Die diesjährige Herbsttagung des Heimatkundlichen Arbeitskreises Lüchow-Dannenberg (HALD) am 4. und 5. Oktober 2014 greift ein für eine heimatkundliche Tagung auf den ersten Blick vielleicht überraschendes Thema auf: Kriminalität und Kapitalverbrechen.
Anlaß für diese Tagung, die der HALD in Zusammenarbeit mit dem Museum Wustrow und dem Institut für Rechtsmedizin (IfR) am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), Hamburg, durchführt, ist das Erscheinen des sechsten Bandes der Wustrower Museumsschriften "Tod im Wendland" im Frühjahr dieses Jahres – zehn Jahre nach der Ausstellungsreihe des Museumsverbundes Lüchow-Dannenberg „… mitten wir im Leben …“ und der ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Museum Wustrow durchgeführten Herbsttagung 2004 „Tod im Wendland“.
Wer sich intensiver mit der Geschichte beschäftigt, der weiß, dass Verbrechen und Strafe nicht nur in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichtswissenschaft durchaus häufig behandelt wurden. Das liegt weniger an den aus heutiger Perspektive oft grausamen Formen der Bestrafung, sondern im Wesentlichen daran, dass Rechtsaufzeichnungen sowie Gerichts- und Prozessakten sozial- und kulturgeschichtlich äußerst aufschlussreiche Einblicke in die Lebensverhältnisse und das Verhalten von Personengruppen und Schichten ermöglichen, die sonst kaum in den Quellen erscheinen. Überraschend am Thema der HALD-Tagung mag auch sein, dass sie sich nicht mit der fernen Vergangenheit, sondern in erster Linie mit Ereignissen der Gegenwart befassen wird.
Das Anliegen der Vorträge am Samstag (4. Oktober) besteht darin, das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure und Institutionen bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen darzustellen. Dabei liegt das Augenmerk einerseits auf den neuen naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden, andererseits auch auf der psychologischen Dimension der Deutung von Fallmustern (Operative Fallanalyse). Zudem werden unkonventionelle Herangehensweisen, die wesentlich durch das Internet möglich geworden sind, einbezogen. Egänzend wird die „Aufklärung“ eines historischen Kriminalfalls aus dem 17. Jh. dargestellt und das Wirken der Rechtsmedizin in der Anthropologie und Archäologie – was für Historiker interessant und neu sein mag – erläutert. Weiter geht es um die Tötungskriminalität im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Der Vortrag von Detlef Ziech zu den Göhrde-Fällen 1989 dient auch der Vorbereitung der Exkursion am Sonntag. Am Sonntag werden einige Tatorte der besprochenen Kriminalfälle im Rahmen einer Exkursion besucht. Hierbei stehen die "Göhrde-Morde" im Vordergrund.
Das Tagungsprogramm im Überblick
Samstag, 4. Oktober 2014 (Tagungsort: Gemeinschaftshaus Wustrow, Fehlstr. 35)
10:00 Uhr | Wolfgang Jürries (HALD), Begrüßung
10:15 Uhr | Dr. Rolf Meyer, Wustrow (Museum Wustrow), Das Projekt „Tod im Wendland“
11:00 Uhr | Kaffeepause
11:15 Uhr | Prof. Dr. Klaus Püschel, Direktor, Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, „Rechtsmedizin im Wendland“, anschl. Diskussion
12:30 Uhr | Mittagspause
Nachmittag (I): Rechtsmedizinische Arbeitsmethoden bei Todesermittlungen und die Suche nach dem Täter
14:00 Uhr | Dr. Axel Gehl, Medizinaldirektor, IfR, Hamburg, „Blutspuren-Analyse“
14:30 Uhr | Dr. Eilin Jopp, IfR, Hamburg, „Forensische Anthropologie und Archäologie“
15:00 Uhr | Jens Vullgraf, EKHK, LKA Schleswig-Holstein, „Operative Fallanalyse / ‚Profi ling‘, die kriminalpolizeiliche Praxis“, anschl. Diskussion
15:30 Uhr | Kaffeepause
Nachmittag (II): Tötungskriminalität im Landkreis Lüchow-Dannenberg
16:00 Uhr | Hellmuth Feilke, Regionalforscher, Wolfsheim, „Das Käseordal von Püggen [1638]“
16:30 Uhr | Helmut Montag, KHK, Lüchow, „Der Fall N.“, Penkefi tz, 1960er Jahre
17:00 Uhr | Detlef Ziech, KHK, Kripo Lüneburg, „Die Göhrde-Morde – 25 Jahre und (k)ein Ende?“
17:30 Uhr | Dipl.-Kfm. Jens Fuhrmann, MBA, Lüneburg, „Internetforen am Beispiel der Göhrde-Morde“, anschl. Diskussion
Sonntag, 5. Oktober (Exkursionstag)
Orte des Geschehens
09:00 Uhr | Kieskuhle Güstritz – Der Fall Johanna Köhler [1950], Erläuterung Rolf Meyer
Treffpunkt: Abzweig Straße Richtung Satemin (bei Lüchow), Landesstraße Lüchow-Clenze
11:00 Uhr | Die Göhrde-Morde 1989, Erläuterungen durch Vertreter der Rechtsmedizin, der Kriminalpolizei u.a.
Treffpunkt: Revierförsterei Röthen (am Ortsanfang Oldendorf/Göhrde links abbiegen, ca. 2 km Richtung Himbergen)
ca. 12:30 Uhr | Mittags-Imbiss, Kenners LandLust, Dübbekold/Göhrde
ca. 14:00 Uhr | Fall-Analysen: Täter, Tatort, Thesen – ein Meinungsaustausch über die ungelösten Fragen der Göhrde-Fälle mit Impuls-Statements der verschiedenen Fachvertreter.
15 Uhr | Kaffeetrinken und Abschlussbesprechung im Naturum Göhrde, Waldmuseum
Weiteres Infos zum Tagungsablauf: Der Tagungsbeitrag beträgt 10,00 € und beinhaltet den Kaffee bzw. Tee zur Kaffeepause am Samstagvormittag. Die Kosten für die Mittagsimbisse an beiden Tagen und für Kaffee und Kuchen an beiden Nachmittagen müssen individuell beglichen werden. Für die Exkursion am Sonntag sollten Fahrgemeinschaften gebildet werden. Die Ortsbegehung erfordert die Bereitschaft zu einem Fußmarsch. Derbes Schuhwerk und wetterfeste Kleidung sind notwendig. Die Teilnehmerzahl für die Exkursion am Sonntag ist begrenzt (Datum der Anmeldung entscheidet). Aufgrund der örtlichen und organisatorischen Gegebenheiten ist eine unangemeldete, spontane Teilnahme nicht möglich.
Anmeldung: Eine Anmeldung zur Tagung ist zwingend erforderlich. Bitte melden Sie sich postalisch oder per E-Mail bis zum 29. September 2014 an: HALD, Wolfgang Jürries, Im Anger 6, 29439 Lüchow, Tel.: 05841-6396 (auch AB), E-Mail: wolfgangjuerries@gmx.de oder Dr. Rolf Meyer, Blumenthalstraße 3, 29462 Wustrow, Tel.: 05843-429 (auch AB), Fax: 05843-9994, Email: rha.meyer@t-online.de
Das Museum Wustrow ist eins von dreizehn Museen in Elbtalaue und Wendland und Mitglied im Museumsverbund Lüchow-Dannenberg e. V.
Foto: Sezierkoffer der Rechtsmedizin.