Beinahe ebenso lang wie die Kulturelle Landpartie gibt es „Kunst in Kröte“. Passend zum KLP-Jubiläum ist dieses Jahr das Schwerpunktthema „Vergessen und Erinnern“.
Kröte ist einer der KLP-Punkte, die sich konsequent dem Massenrummel verweigern. Nach Kröte fährt, wer gute Kunst sehen will. Nicht, dass es die nicht auch woanders auf der KLP gäbe, doch in Kröte ist die Qualität sozusagen garantiert.
Irmhild Schwarz, seit jeher Kuratorin und Koordinatorin von „Kunst in Kröte“ lässt es sich nicht nehmen, zu definieren, welche Kunst in Kröte gezeigt werden soll. Und der Erfolg gibt ihr recht. Regelmäßig werden die Werke in den sechs Scheunen vom Publikum gelobt.
Auch dieses Jahr ist wieder eine lebendige Ausstellung gelungen, an der sich 20 KünstlerInnen unter dem Motto „Vergessen und Erinnern“ beteiligt haben. Objekte, Installationen, Gemälde, Collagen, Texte, Video – in Kröte ist fast jedes Genre vertreten, das Kunst zu bieten hat.
Zum Beispiel Uwe Ochsler: Im ganzen Raum verteilt hängen Kleidungsstücke, wohlbekannt aus früheren Zeiten. Dort die knallbunte Krawatte aus den 70ern, hier Skischuhe, deren Bindung eher an die 40er erinnert. Dort ein rotes Ballkleid und irgendwo dazwischen ein bunt gemustertes Trevirakleid. Auf einer großen Wand hängen Kärtchen mit Sätzen aus Groschenromanen wie „Es gab Pflichten, denen man sich nicht entziehen konnte“. Den Besuchern bleibt es überlassen, die Textkärtchen bestimmten Kleidungsstücken zuzuordnen. Die Begeisterung daran, die Textkärtchen zuzuordnen, war alleine daran zu erkennen, dass längst alle Kärtchen einen Platz auf einem der Kleidungsstücke erhalten haben. Das hindert aber keinen Besucher daran, sie wieder umzustecken - und so die eigene Erinnerungsgeschichte fortzuschreiben.
Roland Albrecht vom „Museum der unerhörten Dinge“ war schon in früheren Jahren mit seinen phantastischen Geschichten in Kröte zu Besuch. Sein Beitrag in diesem Jahr: Im Dorf verteilte Tafeln mit kleinen Geschichten von Menschen, die sich auf die unterschiedlichste Art und Weise mit dem Vergessen auseinandersetzen. Zum Beispiel die Geschichte von Philipp, der sich so sehr bemüht, das Vergangene zu vergessen, dass er am Ende vergessen hat, dass er ja alles vergessen wollte.
Inga Rusz hat Dias ihres Vaters aus mehreren Jahrzehnten zu einer Collage zusammengestellt. So ist ein Kaleidoskop aus rund vierzig Jahren Familien- und Feriengeschichte entstanden.
„Seid bereit“ heißt die Installation von Frauke Danzer. Ein zartes, aber wegen seiner Starrheit untragbares Gebilde aus Papier erinnert an die Zeiten, in denen lange Roben bei Mädchen Prinzessinnengefühle aufkommen ließen – und durchtanzte Nächte sich in roten Füßen manifestieren.
Eine stille Installation hat Wolfgang Hebert dieses Jahr angeliefert: Ein schwarzes massives Haus (gebrannte Eiche) hängt an dünnen Seilen, denen man kaum zutraut, das schwere Gebilde halten zu können, über einer Fläche aus sorgfältig gelegten Feldsteinen. „Heimat“ heißt dieses fragile Konstrukt.
Bei Katrin Regelski und Gunnar Schröder erinnern bemooste alte Holzschlitten und Roller an vergangene Zeiten.
Burkhard Welzels ausgetüftelte elektrische Installationen reagieren mit unvorhersehbaren Bewegungen auf äußere Impulse eines Geigerzählers. Niemand kann vorhersagen, wann und wie die schwarze Wand aus Gummi sich bewegen wird.
Dies ist nur eine kleine Auswahl der KünstlerInnen, die in Kröte ausstellen. In jeder der sechs Scheunen lassen sich spannende Werke entdecken – zum Beispiel die Fotos von Ursula Blancke-Dau, die in einem ehemaligen Kinderheim entstanden sind. Oder alte Musterdrucke, die Hiltrud Schäfer bei ihrer Großmutter fand. Oder, oder ….
Und natürlich nicht zu vergessen die Werkstattausstellung von Irmhild Schwarz, die das Thema (unter anderem) mit einer Collage aus Erinnerungsfetzen umsetzte, die mit Sicherheit Wiedererkennungswert für viele (ungefähr gleichaltrige) hat: ziepende Reißverschlüsse ... Kölnisch Wasser … gestrickte Badeanzüge … Faltenröcke über rutschenden Nylonstrümpfen … rosa Unterwäsche ... straffe Zöpfe ...
Fotos | Angelika Blank