Die Schlachtzahlen in Steine waren in den vergangenen Wochen deutlich zurückgefahren worden, bis die Bombe platzte: Die Geschäftsführer hatten am Donnerstag, 6. Oktober beim Amtsgericht Uelzen den Antrag auf Eröffnung eines Planinsolvenzverfahrens gestellt. Bei einer Planinsolvenz handelt es sich tatsächlich um eine „geplante Insolvenz“. Dabei wird der Antrag auf Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht direkt mit einem Vorschlag für ein Insolvenzplanverfahren und einem bereits erstellten Insolvenzplan verbunden.
Diese Planinsolvenz wird dabei von einem Sanierer begleitet, der den Insolvenzplan vor Antragsstellung zusammen mit der Unternehmensführung erstellt. Die Gläubiger entscheiden dann über den ausgearbeiteten Insolvenzplan. Der bestellte Insolvenzverwalter tritt nur noch beratend auf. Die alte Geschäftsführung bleibt bei der Planinsolvenz im Amt.
„Durch das Planinsolvenzverfahren soll die Möglichkeit geschaffen werden, notwendige strukturelle Anpassungen für das Unternehmen durchführen zu können, um sich für die Zukunft marktfähig aufzustellen“, heißt es in einer Pressemitteilung von Vogler.
Kevin Ulrich, Geschäftsführer der Vogler Fleisch GmbH & Co. KG, verwies auf den Sachwalter, Rechtsanwalt Ben Djemia aus Herdecken in Nordrhein-Westfalen. Djemia war telefonisch nicht zu erreichen, sein Büro wies darauf hin, dass alle Mitarbeiter „vor Ort“ seien, man werde sich zurückmelden.
Durch das Verfahren sollen für die rund 100 Mitarbeiter umfassende Stammbelegschaft die Arbeitsplätze gesichert werden.
Vogler unterhält in Salzwedel, so heißt es auf der Homepage des Unternehmens, „einen modernen und leistungsfähigen Verpackungsbetrieb für hochwertige Fleischwaren“. Inwieweit das Insolvenzverfahren auch für die Sicherung der Arbeitsplätze im Werk Salzwedel am Güterbahnhof gilt, konnte bisher nicht geklärt werden.
Zur Begründung teilt Vogler Fleisch mit, dass durch „stark angestiegene Rohstoffpreise eine angespannte Liquiditätslage“ entstanden sei. Sprich: dem Unternehmen fehlt Geld, um aufgelaufene Rechnungen bezahlen zu können. Außerdem drohe durch die „Absage eines Investors, der eine Beteiligung angestrebt hatte“, die Zahlungsunfähigkeit, die Geschäftsführer blieben jedoch „im Amt“.
Als Sachwalter solle
Rechtsanwalt Ben Djemia die „Umstrukturierung begleiten, um den
geplanten Fortbestand der Firma zu erreichen“. Konkrete Auskünfte über das Verfahren gibt es bei dem Insolvenzverwalter allerdings nicht. Anfragen bleiben unbeantwortet.
Für die Gemeinde Luckau und auch für den Landkreis hat die Vogler-Insolvenz erhebliche Auswirkungen. Der Gemeinde wird auf erhebliche Gewerbesteuer-Einnahmen verzichten müssen. Bei dauerhaft eingeschränktem Geschäftsbetrieb wird der Landkreis Lüchow-Dannenberg überlegen müssen, ob die zahlreichen angestellten Veterinäre, die ausschließlich im Schlachtbetrieb Vogler tätig sind, weiterhin Angestellte des Landkreises bleiben können - zumal die ausstehenden Gebührenzahlungen für die Veterinärtätigkeit in der Vergangenheit des öfteren ein Fall für die Gerichte waren.
Es wird also nicht nur für die Vogler-Angestellten (sowie die über Zeitarbeitsfirmen eingesetzten Arbeiter) spannend, ob es gelingt, die Gläubiger von dem geplanten Insolvenzverfahren zu überzeugen.
AbL fordert klare Informationen
Der Landesband Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat Vogler aufgefordert, den bäuerlichen Lieferanten und den Beschäftigten klare Informationen über die Ursachen der Liquiditäts-Krise und über die geplanten Sanierungs-Maßnahmen zu geben. Nur dann könne das Unternehmen wieder Vertrauen aufbauen, das derzeit angesichts des Rückgangs auf 20 Prozent der üblichen Schlachtvieh-Zahlen offenbar nicht mehr gegeben sei, heißt es in einer Mitteilung der AbL.
AbL-Vertreter Eckehard
Niemann verwies in diesem Zusammenhang auf eine Pressemitteilung des
Landgerichts Lüneburg, wonach die beim Amtsgericht Uelzen festgestellte
„angespannte Liquiditätslage“ auf gestiegenen Rohstoffpreisen beruhen
sollten. Dies sei angesichts der
langandauernden Niedrigst-Erzeugerpreise für Schweine (weit unterhalb
der Kostendeckung der Schweinehalter) entweder zynisch oder von wenig
Sachkenntnis geprägt, so Niemann.
Auch die 100 Mitarbeiter der Stammbelegschaft (in Vertrieb und Verkauf) und die in Schlachtung und Zerlegung beschäftigten Mitarbeiter, die bei „Personalfirmen“ angestellt seien, bräuchten dringend Informationen über die Lage des Unternehmens und die Zukunft ihrer Arbeitsplätze.
Die AbL betonte, die meisten Landwirten seien am Erhalt von Vogler - als bundesweit fünftgrößtem Fleischunternehmen – schon aus Gründen des Wettbewerbs in der Branche interessiert.
Dies könne und dürfe aber nicht zu Lasten der ohnehin lange gebeutelten Lieferanten gehen – darauf sei beim Insolvenzverfahren besonders zu achten. Die angestrebte „Marktfähigkeit“ müsse auf der Zahlung fairer Erzeugerpreise beruhen und nicht weiter auf Dumping-Billigpreisen.
Genauere Informationen, so die AbL, seien auch im Hinblick auf einen angeblich „abgesprungenen“ möglichen Investor geboten. Die AbL hätten in den vergangenen Wochen mehrere Anfragen aus der Region erreicht, die erstaunt auf eine bei Vogler gehisste chinesische Flagge hingewiesen hätten.
Des weiteren fordert die AbL erneut ein Ende der ruinösen Überproduktion in der Fleischbranche, die durch nicht kostendeckende Exporte in Drittländer noch verschärft werde.
Foto / Björn Vogt: Die wehende chinesische Flagge (li.) auf dem Vogler-Betriebsgebäude in Steine sorgt für Irritationen. War es ein abgesprungener chinesischer Investor, der das Unternehmen in die aktuelle finanzielle Schieflage brachte? Die Antwort auf diese Frage - und das Geschick der zahlreichen Mitarbeiter wurde bisher nicht beantwortet.