Der VCD Niedersachsen fordert, die seit November 2022 gesperrte Wendlandbahn schnellstmöglich wieder für den Verkehr freizugeben. Hintergrund ist ein neues Gutachten zu den Ursachen des Eisenbahnunglücks im bayrischen Burgrain im vergangenen Jahr, das zur Streckensperrung auf der Wendlandbahn führte.
Nach Informationen, die der Landkreis kürzlich erhielt, soll die sogenannte "Wendlandbahn"-Strecke erst 2024 oder sogar noch später wieder in Betrieb gehen. Als Grund für die Verzögerungen habe die Bahn demnach nicht verfügbare Auftragnehmer genannt, die die Sanierungsarbeiten am Gleis vornehmen könnten. Auch auf zwei Ausschreibungen hin habe es keine Angebote gegeben, heißt es vom Landkreis. Nicht nur für die Organisatoren der Kulturellen Landpartie eine Katastrophe.
Der Kreistag hatte vor kurzem an die Deutsche Bahn die Forderung gestellt, die Bahnstrecke so schnell wie möglich wieder freizugeben. Nun meldete sich der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zu Wort. Er fordert ebenfalls die schnellstmögliche Freigabe der Strecke - und verweist dabei auf zwei Gutachten.
Der VCD erinnert in einer Mail an ein schweres Eisenbahnunglück in Burgrain, bei dem fünf Menschen starben. Dort waren schnell schadhafte Eisenbahnschwellen als Ursache ausgemacht worden. "Dies führte zu einer bundesweiten Überprüfung von Bahnstrecken, auch der von Lüneburg nach Dannenberg, die bereits seit dem 21. November 2022 gesperrt ist," so der VCD. "Die DB Netz AG hat nun bereits die dritte Ausschreibung auf den Weg gebracht, um ein Unternehmen zu finden, das Instandsetzungsarbeiten auf der Wendlandbahn durchführen möchte - bislang erfolglos." Nach Kenntnis des VCD befürchten Expertinnen und Experten, dass die Wendlandbahn frühestens im Herbst dieses Jahres wieder freigegeben werden könnte, andere gehen sogar davon aus, dass erst nach der Streckenbeschleunigung von 60 auf 80 km/h im Dezember 2028 wieder Züge fahren können.
In dem Zusammenhang verweist der VCD darauf, dass bereits am 20 Juli 2022 Eisenbahningenieure in Zusammenarbeit mit Prellbock Altona e. V. eine wissenschaftliche Analyse vorgelegt hatten, die die Unglücksursache in einer Erosion des Bahndamms - also des Unterbaus - durch einen Wildbach sehen, der vor Jahren wegen des umfangreichen Ausbaus zweier Bundesstraßen sehr nah an den Bahndamm verlegt wurde. "Diese Einschätzung wurde im Februar 2023 durch ein behördliches Gutachten bestätigt, das der Deutschen Bahn vorliegt," heißt es in einer VCD-Meldung weiter. "Diese reagierte sofort, indem sie an der längst wieder instandgesetzten Unfallstelle eine Langsamfahrstelle mit maximal 70 km/h einrichtete, wo sonst mit schweren Lok-bespannten Doppelstock-Personenzügen in Kurvenlage mit 100 km/h gefahren wird."
Für den VCD stellt sich die Frage, ob die Sperrung für die Wendlandbahn überhaupt gerechtfertigt ist oder ob sie kurzfristig aufgehoben werden kann. " Die Bahnstrecke Lüneburg–Dannenberg verläuft fast geradlinig. Sie ist mit der Streckenklasse D4 sehr hoch eingestuft, verfügt also über einen Oberbau, der geeignet ist, auch schweren Güterverkehr aufzunehmen, in diesem Fall die Castor-Transporte ins und aus dem Atommüll-Zwischenlager Gorleben," argumentiert der Verkehrsclub. "Auf der Wendlandbahn fährt auch kein schwerer Personenzug, sondern lediglich ein Triebwagen vom Typ 'LINT' - 'leichter innovativer Nahverkehrstriebwagen'. Die Wendlandbahn wird weder mit 100 km/h noch mit 70 km/h, wie jetzt an der Unglücksstelle, sondern lediglich mit 60 km/h befahren. Die physikalischen Kräfte, die auf den Oberbau wirken, betragen also nur einen Bruchteil derer, die in Burgrain auftreten."
„Wir fordern, dass das Wendland nicht im schlimmsten Fall über Jahre abgehängt und dass die Streckensperrung schnellstens von der zuständigen Behörde überprüft wird“, so Hans-Christian Friedrichs, Landesvorstand beim VCD Niedersachsen.
(Quelle: VCD Niedersachsen)
Foto | Klaus Mayhack: Die Zukunft der Wendlandbahn steht in den Sternen