Über den umstrittenen Limburger Bischof Peter Tebartz-van Elst und seine teure Residenz ärgern sich auch hiesige Katholikinnen und Katholiken. Und so nahm die Frage „wie geht die Kirche mit ihrem Geld um?“ viel Raum ein während eines Gesprächs, zu dem sich Weihbischof Heinz-Günter Bongartz aus Hildesheim mit Frauen und Männern der katholischen Gemeinde St. Agnes, Lüchow, im Dannenberger Pfarrheim getroffen hatte.
Anlass der Begegnung war aber nicht die Affäre Limburg, sondern die „große Visitation“, zu der sich Bongartz dieser Tage im Dekanat Lüneburg aufhält, unter anderem auch in Uelzen. Bei solchen turnusmäßig alle sechs Jahre stattfindenden Besuchen informiert sich der Weihbischof über das Gemeindeleben und auch über Formelles, wie etwa die Führung der Kirchenbücher. In erster Linie aber, so Bongartz, sei er zum Zuhören gekommen, zum Dialog mit den Christinnen und Christen vor Ort. Vertreten waren sie am Donnerstag in Dannenberg sowohl durch Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand als auch durch weitere interessierte Gemeindemitglieder.
„Bischof kann nicht machen, was er will“
„Ich kann verstehen, dass viele Menschen aufgebracht sind“, sagte der Weihbischof, als aus den Reihen der Versammelten das Thema „Limburg“ angesprochen wurde. „Eine ganze Menge ist dort wohl falsch gemacht worden“, so Bongartz, „sowohl vom Bischof als auch von verantwortlichen Gremien“. Es gebe zahlreiche Vorschriften, wie die Kirche mit den ihr durch die Kirchensteuer anvertrauten Geldern umzugehen hat. „Ein Bischof kann mit dem Geld nicht machen, was er will!“ Es sei verwunderlich, dass die zuständigen Gremien „nicht laut geworden sind“, als es um die Kosten für das Diözesanzentrum in Limburg ging. „In unserem Bistum wäre das nicht passiert“, bekräftigte Bongartz. „Nicht fair“ sei es, von dem Bauprojekt in einem Bistum auf die gesamte Kirche und deren Umgang mit Geld zu schließen.
Reichtum der Kirche ist relativ
Mehrere Teilnehmer der Zusammenkunft nutzten den bischöflichen Besuch, ihrem Unmut über die Schließung der katholischen Kirchen in Clenze und Hitzacker Luft zu machen. Anlass für Heinz-Günter Bongartz, wirtschaftliche Probleme der Kirche anzusprechen. Der Reichtum der Kirche, von dem immer wieder geredet werde, sei relativ. Er bestehe, so der Weihbischof sinngemäß, ja nicht aus flüssigen Mitteln, sondern zum großen Teil aus Immobilien, beispielsweise kirchlichen Gebäuden. Ländereien, die Pachtgeld einbringen, habe das Bistum Hildesheim nur sehr wenige. Und: Ein beachtlicher Teil der Kirchensteuereinnahmen müsse zurückgelegt werden, um Priestern und kirchlichen Mitarbeitern im Beamtenverhältnis – etwa Lehrerinnen und Lehrern - die Ruhestandsbezüge zu sichern.
„Wir werden immer weniger“
Zur Versorgung der Gemeinde mit Geistlichen erläuterte Bongartz: Der entsprechenden personelle Besetzung liege ein Berechnungsmodus zu Grunde, bei dem die Zahl der Kirchenmitglieder und die Fläche des jeweiligen Gebietes eine entscheidende Rolle spielen. Lüchow-Dannenberg sei bei rund 3000 Katholiken mit zwei Pfarrern, von denen einer trotz Ruhestands weiter Dienst tut, verhältnismäßig gut versorgt, bedenke man: Im Raum Wolfsburg mit etwa 36 000 katholischen Christinnen und Christen gebe es nur drei Priester. Es sei zwar verständlich, dass die Gemeinden nach einer guten Ausstattung mit hauptamtlichen Mitarbeitern rufen - mit denen Deutschland zahlenmäßig am besten gesegnet sei - aber: „Wir werden immer weniger!“
Noch zählen im Bistum Hildesheim rund 618 000 Menschen zur katholischen Kirche, informierte der Weihbischof. Nach aktuellen Schätzungen werden es 2025 nur noch 400 000 sein. „Die Gemeinden werden infolge dessen kleiner.“ Diese Entwicklung sei in erster Linie nicht auf Kirchenaustritte zurück zu führen, sondern darauf, dass Menschen nicht mehr wie früher „in den Glauben hinein geboren werden“. Vielen erlebten zu hause und in ihrer Umgebung keinen Bezug mehr zu Kirche und Glauben.
Kritik an Moschee-Bau zurückgewiesen
Die Frage, wie sich dieser Entwicklung entgegen steuern lässt und wie man Menschen wieder für den Glauben gewinnen und ihn an die kommenden Generationen weiter geben kann, nahm breiten Raum ein in der Diskussion. „Unsere Kirche muss interessanter werden“, hieß es beispielsweise, und „es gibt doch viele, die auf der Suche sind nach Sinn“, gab jemand zu bedenken. Wenig Gegenliebe fand eine Anmerkung aus dem Publikum, mittlerweile gebe es immer mehr Moscheen, aber immer weniger Kirchen. Das päpstliche Engagement für den interreligiösen Dialog wurde der „Moschee-Kritik“ ebenso entgegen gehalten wie der Hinweis: Die vielen Muslime, die unter uns leben, haben ein gutes Recht darauf, dass ihnen - ebenso wie den Christen - Stätten zum Leben ihres Glaubens zur Verfügung stehen.
„Authentisch als Christen leben“
Um Menschen für den Glauben zu interessieren und zu gewinnen, sei es wichtig, als Christen und als Kirche „authentisch zu leben“, unterstrich der Weihbischof. Beispiele dafür wurden erörtert, aus der Runde wurde zum Beispiel an das Engagement von Christen erinnert, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen oder auch bei Atommüll-Transporten und Demonstrationen das Pfarrheim offen halten – als Ruhepunkt. „Eine großartige Sache“, lobte der Weihbischof und bemerkte: Kirche solle durchaus politisch sein, wenn auch nicht parteipolitisch. In puncto Oekologie mache Kirche noch zu wenig.
Ein „Authentisch-als-Christen-leben“, bemerkte Pfarrer Hans Günter Sorge, das sei auch in jenen Menschen zu sehen, die immer wieder Strecken von 25 Kilometern und mehr zurücklegen, um in ihrer Gemeinde Gottesdienst zu feiern. Zu den engagierten Christen in Lüchow-Dannenberg zählt auch der Pfarrgemeinderat, der sich, wie Sorge bekannt gab, durch berufene Mitglieder erweitert hat. Es sind als Vertreter der Jugend Agnieszka Depta und Paul Büdenbender, für die Caritas Clemens Jansen und als Repräsentant der Oekumene Eberhard von Plato von der evangelischen Kirchengemeinde Plate.
Die Eindrücke, die er während seiner Visite von der Gemeinde St. Agnes gewonnen hat, fasste Weihbischof Bongartz zusammen: „lebendig und engagiert!“
Foto: Vor dem Gesprächsabend, nach der Heiligen Messe (von links): Pfarrer Hans Günter Sorge, Weihbischof Heinz-Günter Bongartz und Pfarrer Petrus Dams. Foto: Hagen Jung