Symbolbedingte Schwere und hoffnungsfrohe Leichtigkeit: Beides vereint ein 2,60 Meter hohes Holzkreuz, das zurzeit in der katholischen Kirche St. Agnes in Lüchow zu Gast ist. Der Tischlermeister Roland Krautwald aus Wunstorf bei Hannover hat es geschaffen, bringt es Gemeinden zu besonderen Anlässen. In Lüchow ist dies die bevorstehende 100-Jahr-Feier des Gotteshauses.
Kräftig aber nicht wuchtig steht das Kreuz im Altarraum. Den Balken, aus denen er es konstruierte, hat Roland Krautwald Gedanken zugeordnet. Die Holzelemente verkörpern die Generationen – ihre Begegnungen und ihre Wege, die sich kreuzen. Die vertikalen Balken stehen für das Privatleben, die quer verlaufenden für Schule und Beruf.
Wer die vergoldeten quadratischen Metallplatten auf dem Kreuz zählt, gelangt zur Zwöf – eine Zahl, die sehr häufig in der Bibel zu finden ist, von Jakobs Söhnen über die Stämme Israels bis hin zu den Aposteln. Auf sie hat Roland Krautwald die Platten bezogen, dies verrät eines der Metallstücke, das im Gegensatz zu den anderen schräg steht, „umgekippt“ ist: Symbol für Judas Iskariot, den Jünger, der Jesus verriet.
Handwerk und Glauben verbunden
„Ich wollte schon immer die handwerkliche Tätigkeit mit meinem Glauben verbinden“, sagt Roland Krautwald zur Motivation, die ihn das Kreuz schaffen ließ. Es ist nicht das einzige sakrale Werk, das unter den Händen des Wunstorfers entstand. So hat er beispielsweise ein Altar-Board gebaut und drei Kreuze, die im evangelisch-lutherischen Kirchenamt seiner Heimatregion im Sitzungssaal an die drei christlichen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung gemahnen. Ein Zeichen für die positive Einstellung des katholischen Tischlermeisters zur Oekumene.
2014: St. Agnes besteht seit 100 Jahren
„Ein Kreuz geht auf Reisen“: Das hat Roland Krautwald jener Arbeit zugeschrieben, die vorübergehend in der Lüchower Kirche die Blicke auf sich zieht. Schon vielerorts hat das Kreuz mittlerweile Station gemacht. Präsent war es etwa bei Patronatsfesten, Freizeiten, besonderen Gottesdiensten, Firmvorbereitungen. Das Besondere, das es nun nach Lüchow führte, ist zum einen das 100-jährige Bestehen der Kirche St.Agnes in der Hindenburgstraße, zum anderen die Erinnerung an den Zuzug der ersten Katholiken ins Kreisgebiet vor 150 Jahren. Beide Jubiläen wird im kommenden Jahr mit einem interessanten Programm gefeiert.
Offen für viele Gedanken
So wird Roland Krautwalds Kreuz noch geraume Zeit in der Kirche stehen. Es lädt zum Betrachten ein, zum Wecken ganz eigener Gedanken. Wer über den Glauben nachsinnt, wird in der Offenheit des Kreuzes vielleicht dessen Möglichkeit zum „Durchblick“ schätzen, die Sicht auf die Welt - und dies mit der positiven Begegnung von Glaube und Vernunft assoziieren. Trauernden, die das Kreuz in ihrer aktuellen Situation vor allem als Zeichen des Todes sehen, kann die Transparenz des Werkes vermitteln: Im christlichen Glauben ist angesichts der Auferstehung Jesu begründete Hoffnung auf das ewige Leben - über den irdischen Weg hinaus. Das „Kreuz auf Reisen“ ist für vieles offen. Hagen Jung
Foto: In der St. Agnes-Kirche in Lüchow ist dieses Kreuz zu sehen. Foto: Roland Krautwald
