Wider die Wegwerfmentalität wirkt künftig in Dannenberg das „Reparatur-Café“ in der Langen Straße 16 im Tiefgeschoss der Regionalen Markthalle (früher Ihr Platz und Hadi). Die von Ehrenamtlichen angebotene Werkstatt öffnet erstmals am Samstag, dem 18. Januar, von 10 bis 13 Uhr ihre Türen
„Eisenbahn kaputt – Heile machen!“ Traurig hält Karlchen die Lok in der Hand, die nicht mehr fahren will. Papa will helfen, den Fehler suchen, doch das Spielzeug lässt sich nicht öffnen, hat „ganz komische“ Schrauben, in die weder Kreuz- noch Schlitzschraubendreher passen. Das Weihnachtsgeschenk wegwerfen? Neue Lokomotive kaufen? Das ist nicht notwendig, denn im Dannenberger Reparatur-Café in der Langen Straße 16 - früher Ihr Platz und Hadi - bekommt der Papa – nach Anmeldung seines Reparaturbesuchs - nicht nur das Spezialwerkzeug, sondern auch das Know-how zum Beheben des kleinen Fehlers. Dazu steht ihm Elektrofachmann Lars Gauster zur Seite. Er hatte bereits seit geraumer Zeit „Hilfe zur Selbsthilfe“ angeboten, etwa Besitzern alter, aber lieb gewonnener Elektrogeräte, die einfach „zu schade“ für den Schrottcontainer waren.
Wenn der Drahtesel streikt
Man könnte das Selbsthilfe-Angebot doch über den Elektronik-Bereich ausdehnen, dachte sich Gauster – und fand Mitstreiter, die rasch von der Idee begeistert waren und sie nun verwirklicht haben. So zum Beispiel die pensionierten Pädagogen Hellmut Albers und Martin Stark, denen die Arbeit mit Holz besonders liegt, oder den Maschinenbau-Ingenieur Hartmut Peter sowie Matthias Kratzmann, als Zweiradmechaniker immer dann gefragt, wenn der Drahtesel „nicht mehr will“.
Die Idee war geboren, nur fehlten erschwinglich anzumietende Räumlichkeiten. Hilfe fanden die Helfer schließlich bei Ursula Fallapp vom Stadtmarketing. Sie vermittelte dem Reparatur-Team das leer stehende Souterrain der Regionalen Markthalle
Gegen die Wegwerfmentalität
Der Gedanke, Hilfe zur Selbsthilfe bei Reparaturen anzubieten, stammt aus den Niederlanden, berichtet Hellmut Albers. Auch dort steuern engagierte Leute der Mentalität „wegwerfen und neu kaufen“ entgegen. Wohl nicht ganz zu Unrecht werde der Vorwurf erhoben, dass die Industrie den „Wegwerftrend“ durch bewusste vorzeitige Alterung oder Sollbruchstellen ihrer Produkte fördert.
Hilfe für Hocker und Hose
Oft aber lassen sich auch solche Geräte mit wenigen Handgriffen und kostengünstigen Ersatzteilen wieder funktionsfähig machen. Wie und womit, das erfahren reparaturfreudige Menschen künftig in dem ganz speziellen Dannenberger Café. Was zur Reparatur mitgebracht werden kann? „Die Spanne reicht vom Hocker mit dem wackeligen Bein über Kassettenrecorder und Nachtischlampen und Spielzeug bis zum Fahrrad“, umreißt Hellmut Albers die Palette. „Und auch im Fall einer kaputten Hose steht eine Fachkraft der Reparatur beratend und helfend zur Seite“.
"Alles, was einer tragen kann"
Wie groß darf denn ein defektes Teil sein, das in die Café-Werkstatt soll? !Alles, was eine Person allein tragen kann“, sagt Albers. Und noch eine Einschränkung gibt es: Im Gegensatz zu einer professionellen Werkstatt wird im Reparaturcafé keine Gewährleistung einer Arbeit gegeben, denn die Hilfesuchenden erhalten ja nur eine Hilfe zur Selbsthilfe. „Laut Hausordnung ist eine Haftung der Helfer ausgeschlossen – das müssen die Hilfesuchenden per Unterschrift anerkennen“, besagt eine Mitteilung der Werkstatt-Initiative.
Keine Konkurrenz für Betriebe
„Keinesfalls wollen wir dem ansässigen Handwerk Konkurrenz machen“, betont Lars Gauster. Oft seien es ja gerade die „kleinen Sachen“,die eine reguläre Werkstatt nur belasten würden. Ist deren Hilfe angebracht, werden die Besucher des Cafés darauf aufmerksam gemacht und auf entsprechende Fachbetriebe hingewiesen.
Werkzeug und Engagement gern gesehen
Die Hilfe im Café ist grundsätzlich kostenlos. Ersatzteile müssen die Besucher selbst beschaffen und bezahlen. Wo es die Teile gibt, weiß das Café-Team. Erwünscht ist jedoch eine Spende, immerhin opfern die Helfer nicht nur ihre Zeit, sondern bringen oft auch ihre eigenen Werkzeuge und Hilfsmittel mit in die Lange Straße. Auch freut man sich im Café über gespendete Werkzeuge, Bauteile und Hilfsmittel, Leim etwa oder Kontaktspray. Ebenfalls sehr willkommen sind Einrichtungsgegenstände wie gebrauchsfähige Tische, Stühle und Schränke. „Und natürlich sind alle technisch Interessierten aufgerufen ihr Fachwissen, ihr Engagement und ihre Zeit für den guten Zweck mit einzubringen“, appelliert das Team.
Reparatur nur nach Anmeldung
Voraussichtlich wird das Reparatur-Café - es ist unter diesem Namen auch auf Facebook präsent - im Abstand von vier Wochen samstags von 10 bis 13 Uhr öffnen. Wichtig: Die Reparaturen müssen angemeldet werden, und zwar unter Telefon (0 58 61) 41 50. Dort ist auch näheres über das neue Angebot in Dannenberg zu erfahren.
Foto: Beim Einrichten des Reparatur-Cafés (von links): Hartmut Peter, Lars Gauster, Hellmut Albers, Martin Stark und Matthias Kratzmann. Foto: Hagen Jung