Thema: zwischenlager

Von der GNS zur BGZ - was ändert sich außer dem Namen?

Im März hatte die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung den Betrieb im Zwischenlager Gorleben übernommen. Am Dienstag Abend stellten sich die neuen Chefs in Gorleben vor.

Die entscheidende Frage beim Informationstreffen zum Sachstand im Zwischenlager Gorleben stellte ausgerechnet Peter Ward, Betriebsrat im Erkundungsbergwerk: "Was ändert sich denn nun im Zwischenlager?"

Antworten - nicht nur auf diese Frage - gaben im Gorlebener Informationshaus der kaufmännische Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) Lars Köbler, der technische Geschäftsführer Wilhelm Graf sowie der alte wie neue Betriebsleiter Lutz Oelschläger. Alle drei waren bisher in Führungspositionen in der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) tätig, die bis März der Betreiber des Zwischenlagers war. Jochen Flasbarth, derzeit noch Staatssekretär im Bundesumweltministerium (BMUB), ist seit kurzem Vorsitzender Geschäftsführer der BGZ. Zum Termin in Gorleben ließ er sich wegen der aktuell laufenden Klimakonferenz entschuldigen.

Die spontane Antwort von Lars Köbler "Jetzt gibt es höhere Ansprüche an die Sicherheit" gefolgt von dem Satz "Früher stand die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund" löste spürbar große Irritation bei den Anwesenden aus. Wilhelm Graf beeilte sich denn auch, diesen Satz ausführlich zu relativieren. Wirtschaftlich müsse natürlich auch jetzt noch gearbeitet werden, so Graf, aber ein Energieunternehmen müsse "natürlich" ganz anders auf die Wirtschaftlichkeit achten als ein Staatsunternehmen.

So habe die GNS in letzter Zeit keine Neuanstellungen vorgenommen. "Das wird sich jetzt aber ändern", so Wilhelm Graf. Denn, wie Köbler und Graf erläuterten, sollen die Zwischenlager zukünftig  in einem Lagerverbund zusammen arbeiten. Gorleben soll dabei eine neue Rolle als Schulungszentrum bekommen.

Betriebsleiter Lutz Oelschläger beteuerte, dass es in Gorleben "nie einen Investitionsstau" gegeben habe. Wie in den vergangenen Jahren auch, seien ein bis zwei Millionen Euro für laufende Erneuerungen eingeplant.

Gorleben als Zentrum eines Lagerverbunds

Das Zwischenlagerungs-Konzept, so wie Köbler und Graf es vorstellten, sieht vor, dass nach der Übernahme der dezentralen Zwischenläger an den AKW-Standorten (2019 bzw. 2020) durch die BGZ jeweils 10 bis 20 Mitarbeiter an den einzelnen Standorten eingesetzt werden. Im Zwischenlager Gorleben sollen zusätzlich Strahlenschutzfachleute, Techniker, Ingenieure aber auch Handwerksmeister eingestellt werden, die dann in den speziellen Anforderungen eines kerntechnischen Anlage geschult werden sollen. Die Gorlebener Fachleute sollen dann einerseits im hiesigen Zwischenlager für Sicherheit sorgen - aber auch in den dezentralen Lägern unterstützen und beraten.

"Wieviel Personal tatsächlich von der BGZ für den Betrieb der Zwischenläger bereitgestellt werden muss, ist allerdings erst klar, wenn die Gespräche mit den AKW-Betreibern der jeweiligen Zwischenlagerstandorte geführt wurden," so Graf. Bisher ist noch unklar, wieviel Personal die jeweiligen AKW-Betreiber an die BGZ abgeben können. "Wir können erst später feststellen, wieviel Personal am STandort notwendig ist und wieviel wir für die Betreuung aller Läger brauchen," so Graf.

Auch in Gorleben sollen weiterhin Auszubildende eingestellt werden. "Bisher gelang das allerdings nicht sehr gut, weil die Qualität der Bewerber nicht genügte," begründete Wilhelm Graf, warum nur zwei der sechs zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze besetzt wurden. "Dabei haben die Auszubildenden bei uns eine sehr lange Perspektive. Denn je länger es braucht, ein Endlager betriebsfertig zu haben, desto mehr Stellensicherheit gibt es in den Zwischenlägern," womit Graf schon auf den nächsten Punkt der Zwischenlager-Problematik kam: die weit über die genehmigte Lagerungszeit von 40 Jahren hinausgehende Notwendigkeit, Atommüll in Zwischenlagern aufbewahren zu müssen.

Graf und Köbler ist diese Problematik sehr bewusst, aber man werde sich dazu "frühzeitig" abstimmen und Konzepte entwickeln. Womit auch die Frage beantwortet war, ob die BGZ schon Konzepte für die längere Zwischenlagerung hat.

Insgesamt hatten die anwesenden Abgeordneten der verschiedenen Gemeinderäte bzw. des Samtgemeinderates Gartow wenig Fragen an die BGZ-Vertreter. CDU-Fraktionsvorsitzender im Samtgemeinderat, Udo Maury, forderte mehr Transparenz ein. Und Gorlebens Bürgermeister Klaus Hofstetter (CDU) zeigte sich enttäuscht von den Ministerien, "die sich in der Region kaum blicken lassen".

Insgesamt nahmen sich die BGZ-Vertreter rund zwei Stunden Zeit, viele aktuelle Fragen zu thematisieren:

Sicherheitswand

Seit Jahren soll eine hohe Sicherheitswand rings um das Gelände des Zwischenlagers mehr Sicherheit gegenüber Angriffen vom Boden aus bieten. Wie Lutz Oelschläger erläuterte, habe das Vorhandensein von Mehlschwalben das Genehmigungsverfahren für den Bau einer derartigen Sicherheitsmauer sehr verzögert. Die Vogelpopulation musste zunächst umgesiedelt werden. "Nun wird es wohl noch zwei Jahre dauern, bis wir mit dem Bau tatsächlich starten können," so Oelschläger. Nach den letzten Schritten des Planungverfahrens (Umweltverträglichkeitsprüfung und Beteiligungsverfahren) werde wohl allein die europaweite Ausschreibung rund ein Jahr in Anspruch nehmen.

"In der Zwischenzeit," so Oelschläger. "haben wir die Sicherheitsmaßnahmen auf anderer Ebene verstärkt - zum Beispiel mit mehr Personal." Über andere Maßnahmen wollte Oelschläger aus Sicherheitsgründen keine Angaben machen.

Rostfässer

Laut Oelschläger sind inzwischen alle 1309 ERAM-Fässer, die in den letzten Jahren mit Rostschäden aufgefallen waren, inzwischen einer Einzelinspektion unterzogen worden. Ergebnis: es wurden insgesamt 26 korrodierte Fässer gefunden. "Aber: bei den nachfolgenden Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Korrosionsschäden nicht durch die klimatischen Bedingungen in der Halle entstanden sind, sondern im Inneren der Fässer," so Oelschläger. Grund sei die Bauweise. Vor allem die Einbetonierung habe zu den Problemen geführt. Eine weitere Erklärung für dieses Phänomen blieb an diesem Abend offen.

Oelschläger betonte, dass alle Rostschäden von den Gutachtern nicht als sicherheitsrelevant eingestuft worden seien. Die restlichen noch im Fasslager stehenden ERAM-Fässer sollen bis zum Ende der Lagerfrist (Ende 2019) zur weiteren Konditionierung abtransportiert werden.

Klage / Sicherheitsanforderungen des Landes

Noch immer gibt es laut Oelschläger keinen neuen Informationen, ob und wann der Bund die Klage gegen die vom bisherigen Umweltminister Stefan Wenzel verhängten erhöhten Sicherheitsmaßnahmen zurückgezogen wird.

"Inzwischen haben wir schon einige zusätzliche Maßnahmen durchgeführt," erklärte Oelschläger. So seien die Lüftungsklappen dauerhaft verschlossen, ein elektronisches Meteorologie-System sei in jeder Lagergasse installiert sowie ein Konzept für ein periodisches Sicherheitsüberprüfungssystem erstellt worden. Letzteres schließt laut Oelschläger auch die Etablierung eines Alterungsmanagementsystems ein.

Pilotkonditionierungsanlage (PKA)

Ursprünglich war die PKA gebaut worden, um darin die Konditionierung (das Umverpacken für die Endlagerung) des in Gorleben gelagerten Atommülls durchzuführen. Nachdem diese Aufgabe sich erledigt hat, wird die PKA nur noch im Rahmen des Reparaturkonzepts aufrecht erhalten. Sprich: sie wird nur gebraucht, wenn ein Castorbehälter im Zwischenlager Probleme macht und repariert werden muss. "Insofern ist eine betriebsbereite PKA ein Teil der Genehmigung für das Zwischenlager," erläuterte Oelschläger. "Erst wenn es ein anderes Reparaturkonzept gibt und wenn an den dezentralen Zwischenlägern Reparaturkonzepte existieren, wird die PKA womöglich aus dieser Rolle entlassen werden können," schätzte Oelschläger ein. So wird die PKA bis auf Weiteres alljährlich 3,5 bis 5 Millionen Euro an Unterhaltungs- und Wartungskosten verschlingen.

Fotos | Angelika Blank: Das Leuchtschild am Informationshaus verdeutlicht nachts die Unsicherheit, die gegenüber dem neuen Zwischenlagerbetreiber BGZ besteht: Wieviel GNS steckt in der BGZ?

Bild 2: die neue Führungsriege für den Betrieb des Zwischenlagers (von links): der kaufmännische Geschäftsführer Lars Köbler, der technische Geschäftsführer Wilhelm Graf und der Betriebsleiter Lutz Oelschläger. Nicht in Gorleben anwesend war der Vorsitzende Geschäftsführer, (Noch)Staatssekretär Jochen Flasbarth.




Fotos

2017-11-16 ; von Angelika Blank (text),
in 29475 Gorleben, Deutschland

zwischenlager   atommüll  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können