Michael Tesch ist Sondengänger. Sinnierend schaut er in die Weite der Seegeniederung, während er Fuß vor Fuß setzt, dabei in regelmässigen Schwüngen seine Sonde schwenkend. Trüb ist der Himmel, immer wieder wehen kalte Windschauer über das Feld und Regen hat die Schollen des abgeernteten Maisackers stark aufgeweicht. Doch der Kaufmann aus Hamburg läßt sich von den widrigen Wetterbedingungen nicht abhalten. Seit dem frühen Morgen ist er schon auf dem Feld unterwegs, um den Archäologen zu helfen. Was treibt ihn an, sich bei Wind und Wetter hinaus aufs Feld zu begeben?
Tesch lacht: „Ja, die Spannung am Hobby und die Liebe zur Archäologe. Das sind die beiden Dinge, die mich bei solchem Wetter hinaus aufs Feld treiben“.
Tesch ist einer von mehreren tausend ehrenamtlichen Sondengängern, die es in ihrer Freizeit treibt, in der freien Natur nach Bodendenkmälern oder anderen historischen Relikten zu fahnden. Dabei arbeiten sie nicht isoliert, sondern im Rahmen von Zusammenschlüssen, wie zum Beispiel der Detektorengruppe Schleswig-Holstein, zu der auch Michael Tesch gehört. In Seminaren und Kursen wurden die Hobby-Archäologen auf ihre archäologische Arbeit vorbereitet, bevor sie vom Landesamt ihre Genehmigung zum Suchen nach Bodendenkmälern bekamen.
Nicht überall sind die Sondengänger so gern gesehen wie in Schleswig-Holstein oder auch Niedersachsen. Michael Tesch findet die Ablehnung durch offizielle Stellen, vor allem in Baden-Württemberg, zwar nicht richtig, kann die Gründe aber nachvollziehen. Denn auch er weiß, dass es leider Viele gibt, die ihren Metall-Detektor lieber zur Schatzsuche einsetzen, als sich in den Dienst der Wissenschaft zu stellen.
Rechtlich gesehen arbeiten die Sondengänger in einer Grauzone: in vielen Bundesländern ist es geradezu verboten, gezielt auf die Suche nach archäologischen Metallfunden zu gehen. Überall aber ist spätestens das Nicht-Abliefern von Funden illegal.
Für Jens Schneeweiß, Leiter der Höhbecker Grabung, sind die ehrenamtlichen Helfer eine notwendige Unterstützung. „Ohne die Mithilfe der Sondengänger wäre der Silberschatz hier am Höhbeck wohl nie gefunden worden. Ich halte es geradezu für die Pflicht eines Archäologen, sich bei der Suche nach historisch bedeutsamen Bodendenkmälern der modernen Hilfsmittel zu bedienen, die zur Verfügung stehen. Wieviele Fundstücke sind trotz sorgfältigster Arbeit schon im Abraum verschwunden, weil man die Erde nur manuell durchgesiebt hat“.
Neben der archäologischen Arbeit sind für Tesch allerdings auch die Funde spannend, bei denen die Signale seines Detektors helfen, persönliche Schicksale aufzuklären. So gelang es ihm zuletzt, die Umstände eines Flugzeugabsturzes im zweiten Weltkrieg aufzuklären und den Angehörigen persönliche Gegenstände des vermissten Piloten zu übergeben.
Wie kann man denn selber zum Sondengänger werden?
Auch da weiß Michael Tesch Rat: „Die örtlichen Landesämter geben Auskunft, ob und wie im jeweiligen Bundesland eine Zusammenarbeit mit den Archäologen möglich ist. Ansonsten kann man sich auch an die Deutsche Interessengemeinschaft der Sondengänger wenden. Hier gibt es Auskünfte über technische Ausrüstungen oder Einsatzmöglichkeiten.“
Doch nun wird Michael Tesch wieder ungeduldig. Zu lange hat man schon in der warmen Stube gesessen. Jetzt möchte er wieder hinaus aufs Feld. Unbedingt muss vor dem nächsten Regen sein „fliegendes Auge“ ausprobiert werden. Keine zehn Minuten später surrt in zehn Metern Höhe ein merkwürdiges fliegendes Objekt, stark an ein UFO erinnernd, über die Grabungsfläche, zwischen seinen vier Propellern mit einer Kamera ausgestattet, das die Fläche von oben fotografiert.
Seit Monaten hat Tesch schon an diesem UFo, einem sogenannten "Mikrokopter" gebastelt - und immer noch gibt es etwas zu verbessern, auszuprobieren und, und, und ... "Das Wunderbare an diesem kleinen Modellflieger ist, dass es höher und weiter fliegt, als man gucken kann. Das gibt uns die Möglichkeit, Fundflächen aus der Höhe aufzunehmen", begeistert sich Tesch.
Der Höhenrekord für die kleinen Flieger liegt im Moment bei ca. 450 Metern - was die Flugaufsicht aber wohl nicht so witzig findet, da dies eine Flughöhe ist, in der sich auch schon mal ein "offizielles" Fluggerät bewegen kann.
Aber auch in Sachen UFO ist Michael Tesch nicht alleine, mit dem Bau und Betrieb von Mikro- bzw. Quadrokoptern beschäftigt sich eine ganze Community. Auf www.mikrokopter.de finden Interessierte, alle Infos, die zum Nachbau notwendig sind, inklusive Freeware der notwendigen Software zur Steuerung von Vogel und Kamera.
Und die Kosten? "Na ja, je nachdem, was an Modulen wie Fernsteuerung, Ladegerät oder Kamera schon vorhanden ist, wird man zwischen 600,-- und 1200,-- Euro ausgeben müssen", so Tesch. Aber dann sei das "UFO" mit ein wenig Geschick nachzubauen.
Luftaufnahme von Michael Tesch.
Fotos: Angelika Blank