Bohrlocheinlagerung in Gorleben geplant?

Kollegen der Elbmarschpost gelang es am vergangenen Monat einen etwas merkwürdigen Transport zu beobachten: im Tießauer Hafen wurde eine größere Anlage verladen, die in den späten Abendstunden nach Gorleben geschafft wurde. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen Versuchsstand für die Endlagerung von Atommüll in Bohrlöchern. Wird nun in Gorleben diese umstrittene Einlagerungsmethode vorbereitet?

 

Die Redaktion der Elbmarschpost überließ uns freundlicherweise folgenden Artikel:

Tießau/Gorleben. Am vergangenen Montag traf in Tießau ein Schiff mit einer größeren Anlage ein, diese wurde in den späten Abendstunden auf einen Tieftransporter geladen. Zielort der Anlage war Gorleben. Der Transport sollte über Nacht erfolgen. Die Frage: Um was für eine Anlage handelt es sich? Die Anlage trug das Typenschild SIEMAG M-TEC2, hergestellt von dem Unternehmen Siemag Tecberg. Siemag ist ein international agierender Ausrüster und Spezialist für Förderanlagen im Bergbau. In den nachfolgenden Nachforschungen stieß die Redaktion auf ein Magazin der GNS-Gruppe, in der Geschäftsführung und im Vorstand sind E.ON Energie AG, RWE Power AG, EnBW Energie Baden-Württemberg AG und Vattenfall.

In dem Magazin wird über einen Versuchsstand für die Bohrlochendlagerung konditionierter Brennelemente berichtet, wobei die GNS einen Transferbehälter und eine Bohrschleuse lieferte. Ein Versuch, so die Darstellung im Magazin, verlief mit etwas 300 Einlagerungszyklen störungsfrei.

Zitat: Mit dem Einlagerungssystem BSK3 sollen Brennstäbe konditionierter Brennelemente in seigeren (im Bergbau verwendetes Synonym für senkrecht, vertikal) Bohrlöchern in einer als Endlagerstandort bestätigten Salzformation endgelagert werden. Das Konzept sieht vor, die Brennstäbe in einer Konditionierungsanlage aus den Brennelementen herauszutrennen und in einen Brennstabkanister, die sogenannte BSK3 einzustellen. ...

Die BSK3 wird in einem Transferbehälter von der Konditionierungsanlage zum Einlagerungsort im Endlager transportiert. Dort wird der Transferbehälter mit einer Einlagerungsvorrichtung aufgenommen, in die Vertikale geschwenkt und auf einer Bohrlochschleuse – dem Bindeglied zum Endlagerbohrloch – abgesetzt. Aus dem Transferbehälter wird die BSK3 mit einem seilgeführten Greifer in das Bohrloch abgelassen. Die Bohrlochlänge wird voraussichtlich 150 bis 300 m betragen. …

Die Einlagerungsvorrichtung wurde von der Fa. SIEMAG M-TEC2, einem weltweit agierenden Bergbauspezialunternehmen, ausgelegt, gefertigt und geliefert. Die Anlage wird im vollautomatischen Betrieb gefahren. Sie greift auf Erfahrungen mit einem POLLUX-Einlagerungssystem zurück, wurde aber um viele Funktionen erweitert: Drehen des mit einer BKS3 beladenen, etwa 55 t schweren Transferbehälters; Absetzen des Behälters auf einer Bohrlochschleuse; Aufsetzen einer Abschirmhaube, über die die Behälterschleuse geöffnet und geschlossen wird und durch die der Greifer und das Seil geführt werden ….

Die Frage, die von einer möglichen Brisanz sein dürfte, die aber bis Redaktionsschluss nicht zu klären war, ist: „Erhält Gorleben jetzt schon ein System für die Endlagerung?“ -EP-Redaktion/wh-

Landtagsgrüne: Atomwirtschaft will behälterlose Bohrlochendlagerung vorantreiben

Der grünen Landtagsabgeordneten Miriam Staudte wurde auf Nachfrage von der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) bestätigt, dass es sich bei der Lieferung um eine Anlage zur Einlagerung von Atommüll in senkrechte Bohrlöcher handelt. Die Anlage der Firma DBE-Tec sei bereits ein Jahr lang oberirdisch im niedersächischen Landesbergen in einer Halle mit nicht-radioaktiven Dummys getestet worden, so die GNS gegenüber der Abgeordneten.

"Das untermauert unsere Befürchtungen, dass die Atomwirtschaft die behälterlose Bohrlochendlagerung vehement vorantreiben will," so Staudte. Die Politikerin verlangt die Anlage aus Gorleben wieder abzutransportieren: "Wir sind nicht bereit zuzusehen wie hier vollendete Tatsachen geschaffen werden. Die behälterlose Bohrlochendlagerung ist unverantwortlich. Die Anlage gehört in die Schrottpresse."

Die Abgeordnete ist sich sicher, dass der Transport, wäre er bekannt gewesen, Proteste hervorgerufen hätte. Nach Aussagen der GNS sei der Transport nachts durchgeführt worden, weil es sich um einen Schwertransport mit Überbreite gehandelt habe. Man wolle die Anlage lediglich "unterstellen".

"Wer´s glaubt wird selig," kommentiert Staudte verärgert.  Die Abgeordnete hat das niedersächische Umweltministerium zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Rebecca Harms: Röttgen entwickelt beängstigenden Mut zum Risiko

Für Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament macht die Anlieferung eines Versuchsstandes für "behälterlose Bohrlochlagerung" in Gorleben erneut klar, dass man den Aussagen von Bundesumweltminister Röttgen zu Gorleben nicht trauen darf.  "Sooft Herr Röttgen das auch beteuert hat: In Gorleben  läuft nichts ergebnisoffen!", so die EU-Abgeordnete.

Endlagerkonzeptionen würden nun doch schon vor Ende der geologischen Erkundung an den Salzstock angepasst.  Das Konzept der behälterlosen Lagerung in Bohrlöchern weist auch darauf hin, dass der "Mut zum Risiko" im Umweltministerium beängstigende Ausmasse annimmt. Ursprünglich sei den technischen Barrieren, nämlich den  Lagerbehältern, eine große Bedeutung zugemessen worden. Nun setzte man offensichtlich ganz auf die natürliche Barriere und allein das Salz und das schwache Deckgebirge sollen  die Ausbreitung der Radioaktivität aus dem Endlager verhindern. "Ich halte das für verantwortungslos," sagt Harms. Die kleinen Alibigefechte des Umweltministers um Laufzeitenverlängerung könnten nicht verdecken, dass er in Gorleben am alten CDU-Kurs festhalte und der heiße Durchsetzung, komme was wolle.

"Besonders erschreckt mich, dass die bedrohlichen Erfahrungen in der Asse Norbert Röttgen überhaupt nicht berühren wenn es um Gorleben geht!" erklärt Harms und fordert den Minister erneut auf, endlich einen Besuch in Gorleben und dem Landkreis Lüchow-Dannenberg zu machen. Selbst Angela Merkel habe als Umweltministerin unmittelbar vor einem Castor-Transport ihre Positionen vor Ort vertreten.

Foto: Vorstellung des Versuchsstandes bei der DBE tec im September 2008

 

 

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2010-05-21 ; von Elbmarschpost / asb (autor),

endlager_gorleben  

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