Am Freitag werden die wendlandshorts eröffnet - das wohl kleinste und dennoch so hochklassige Kurzfilmfestival. Schon mehrfach wurden frühere wendland shorts-TeilnehmerInnen später mit dem Student Oscar in Los Angeles ausgezeichnet. Und die Zahl der Max Ophüls Preisträger lässt sich nach 14 Jahren wendland shorts nicht mit einer Hand aufzählen.
Die Themenvielfalt der 15 diesjährigen Wettbewerbsbeiträge ist sehr groß. Identität oder das (Über)leben in einem schwierigen Umfeld sind immer wieder Thema - aber auch große Fragen der Weltpolitik.
Hier drei Beispiele:
Der Kurzspielfilm "Echo" der beiden türkischen Regisseurinnen Hazal Kara und Sezin Ertek. Sie stellen die Frage, ob Mensch sich daran gewöhnen kann, in ständiger Angst zu leben? Ihre Protagonistin, eine Journalistin, die wegen ihres Buches im Gefängnis war, kommt wieder frei, kann aber ihr altes Leben nicht wieder aufnehmen. Der urbane Istanbuler Alltag vermischt sich mit den Traumata der
vergangenen, dunklen Tage. Tage voller Angst und Paranoia. Die beiden Filmemacherinnen wissen, wovon sie erzählen, denn Angst und Selbstzensur begleiten und beeinflussen sie schon lange, wie sie selber sagen.
Um eine andere Art von Freiheit geht es in der Kurzdokumentation "Haeberli" von Moritz Müller-Preißer: Adolf Haeberli hat seit dem Tod seiner Mutter nie wieder aufgeräumt. Er sei schon für Ordnung, doch sollte man sich auf das Wesentliche konzentrieren: Täglich verfasst er zwischen Bergen von Zeitungspapier zahllose Briefe auf seiner klappernden Schreibmaschine. Er kämpft gegen den Politapparat der Gemeinde, alles dreht sich um sein kaputtes Haus, mitten im schicken St. Moritz. Ein Portrait über das Recht auf unordentlichen Eigensinn im Dorf, im Haus und im Kopf.
In "Adisa" greift Simon Denda einen schon lange schwelenden Konflikt in der Entwicklungshilfe auf: Können sich MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen Hilfe leisten, ohne Teil der sozialen Beziehungen zu sein? Welche Rolle spielt Gleichberechtigung in der internationalen Entwicklungshilfe?
Die Geschichte: Susanne (41) muss als EU-Beauftragte nach Kenia reisen, um eine mögliche Hilfe für ein von Terroristen angegriffenes Dorf nahe der somalischen Grenze abzuwägen. Während die Hinterbliebenen auf eine gleichberechtigte Zusammenarbeit hoffen, sind der Termin und die gemachten Versprechungen für Susanne gewohnte real-politische Routine. Doch dabei erkennt sie zu spät die Auswirkungen ihres Auftretens mit einem gepanzerten Konvoi…
Konsequent nahm Denda sein Thema auch in der Arbeit am Film ernst: " Uns war wichtig, dass
wir nicht als Europäer in dieses Land kommen und dort einen Film
über die lokalen Probleme drehen. Wir wollten mit der dortigen
Filmszene arbeiten, uns austauschen und Kritik üben - und zwar an
uns selbst. Denn dieser Film betrachtet und hinterfragt kritisch die
Entmenschlichung durch die „professionellen“ Strukturen des
Westens" .
Die Vorführtermine:
"Echo": Samstag im Block "Shorts III" (ab 14.30 Uh r)
"Haeberli" + "Adisa": Freitag im Block "Shorts I" (ab 19.30 Uhr)
Foto | Moritz Müller-Preißer: Adolf Haeberli lebt nach seinen eigenen Regeln und in seiner eigenen Ordnung.