Thema: politik

randbild: Fotoreportage aus Syrien - Land der lebenden Toten

Nur wenige Journalisten wagen sich noch nach Syrien, wo die Regierungstruppen des Assad-Regimes immer noch versuchen, den Aufstand des Volkes mit Waffengewalt nieder zu schlagen. Der Fotograf Timo Vogt wagte sich in das Land und brachte eine erschütternde Fotoreportage mit.

Der Aufstand in Syrien hat das ganze Land erfasst. Neben der Stadt Homs sind es mittlerweile viele Schauplätze, an denen die Regierungstruppen versuchen den Aufstand der Menschen gegen das Assad-Regime blutig niederzuschlagen.

Auf Schmugglerpfaden reiste Timo Vogt illegal über die grüne Grenze in die nordwestliche syrische Provinz Idlib. Eine Region, die früh von Oppositionellen kontrolliert wurde. Doch die Ankunft fiel mit dem Zeitpunkt zusammen, als die syrische Armee begann, verlorenes Gebiet zurück zu erobern. Wirklich halten kann sie die Orte nicht, sie werden nur tageweise erobert. Aber mit unfassbarer Brutalität sollen die Menschen eingeschüchtert werden. Die Armee der Deserteure kann mit ihren alten Kalschnikows und Jagdflinten mit selbstgebastelten Patronen gegen die modernen Schützenpanzer der Armee nichts ausrichten. Sie wollen die Bevölkerung schützen und können doch nur zusehen, wie das Morden weitergeht.

In einem Ort nahe der Stadt Idlib war ein Zwischenstopp eingeplant, der Ort wurde von der Opposition als sicher eingeschätzt. Tagsüber sollte Vogt dann in die Stadt geschmuggelt werden. Einen Tag lang ging das auch gut. Doch als am Morgen des 22. Februar die Kinder zur Schule gingen, wurden sie plötzlich von Schnellfeuergewehrsalven und ersten Granat-Detonationen in Angst und Panik versetzt. Die Armee rollte an!

Sieben Stunden lag das Dorf unter schwerem Feuer, ein Kampfhubschrauber kreiste. Einige hundert Menschen entkamen in die umliegenden Olivenhaine, deren Bäume glücklicherweise hier ganzjährig Blätter tragen und wir uns verstecken konnten. Der Mehrzahl der Einwohner gelang die Flucht jedoch nicht. Der Ort wurde verwüstet, geplündert, gebrandschatzt. 20 Männer verhaftet, deren Überlebenschancen als sehr gering eingeschätzt werden. Eine Frau starb an einem Herzinfarkt während des Angriffs. 6 Männer wurden exekutiert. Zuvor wurden sie schwer misshandelt.

Der Rückweg in die Türkei war versperrt! Ein wichtiger Ort auf der Rückreise-Route war ebenfalls unter Beschuß gekommen und es dauerte einige Tage, bis eine Alternative gefunden wurde. Nach einer Woche in der Hölle Syriens konnte Timo Vogt dann mit syrischen Flüchtlingen über den türkischen Stacheldraht klettern - allerdings wurde er entdeckt und von der türkischen Gendarmerie verhaftet.

Syrien ist ein Land der lebenden Toten geworden. Für die Aufständischen, deren gemeinsames Ziel die "Freiheit" ist, gibt es kein zurück mehr. Aufzugeben würde ihren Tod bedeuten. Und das Assad-Regime lässt daran auch keine Zweifel aufkommen. Was ich gesehen habe war kein Kampf Soldaten gegen Soldaten. Die Freie Syrische Armee der Deserteure ist nicht einmal in der Lage ein Dorf zu schützen. In Syrien werden Zivilisten, die nach wie vor meist unbewaffnet sind, von den Schergen der Regierung auf die brutalstmögliche Art und Weise gelyncht.

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Die gesamte Fotoreportage ist unter www.randbild.photoshelter.com zu sehen.

Foto + Bericht aus Syrien: Timo Vogt/randbild




2012-03-03 ; von Timo Vogt / Angelika Blank (autor),

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