nach einem Moratorium für neue große Stromtrassen, bezeichnete Wenzel
als „kontraproduktiv". „Wer heute den Ausbaustopp fordert, stellt den
Atomausstieg in Frage und sabotiert die Energiewende", sagte der
Minister. „Beides ist gleichermaßen schädlich sowohl für die Wirtschaft
als auch für die Bürgerinnen und Bürger". Niedersachsens Umweltminister
forderte den bayerischen Ministerpräsidenten auf, sich konstruktiv
einzubringen. „Und wir erwarten von Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Wirtschaftsminister Gabriel, dass sie auch gegenüber Bayern die
Durchsetzung des Bundesrechts sicher stellen. Alle weiteren Querschüsse
kosten Zeit und Geld und bringen das gesamte Projekt der Energiewende in
Misskredit!"
Wenzel forderte für Sued.Link möglichst
siedlungsferne Trassenführungen; insbesondere in schwierigen technischen
Teilabschnitten müssten mehr Erdkabel eingesetzt werden. Der Minister
erinnerte daran, dass die Genehmigungsverfahren nicht den Behörden der
Länder sondern der Bundesnetzagentur übertragen wurden, um die Projekte
zu beschleunigen. „Aber mehr Tempo darf sich nicht zu Lasten der
Bevölkerung auswirken. Wir wollen, dass der Bund und die Netzbetreiber
eine intensive Beteiligung der Bevölkerung, Kommunen und Verbände
gewährleisten", sagte der Umweltminister. Die vorgestellten
Vorzugstrassen dürften nicht als vorweg genommenes Ergebnis des
Planungsverfahrens betrachtet werden. „Vielmehr müssen sowohl die Kritik
als auch die Vorschläge aller Beteiligten ernsthaft geprüft und so weit
wie möglich aufgenommen und umgesetzt werden."
Unterdessen berichtet der SPIEGEL über die konkrete Trassenführung des Sued.Link-Projektes. Demnach könnte die 800 Kilometer lange Stromtrasse von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen nach Bayern führen. Sie soll von 2022 an große Mengen Windstrom vom Norden in den Süden bringen und dort die Stilllegung mehrerer Atomkraftwerke kompensieren, heißt es in dem SPIEGEL-Bericht.
Foto / M. Dufek : Freileitungen sind nicht nach jedermanns Geschmack - hier eine Ansammlung verschiedener Stromleitungen bei Wien. Erdverkabelungen sind allerdings aufwändiger umzusetzen.