Kartoffeln haben nichts mit Corona zu tun. Sollte Mensch meinen. Doch Pommes und Co. werden kaum noch gefragt, seit Fußballspiele nicht mehr besucht werden können und Restaurants nur noch auf Bestellung liefern dürfen. Die Folge: volle Läger und Preise, die nicht einmal die Herstellungskosten decken.
Restaurants, Imbissbuden und Fastfood-Ketten mussten im Zuge der
Pandemie-Beschränkungen dichtmachen oder können nur auf Bestellung liefern. Großveranstaltungen finden
nicht statt und Fußballspiele können nur im Fernsehen geschaut
werden. Die Folgen sind auch in Bereichen spürbar, an die Mensch
nicht sofort denkt, wenn es um Corona-Folgen geht.
Denn: Überall waren Kartoffeln im Einsatz. Über 400 Millionen
Tonnen Kartoffeln wurden im Jahr 2019 als Pommes frites verzehrt, die
meisten davon außer Haus. Und auch andere Kartoffelprodukte erlitten
massive Einbrüche. Die Fachzeitschrift agrarheute schätzt, dass
allein der Absatz von Chips durch die Corona-Maßnahmen um rund 50 %
zusammengebrochen ist – also noch einmal ein Verlust von rund 35
Millionen Tonnen. Diese gigantischen Verbrauchsverluste bringen
Kartoffelanbauer sowie -verarbeiter in massive Schwierigkeiten.
Fußballspiele und Gastronomie fehlen
Auch Bio-Landwirten wie Monika Tietke aus Groß Breese, die auf
einem großen Teil ihrer Äcker Kartoffeln anbaut, macht diese
Situation schwer zu schaffen. „Wir hängen auf einem Preis, der
gerade einmal die Erntekosten deckt,“ so Monika Tietke, die auch
Geschäftsführerin des Bio-Kartoffel-Erzeuger e.V. ist.
„Bei einem einzigen Fußballspiel wurden von den Zuschauern rund 25 Tonnen Pommes Frites verzehrt,“ so Monika Tietke. „Durch die zuschauerlosen Spiele werden somit Millionen Tonnen Verarbeitungskartoffeln nicht benötigt.“
Für Landwirte, die Speisekartoffeln anbauen, sieht es nicht ganz so düster aus, denn viele Familien kehren seit Beginn der Pandemie vermehrt zu selbstgekochten Gerichten zurück. Doch die Landwirtschaftskammern sehen auch hier die Marktpreise schwer unter Druck. Immerhin fehlt auch hier ein enormer Absatz: 11,6 Millionen Tonnen wurden vor der Pandemie außer Haus verzehrt – zum Beispiel in Kantinen oder Mensen.
Hinzu kommt, dass der Kartoffelmarkt sich in den vorausgegangenen
Jahren so gut entwickelte, dass viele Landwirte ihre Anbauflächen
ausweiteten – was sich im Jahr der Corona-Beschränkungen fatal
auswirkte. Es kam zu einer enormen Überproduktion. Folge: die
Erzeugerpreise für Verarbeitungskartoffeln (z.B. stärkehaltige Kartoffel für Pommes frites) fielen nach den Daten von
agrarheute im letzten Jahr innerhalb kürzester Zeit von 17 Euro auf
weniger als 8 Euro pro 100 Kilo konventionelle angebaute Kartoffeln. Bio-Bauern bekommen zwar mehr Geld für ihre Ware, aber auch sie müssen die Knollen unter dem Erzeugerpreis verkaufen.
Neue Ideen sind gefragt
Eine Krise bietet aber auch die Chance, über neue Wege
nachzudenken. Der Bio-Kartoffel-Erzeuger Verein setzte sich schon vor
der Krise dafür ein, dass einheimische Kartoffeln länger in den
Supermarktregalen verkauft werden und nicht schon früh im Jahr durch
Übersee-Importe verdrängt werden. Seit Jahren arbeitet der Verein
auch daran, die Wertschätzung für Qualitätskartoffeln zu erhöhen.
Für Verarbeitungskartoffeln gilt es wohl, neue Produkte zu
entwickeln, die unabhängig von Veranstaltungen Absatz finden. Die
entstandenen Verluste können aber wohl selbst durch die besten Ideen kurzfristig nicht ausgeglichen werden.
Foto | Angelika Blank: Auf Märkten waren Kartoffelpfannen immer recht beliebt - doch wann es diese Märkte wieder geben kann, steht in den Sternen. Bis dahin werden auch Tonnen von Kartoffeln nicht gebraucht.