Die Verbuschung der Elbauen sorgt immer noch für Zündstoff im Biosphärenreservat. Während ein Bürger-Verein vehement den Rückschnitt fordert, wehren sich andere Naturschützer gegen den nach ihrer Ansicht „Kahlschlag“ an der Elbe.
Letzte Woche tagte wieder einmal das 20-köpfige Beirat des Biosphärenreservats „Flusslandschaft Elbe“, dessen Gebiet sich längs der Elbe von Schnackenburg im Osten bis hinauf nach Boizenburg zieht. Auf der Tagesordnung standen zwei für die Region richtig „heiße Eisen“: die Verbuschung durch Weidenwälder längs der Elbe und ein womögliches Verbot der Ausbringung von genmanipulierten Saaten im Gebiet des Biosphärenreservats.
Beide Themen sorgten auch in der Sitzung für Zündstoff. In Sachen Verbuschung ist es vor allem der „Verein zum Schutze der Kulturlandschaft Elbe“ (VSKE), dessen Mitglieder schon seit langem vehement den Rückschnitt vieler in den Elbauen wachsender Weiden fordern. Klaus Rund, für den Verein Mitglied im Beirat: „Wir vertreten da die Interessen der Bewohner in der Elbmarsch. Uns geht es vordringlich darum, dass bei der stark zunehmenden Verbuschung die Gefahr besteht, dass es bei einem Extrem-Hochwasser – mit dem wir rechnen müssen – zu einem erhöhten Hochwasser führt. Mit der Gefahr, dass dann noch mehr passiert.“ Der Verein geht dabei von Fachinformationen aus, die besagen, dass durch die Verbuschung mit zusätzlichen 50 cm Hochwasser zu rechnen sei, die im Einzelfall zu einer echten Gefahr werden können.
Für den VSKE wäre es schon einmal ein Anfang, wenn noch in dieser Schnittsaison, die im März ihr Ende findet, wenigstens einige „unkritische“ Flächen beschnitten würden. In einer früheren Sitzung des Beirats war dementsprechend auch beschlossen worden, dass die beiden Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg, in deren Gebiet das Biosphärenreservat liegt, gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt aktiv werden sollen. Diese wurden damals auch aufgefordert, die Öffentlichkeit über das weitere Vorgehen zu unterrichten.
Nachtigall am meisten betroffen
Für die Naturschützer allerdings ist es wesentlich wichtiger, was in einem vom Land Niedersachsen beauftragten Verträglichkeits-Gutachten zu „vollzogenen und geplanten Gehölzschnittmaßnahmen ...“ steht, welches letzten Sommer fertig gestellt wurde. Aus diesem Gutachten, das uns vorliegt, geht hervor, dass vor allem die Nachtigall und der Schwarzmilan zumindest in einigen der zur Abholzung vorgesehenen Gebiete erheblich gestört – und sich voraussichtlich dort nicht mehr ansiedeln - werden. Doch auch der Fischotter-Bestand würde nach dem Gutachten durch den Verlust von Deckung durch den Gehölzschnitt aus dem betroffenen Elbbereich verschwinden oder sich mindestens reduzieren. Desweiteren würde ein Maschineneinsatz bei der Abholzung für viele weitere Tierarten zumindest den zeitweisen Rückzug bedeuten. Auf 219 Seiten beschreibt das Gutachten detailliert, in welchem Ausmaße sich durch die Rückschnitte für viele Tiere erhebliche Beeinträchtigungen ergeben würden - und welche Ausgleichsmaßnahmen im Einzelfall vorzunehmen sind, um diese Beeinträchtigungen zu mildern.
Seit dem Bekanntwerden des Gutachtens herrscht Verwirrung zwischen den Landkreisen, dem Umweltministerium und der Biosphärenreservatsverwaltung. Hin und her gerissen zwischen Naturschutzbedenken auf der einen Seite und Hochwasser-Ängsten auf der anderen Seite, werden potenzielle „Beschneider“ von der einen Stelle zur anderen geschickt. Niemand wagt es derzeit, Genehmigungen auszusprechen. Bis vor kurzem haben das Gutachten nicht einmal die Fraktionen des Landtages zu lesen bekommen, so brisant erschien dem Umweltministerium offenbar der Inhalt. Inzwischen hat sich mindestens der Landkreis Lüchow-Dannenberg dazu durchgerungen, den Kreistagsfraktionen eine Ausfertigung zu überlassen – womöglich ein Effekt des öffentlichen Drucks, den vor allem die Landtagsgrünen erzeugten, indem sie massiv die Veröffentlichung des Gutachtens forderten.
Vom Landkreis Lüchow-Dannenberg war zu hören, dass nun zunächst ein Gesamtkonzept erstellt werden soll, dessen Fertigstellung bis Ende 2009 vorgesehen ist. Für den VKSE dauert das Verfahren schon viel zu lang: „Da wird sich auf ein noch zu erstellendes Gesamtkonzept zurückgezogen und Entscheidungen aus Brüssel ... Aus unserer Sicht sind das Ausflüchte. Letztendlich geht es um die Bereitstellung von FFH-Ausgleichsflächen, die von Jahr zu Jahr, in denen nichts passiert, größer werden, denn der Bewuchs an der Elbe nimmt stark zu.“
Rückschnitt noch bis März?
In der letzten Beiratssitzung einigte man sich nun darauf, dass die beiden Landkreise in Abstimmung mit dem Ministerium einige „unkritische“ Flächen benennen sollen, die noch in dieser Schnittsaison bis Ende März beseitigt werden können. „Das wäre wenigstens ein Anfang“, so Klaus Rund vom VSKE, „sollte jetzt allerdings wieder nichts passieren, so werden wir prüfen, ob wir eine Untätigkeitsklage einreichen.“
Immerhin hat sich die Haltung auch des VSKE seit der „Kettensägeattacke“ von Minister Sander im November 2006 verändert. Auch der Bürgerverein fordert jetzt lediglich, dass die „Querriegel beseitigt werden, die einem ungestörten Ablauf der Elbe im Wege stehen“.
In Sachen Gentechnik arbeitet der Beirat noch an einem Positionspapier, welches grundsätzlich den Anbau von genveränderten Pflanzen im Gebiet des Biosphärenreservats regeln soll. In einer ersten Runde konnte sich das Gremium noch nicht auf ein gemeinsames Papier einigen. Immerhin: grundsätzlich sind die meisten Beiratsmitglieder offenbar der Ansicht, dass bei "vernünftiger Wirtschaftsweise" ein Anbau von genmanipulierten Pflanzen im Biosphärenreservat nicht notwendig sei. ...
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