Therme Gartow: Millioneninvestitionen für 10.000-Euro-Ersparnis?

Teile des Samtgemeinderats Gartow hegten am Dienstag Abend große Skepsis, ob eine geplante Investition von 2,9 Mio Euro zum Umbau der Wendlandtherme wirtschaftlich wirklich sinnvoll ist. Grüne und UWG-Abgeordnete zweifelten die Richtigkeit eines vorgelegten Wirtschaftlichkeitsgutachtens an.

Offiziell stand die Aussprache über das Wirtschaftlichkeitsgutachten in Sachen Wendlandtherme gar nicht auf der Tagsordnung des Samtgemeinderates - doch die Empfehlungen in dem den Abgeordneten vor der Sitzung zugegangenen Gutachten sorgten zumindest bei den Grünen/UWG-Abgeordneten für Aufregung.

Im November hatte der Samtgemeinderat beschlossen, dass zunächst ein Wirtschaftlichkeitsgutachten Auskunft darüber geben soll, wie sinnvoll die geplante 2,9-Mio-Euro-Investition wirklich sein würde - bereits Anfang Dezember lag die Analyse eines Unternehmensberaters bereits vor.

Unternehmensberater und Diplom-Verwaltungswirt Helmut Aelken aus Dieburg kommt in der Analyse zu dem Schluss, dass das "vorgelegte Planungskonzept im operativen Bereich eine wirtschaftlich günstige Lösung erwarten lässt", wie Bürgermeister Wilhelm Schröder den Abgeordneten am Dienstag erläuterte. Demnach empfiehlt der Berater denn auch den Umbau und die Erweiterung des Saunabereiches des Thermalbades Wendland. 

Grüne Skepsis gegenüber den vorgelegten Berechnungen

Die grünen Abgeordneten im Samtgemeinderat haben große Bauchschmerzen angesichts der hohen Investition. "Uns stört nicht nur, dass wir unsere gesamten liquiden Mittel aufbrauchen," so die grüne SG-Abgeordnete Asta von Oppen. "Aus den von Herrn Aelken ermittelten Zahlen erkennen wir nicht, dass sich dank der immens hohen Investitionen ein wirtschaftlich positives Ergebnis einstellen wird." Zumal der Gutachter nach Ansicht der Grünen mit dem Jahr 2010 eine falsche Bezugsgröße für die Berechnung der positiven Effekte ausgewählt habe. "In 2011 war das Defizit um fast 40 000 Euro geringer als im Jahre 2010," wundert sich Asta von Oppen. "Wenn wir das nachrechnen, ergibt sich sogar eine Steigerung des Defizits und keine Reduzierung."

Aelken hatte in seinem Gutachten errechnet, dass sich das voraussichtliche Betriebsergebnis jährlich um 10 000 Euro verbessern würde - also 257.000 Euro Defizit jährlich statt 266.334 Euro wie im Jahre 2010. Wie Kämmerer Hans-Heinrich Drimalski erläuterte, konnten im Jahre 2011 doppelt so hohe Einnahmen aus Solarstrom-Rückvergütungen in die Thermenkasse gebucht werden. "Doch das war ein Sonderfall, da in dem Jahr für zwei Jahre gezahlt wurde," so Drimalski. Deswegen sei es auch völlig korrekt von Aelken gewesen, diesen außergewöhnlich niedrigen Defizitwert nicht als Vergleichsgröße für künftige Einsparungen zu Grunde zu legen.

Auf Nachfrage von wnet erläuterten sowohl Kämmerer Hans-Heinrich Drimalski als auch SG-Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Schröder, dass mit der geplanten Investition nicht angestrebt werde, in die Gewinnzone zu kommen ("wer glaubt, ein Wellnessbad ohne öffentliche Zuschüsse betreiben zu können, der träumt"), sondern dass man schon froh sei, wenn die jährlichen Defizite stabilisiert würden. Auf Verwaltungsseite ist man sich einig, dass der geplante Um- und Neubau in Millionenhöhe "alternativlos" sei. "Wenn wir jetzt nichts unternehmen, dann können wir das Bad in einigen Jahren dicht machen," ist nicht nur die Überzeugung von SG-Ratsvorsitzendem Ulrich Flöter (CDU). 

Modernisierung ja - aber kein aufwändiger Neubau

Dass die Wendlandtherme dringend modernisiert werden muss, einerseits um Kosten zu sparen und andererseits um den Wert zu erhalten - das ist auch die Überzeugung der Grünen Ratsleute. Immerhin stehen Grundstück und die gesamte Thermenanlage mit fast 6 Mio. Euro Wert in der ebenfalls auf der Ratssitzung beschlossenen Eröffnungsbilanz.

"Natürlich wollen wir ein gut modernisiertes Bad," betont Asta von Oppen. Sie und ihre Parteifreunde wehren sich vor allem gegen den aufwändigen Neubau einer Saunalandschaft. "Ohne ein parallel entwickelts Tourismuskonzept, in dem auch beschrieben wird, wie die enormen Besuchersteigerungsraten, die der Unternehmensberater als Berechnungsgrundlage annimmt, zu erreichen sind, wird sich Wirtschaftlichkeit nie einstellen," ist die grüne Abgeordnete überzeugt.

Doch wie gesagt: auf der Tagesordnung stand die Diskussion über das Wirtschaftlichkeitsgutachten gar nicht. Diese soll in nichtöffentlicher parteiübergreifender Fraktionssitzung noch vor Weihnachten stattfinden. "Je nachdem, welchen Beschluss diese Runde dann fasst, wird das Thema danach in öffentlicher Rats- bzw. Ausschusssitzung  weiterdiskutiert," so Samtgemeinde-Bürgermeister Schröders Verständnis von Öffentlichkeitsbeteiligung. Ein Beschluss über die Umsetzung soll allerdings nach Schröders Aussage erst dann gefasst werden, wenn die Förderzusagen stehen.

Finanziert werden soll die Millioneninvestition übrigens aus Mitteln der Samtgemeinde Gartow, einem Kredit sowie Fördergeldern der N-Bank (deren Mittel vom Land Niedersachsen kommen).

Foto / Angelika Blank: Der Fun-Faktor soll in der Wendlandtherme in Gartow nach der 2,9-Mio-Investition noch größer werden ...




2012-12-12 ; von Angelika Blank (autor),
in Am Helk 1, 29471 Gartow, Deutschland

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