Am Wochenende wurde bekannt, dass Bundesumweltminister Peter Altmaier einen neuen Entwurf für das Endlagersuchgesetz verschickt hat. Im Anschreiben suggerierte er offenbar Einverständnis zwischen den vier Verhandlungsführern - was diese teilweise am Montag auf Heftigste dementierten.
Der Entwurf trägt das Datum 16. Januar 2013 - wurde also vier Tage, bevor Bundesumweltminister Altmaier das Wendland besuchte, gekennzeichnet. Doch erst am Montag wurde der neue Gesetzesentwurf bekannt - durch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung. Es ist auch die Geschichte eines peinlichen Fehlers. Wie die Tageszeitung berichtet, wurde der Kompromissvorschlag mit den Unterschriften von Bundesumweltminister Altmaier, SPD-Chef Sigmar Gabriel, Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann abgeschickt. Damit suggerierte Altmaier Einverständnis aller vier Beteiligten. Doch gegenüber der SZ dementierte Gabriel, überhaupt von dem Brief gewusst zu haben. "Es gibt keinen abgestimmten Gesprächsstand", sagte Gabriel der SZ, "und es gibt auch keine Unterschrift von mir."
Wie der Spiegel berichtet, äußerten sich inzwischen auch der designierte Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil sowie Stefan Wenzel, der voraussichtlich neue Umweltminister des Landes, "befremdet" über den neuen Gesetzesvorschlag. Auch sie erfuhren demnach erst am Montag von dem Papier.
Hier einige Eckpunkte des neuen Gesetzesentwurfes - so wie sie bisher bekannt wurden:
- eine dem Bundesministerium für Umwelt unterstellte "Regulierungsbehörde" soll das Standortauswahlverfahren regulieren. Sie soll die Entscheidungsgrundlagen erarbeiten und die Zulassungen erteilen. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat "als Vorhabenträger die Aufgabe, das Standortauswahlverfahren umzusetzen." Nach Durchführung der (u.a.) Sicherheitsuntersuchungen soll das BfS dann der Regulierungsbehörde einen Standort vorschlagen.
- Es soll ein "Gesellschaftliches Begleitgremium" eingerichtet werden, das plurastisch zusammengesetzt ist. Dieses soll den Prozess "gemeinwohlorientiert" begleiten. Die Mitglieder sollen Einsicht in "alle maßgeblichen Unterlagen der Regulierungsbehörde und des Vorhabenträgers" erhalten. Die Beratungsergebnisse dieses Gremiums werden veröffentlicht und abweichende Stimmen werden dokumentiert. Allerdings ist kein formelles Beteiligungsverfahren wie bei anderen Genehmigungsverfahren üblich und von vielen hiesigen gorlebenkritikern gefordert, vorgesehen. Die Öffenlichkeit soll statt dessen frühzeitig "durch Versammlungen, Bürgerdialoge, über das Internet und andere geeignete Medien umfassend und systematisch" über den Fortgang informiert werden. Das BfS und die Regulierungsbehörde soll dann die Stellungnahmen der Bürger auswerten und Stellung nehmen. Die Ergebnisse der Auswertungen sollen dann bei den weiteren Verfahrensschritten berücksichtigt werden.
Die beteiligten Kommunen sowie der Landkreis sollen nur in bestimmten Fällen beteiligt werden - anders als die zuständigen obersten Landesbehörden sowie die kommunalen Spitzenverbände, die "bei der Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen" zu beteiligen sind.
- Der Salzstock Gorleben wird als "bestehender Erkundungsstandort" auch im neuen Entwurf nicht ausgeschlossen. Ein Ausschluss soll nach dem Gesetzesentwurf erst dann erfolgen, wenn er nicht den im Gesetz festgelegten Kriterien und Vorgaben entspricht. Spätestens zum 01. Oktober 2013 soll die Erkundung des Salzstocks Gorlebens beendet werden.
- Die vorläufige Sicherheitsuntersuchung des (möglichen) Standorts Gorleben wird spätestens mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes "ohne eine Eignungsprognose" eingestellt.
- Über die Anzahl der übertägig und untertägig zu erkundenden Standorte macht der Gesetzesentwurf keine Aussagen. Die Entscheidung darüber haben das BfS und die Regulierungsbehörde zu treffen. Fakt bleibt nur, dass mehrere Standorte untersucht werden sollen.
- Für eventuelle Enteignungsverfahren könnte außerdem interessant sein, dass in dem Gesetz festgeschrieben werden soll, dass die "übertägige und untertägige Erkundung aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses erfolgt."