Am Dienstag teilte Bundesumweltminister Peter Altmaier mit, dass er das umstrittene Frackingverfahren unter strengen Auflagen in Deutschland zulassen wolle. Kritiker werfen Altmaier nun vor, vor der FDP "eingeknickt" zu sein.
Für Bundesumweltminister Peter Altmaier bedeutet seine heutige Entscheidung, dass die Anwendung des Frackingverfahrens "erschwert und eingeschränkt" werde. In Trinkwasserschutzgebieten werde das umstrittene Gasförderverfahren vollständig verboten und vor einer Genehmigung müsse eine strenge Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden. Damit folgt Altmaier einem kritischen Gutachten des Umweltbundesamtes (UBA) aus Oktober 2012.Um die konkreten Auswirkungen bei der Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in Deutschland benennen zu können, fehlte es an wissenschaftlich fundierten Kenntnissen, hatten die Gutachter des UBA im Gutachten festgestellt. "Dies gilt insbesondere für potentielle Auswirkungen auf das Grundwasser," heißt es in dem Gutachten. Eine interdisziplinäre Gruppe von Gutachtern habe nun die Risiken von Fracking mit besonderem Blick auf das Grundwasser untersucht.
Die Gutachter raten davon ab, Fracking derzeit großflächig zur Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen in Deutschland einzusetzen. Da es nach wie vor an vielen Daten zu den Lagerstätten, den Auswirkungen von Bohrungen sowie den eingesetzten Chemikalien mangelt, empfehlen sie stattdessen im Rahmen von behördlich und wissenschaftlich eng begleiteten Einzelvorhaben schrittweises vorzugehen. Weitgehende Transparenz fordern die Gutachter beim Einsatz von Chemikalien. "Über deren Menge und Eigenschaften sollten vollständige Information vorliegen," so die Fachleute in dem Gutachten. "Das gilt im Besonderen für ihr human- und ökotoxikologisches Gefährdungspotenzial. Zudem sollte geklärt werden, ob die Möglichkeit besteht, besorgniserregende Stoffe zu ersetzen." Insofern relevante Daten zu den beim Fracking eingesetzten Stoffen fehlen, kann nach Ansicht der Gutachter auch keine Genehmigung erteilt werden.
Des weiteren hatt e da s UBA geraten, um die Gewässer weitestgehend zu schützen, das Bergrecht so zu ändern, dass die wasserrechtlichen Prüfungen unter Federführung einer dem Umweltministerium unterstehenden Umweltbehörde erfolgen. Die umwelt- und sicherheitsrechtliche Genehmigung und Überwachung bergbaulicher Vorhaben sollte zudem dem Geschäftsbereich der Umweltministerien zugeordnet werden, um einen effizienten Umweltschutz durch eine funktionale und organisatorische Trennung vom Wirtschaftsressort zu gewährleisten.GRÜNE in Niedersachsen: Altmaier knickt vor Rösler ein
Die Ankündigung von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wird von den niedersächsischen Grünen kritisch aufgenommen. Sie werfen Altmaier vor, bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs zur umstrittenen „unkonventionellen Erdgas-Förderung“ gegenüber seinem Kabinettskollegen Phillip Rösler (FDP) „eingeknickt“ zu sein. „Fracking ist eine Gefahr für das Trinkwasser und unsere Böden. Statt sich der Forderung nach einem Moratorium anzuschließen bis die grundsätzlichen Risiken geklärt und Alternativen geprüft sind, erlaubt der aktuelle Entwurf den Einstieg in die großflächige Förderung. Das ist ein Fehler“, sagte der umweltpolitische Sprecher Volker Bajus am Dienstag in Hannover.
Auf den Einzelfall bezogene Umweltverträglichkeitsprüfunge
Bajus erinnerte daran, dass Niedersachsen schon heute Gasförderland Nummer eins sei. Auch der größte Teil des Schiefer-Gases werde hier vermutet. "Deswegen müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die neue Landesregierung bei der überfälligen gesetzlichen Neureglung umfassend beteiligt wird!"
Umweltminister Stefan Wenzel: „Bundesregierung bei Fracking weiterhin auf Schlingerkurs“
„ Die Bundesregierung bewegt sich mit den vorgelegten Regelungen zum Fracking allenfalls seitwärts. Schon nach wenigen Stunden verbreiten die beiden zuständigen Bundesminister unterschiedliche Interpretationen ihrer Einigung in der Öffentlichkeit. Der Schutz der Menschen und der Umwelt steht offensichtlich nicht im Fokus der Bundespolitik“, sagt der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel. Es seien noch zu viele Fragen über die möglichen schädlichen Folgen der Fracking-Technik zu klären und erst dann lasse sich festlegen, unter welchen Bedingungen Fracking in Deutschland möglich sei. Niedersachsen stehe zum Bundesratsbeschluss vom 01. Februar 2013, wonach zunächst die Risiken zu klären seien.
Niedersachsen werde sich darüber hinaus dafür einsetzen, die Beteiligung der Öffentlichkeit auf alle Kavernenspeichervorhaben sowie auf alle Vorhaben zur Versenkung von Lagerstättenwasser im Untergrund auszuweiten. Auch fehlt nach Ansicht von Wenzel eine klarstellende Regelung, wonach das Zutagefördern von Lagerstättenwasser, wie es bei der Erdöl- und Erdgasproduktion anfällt, das Verpressen solcher Wässer in den Untergrund oder das Einbringen von Flüssigkeiten zur Gewinnung von Kohlenwasserstoffen einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf.
Für eine umfassende Beurteilung der Risiken und der technischen Beherrschbarkeit von Fracking fehlen noch grundlegende Informationen. „ Solange Risiken und Auswirkungen auf den tiefen Untergrund, auf Grundwasser, Böden sowie Umwelt und Natur nicht kalkuliert werden können, ist ein Einstieg in die Förderung von unkonventionellem Erdgas nicht akzeptabel.“, so Wenzel. Darin sei er sich mit seinem Kollegen Olaf Lies aus dem Wirtschaftsressort einig.
Beim Fracking werden unter hohem Druck Wasser, Sand und Chemikalien über Bohrungen in den Untergrund eingepresst, um Gesteinsschichten aufzubrechen und darin enthaltenes Erdgas gewinnen zu können. Diese Methode wird in der breiten Öffentlichkeit äußerst kritisch bewertet und stößt in betroffenen Gebieten oftmals auf strikte Ablehnung, weil Verunreinigungen von Grund- und Trinkwasser befürchtet werden.