In ihrer Stellungnahme zum aktuellen Gesetzesentwurf über die Suche nach einem Endlager für Atommüll hat die Deutsche Umwelthilfe heute darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung offenbar vorsehe, Atommüll ins Ausland zu exportieren. Das Bundesumweltministerium dementiert diese Vermutung.
Ohne Not und praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit kündigt die Bundesregierung einen atompolitischen Allparteienkonsens auf, der seit Jahrzehnten nicht in Frage gestellt wurde: Die Atomendlagerung im Inland. Dies teilte die Deutsche Umwelthilfe am Freitag in einer Pressemitteilung mit. Als Anlass dient dabei eine EU-Richtlinie (2011/70/EURATOM), die die Endlagerung im Ausland als Ausnahme zulässt, jedoch keinen Mitgliedstaat dazu zwingt. "Im Entwurf eines 14. Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes will die Bundesregierung die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle im Ausland faktisch als gleichberechtigte Alternative zur Endlagerung im Inland zulassen," so die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf. Gleichzeitig fordert die DUH die Bundesregierung auf, den klaren Vorrang für die Inlandsendlagerung beizubehalten und gesetzlich festzuschreiben.
"Die Bundesregierung rüttelt, ohne dies öffentlich zu thematisieren, an dem bei allen Auseinandersetzungen um die Atomenergie in Deutschland immer wieder bestätigten Konsens, wonach der hochradioaktive Atommüll, der in deutschen Atomkraftwerken entsteht, auch in Deutschland zu entsorgen sei", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann. Er erinnerte daran, dass zuletzt im Rahmen der laufenden Bund-Länder-Gespräche über ein Endlagersuchgesetz Ende 2011 in einem im Konsens verabschiedeten Grundsatzpapier die Endlagerung im Inland explizit festgehalten wurde. Darin heißt es, es entspreche "der nationalen Verantwortung, dass die in kerntechnischen Anlagen in Deutschland angefallenen radioaktiven Abfälle auch in Deutschland entsorgt werden".
Zwar erkläre die Bundesregierung in der Begründung zu der AtG-Novelle, dass sie derzeit keine Atomendlagerung im Ausland plane, doch sei dann "umso weniger erklärbar, warum die Regierung darauf verzichtet, einen klaren gesetzlichen Vorrang der Inlandsendlagerung im Gesetz festzuschreiben", sagte die Leiterin Klimaschutz und Energiewende und Autorin der DUH-Stellungnahme, Rechtsanwältin Cornelia Ziehm. Die EU-Richtlinie selbst wolle den Vorrang der Inlandsendlagerung. Es gebe also keinen erkennbaren Grund, die Auslandsendlagerung "praktische im Handstreich gleichberechtigt neben die Inlandsendlagerung zu stellen".
Die DUH fürchtet, dass die Öffnung der Auslandsoption bei der Atomendlagerung der Bundesregierung dazu dienen werde, im Streit mit den rot-grün bzw. grün-rot regierten Bundesländern wenig Kompromissbereitschaft zu zeigen. Zur Not stehe eine Endlagerung im Ausland - etwa in Russland - zur Verfügung, sobald der Regierungsentwurf Gesetz werde. Voraussetzung sei lediglich ein entsprechendes bilaterales Abkommen über eine "sichere" Endlagerung mit dem betreffenden Staat.
Besonders skeptisch stimmt die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation die Tatsache dass der Vertrag mit dem Abteilungsleiter Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium und früheren Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer erst kürzlich trotz Erreichen der Altersgrenze um drei Jahre verlängert worden ist. Der Gesetzentwurf wurde unter Hennenhöfers Federführung erstellt.
Hier finden Sie die DUH-Stellungnahme: http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2997