Der systematische Anbau von Wildpflanzen auf landwirtschaftlichen Äckern fördert nicht nur die Artenvielfalt, sondern liefert auch energetisches Material für Biogasanlagen. Das
ergab ein Praxisprojekt, mit dem drei Jahre lang im Auftrag der
Landesjägerschaft auf 25 ha Praxisflächen in mehreren Regionen
Niedersachsens mit verschiedenen Bodeneigenschaften die ökonomischen
und ökologischen Effekte
des mehrjährigen Wildpflanzenanbaus untersucht worden waren.
Aufgrund dieser Studien teilte Niedersachsens Umweltministerin Barbara Otte-Kinast am Donnerstag mit, dass der mehrjährige Anbau von Wildpflanzen in bestimmten Blühmischungen als
Kultursystem auf Ackerflächen in Niedersachsen künftig gefördert wird.
Ein
entsprechendes Programm bereitet das Niedersächsische
Landwirtschaftsministerium (ML) derzeit gemeinsam mit dem Niedersächsischen
Umweltministerium (MU) vor. "Ziel der Förderung ist die Entwicklung einer
ökologisch wertvollen und gleichzeitig ökonomisch tragbaren Ergänzung zum Anbau
von konventionellen Energiepflanzen," so die Ministerin in einer Mitteilung.
Die Richtlinie soll zum 1. Juli in
Kraft treten. Die Blühmischungen dienen auch dem Schutz der Bienen, deren
Bedeutung als Bestäuber für Biodiversität und Ernährungssicherheit elementar
ist. Darauf macht das ML vor dem Hintergrund des Weltbienentages am heutigen Donnerstag
(20. Mai) aufmerksam.
Förderung durch EU und Land
Neben der von Umweltministerin Otte-Kinast angekündigten Förderung von 500 Euro/ha wurden in der laufenden Förderperiode aus dem EU-Topf für Agrarumweltmaßnahmen (ELER) zusätzlich zur Basisprämie 975 Euro/ha gezahlt. Ab 2023 wird sich die EU-Agrarförderung allerdings grundsätzlich ändern. Vereinbart ist, dass Umweltmaßnahmen in der Landwirtschaft finanziell stärker honoriert werden.
Inwieweit EU- und Landesmittel miteinander kombinierbar sind, wird erst die Landesrichtlinie zeigen. Die Bewilligungsstellen der Landwirtschaftskammern werden demnächst über die Fördermöglichkeiten beraten können.
Eine Alternative zum Maisanbau
Die Landesjägerschaft sah sich nach Vorlage der Ergebnisse bestätigt: „Wir sind von den Potenzialen der mehrjährigen Wildpflanzen absolut überzeugt: Sie fördern die Artenvielfalt und führen zu einer ökologischen Aufwertung der Feldflur – darüber hinaus sind sie in der Lage die Grundwasserqualität zu steigern“, so Josef Schröer,
Der Deutsche Jagdverband ist ebenfalls vom Nutzen des Wildpflanzenanbaus überzeugt. Gemeinsam mit Kooperationspartnern wird geplant, bis 2024 deutschlandweit 500 Hektar Mais gegen Wildpflanzen auszutauschen. Seit dem Startjahr 2019 haben schon 90 landwirtschaftliche Betriebe in sechs Bundesländern insgesamt mehr als 300 Hektar Blühflächen angelegt, berichtet das Landwirtschafts-Fachmagazin topAgrar.
Familie Nieschulze aus St. Omer (Landkreis Uelzen) wird mit ihren 2,4 Hektar Blühflächen auf den eigenen Äckern neben den offiziellen Fördergeldern zusätzlich aus dem „Blühstrom“-Programm des Uelzener Stromunternehmens SVO unterstützt. Kathleen Nieschulze, die das Projekt auf dem Hof koordiniert, sieht die Anlage von Blühstreifen neben der ökologischen Bedeutung auch als gute Möglichkeit, Ackerflächen, die kein großes Potenzial haben, dem Rest der Natur zur Verfügung zu stellen. „Das bringt mehr ein als ein vertrockneter Streifen Weizen,“ so die junge Landwirtin.
Naturschutz vor der eigenen Haustür
Neben dem landwirtschaftlichen Anbau kann schon vor der Haustür viel getan werden, um Artenvielfalt zu erhalten. In Damnatz an der Elbe haben sich rund 153 EinwohnerInnen zu einer „Blühpatenschaft“ zusammengetan.
Die Gemeinschaft hat begonnen, auf gemeindeeigenen Streifen längs ihrer Wirtschaftswege mehrjährige Wildpflanzen-Mischungen auszusäen. Das Projekt hat soviel Erfolg, dass es jetzt ausgeweitet werden soll. „Wir planen auf 25 Abschnitten, also insgesamt fünf Kilometern, Wildpflanzen auszusäen,“ so Damnatz' Bürgermeister Torsten Schulz.
Drei Jahre lang sollen mit Unterstützung von Geldern aus der Bingo-Stiftung die Blühstreifen nach und nach erweitert werden. Für die Betreuung konnten einige Landwirte ins Boot geholt werden. Ortsansässige Imker waren von Anfang an bei den Planungen dabei. Für sie ist besonders interessant, dass Bienen und andere Insekten bis in den November hinein Futter finden.
Foto | lhannemann auf Pixaba: Mehrjähriger Wildpflanzenanbau könnte bald Maisanbau überflüssig machen.