Thema: waffen

9500 private Waffen abgegeben - 13 000 Dienstwaffen in die USA verkauft

Seit dem Amoklauf von Winnenden sind in Niedersachsen insgesamt 9500 Waffen aus Privatbesitz freiwillig bei der Polizei abgegeben worden. Darunter sind 700 Waffen, die ihre ehemaligen Besitzer illegal erworben hatten. Dies teilte der Niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann am Montag in Hannover mit.  Doch in den Jahren 2007/2008 sind rund 13000 ausgemusterte Dienstwaffen in die USA exportiert worden.

Innenminister Schünemann hatte im April die Abgabe von Waffen initiiert und das Verfahren zur Abgabe und Vernichtung der Waffen geregelt. Der Minister sagte am Montag in Hannover, die über mehrere Monate laufende Aktion des Landes zur Abgabe von Waffen sei ein voller Erfolg. Vor Ort hatten Waffenbehörden und Polizei für die Abgabe von Waffen geworben und einen gebührenfreien Abholservice sowie eine kostenlose Vernichtung angeboten. In Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften konnte in der Regel die Einstellung von Ermittlungsverfahren bei Abgabe illegaler Waffen in Aussicht gestellt werden. Nach entsprechenden Aufrufen in den Medien wurden bis Juli über 700 illegale Waffen abgegeben. Das sind fast so viele illegale Waffen, wie bei der (gesetzlichen) Amnestiereglung 2003 abgegeben wurden (2003: 790 illegale Waffen).

Nach Aussagen des Innenministeriums ergab die Auswertung der Abfrage auch einen interessanten Einblick in die Motivlage. "Die Bereitschaft Waffen abzugeben, steht nach Auskunft der Waffenbehörden in einem engen Zusammenhang mit der möglichen Überprüfung einer sicheren Aufbewahrung der Waffen und der damit verbundenen Anschaffung eines geeigneten Tresors", so Schünemann. Damit wurde die Einschätzung des Innenministers bestätigt, dass die reine Möglichkeit der Überprüfung zu einer Verhaltensänderung bei Waffenbesitzern führen würde. Mit der Änderung des Waffengesetzes ist nunmehr am 25. Juli eine Amnestieregelung (vergleichbar der Regelung 2003) in Kraft getretenen. Danach wird nicht wegen unerlaubten Waffenerwerbs und -besitzes bestraft, wer die Waffen bis zum 31.12.2009 bei der Waffenbehörde oder der Polizei abgibt oder einem Berechtigten überlässt.

2,8 Mio. Euro Landeseinnahmen durch Waffenverkäufe

Die Waffen in privaten Haushalten reduzieren sich also weiter. In den Jahren 2007 und 2008 allerdings sind rund 13 000 ausgemusterte Polizei-Dienstwaffen über den Hersteller Heckler + Koch zurück gekauft und an eine Tochterfirma in den USA exportiert worden. Das Land Niedersachsen hat bei diesen Verkäufen rund 2,8 Mio. Euro eingenommen.

Die Linke im Landtag wollten in einer kleinen Anfrage wissen, warum die alten Polizeiwaffen nicht ebenso vernichtet worden sind, wie es mit den Waffen aus Privatbesitz vorgesehen ist. In seiner Antwort erklärte nun Inneminister Schünemann Ende August, dass diese Einnahmen „als ein wesentlicher Baustein zur Deckung des Investitionsbedarfs" aufgeführt werden. Nach der Umstellung auf einen neuen Dienstwaffentyp wurden laut Schünemann seit April 2002 bislang insgesamt 14.390 ausgesonderte Waffen veräußert. „In den Jahren 2007 und 2008 wurde der weitaus größte Teil (13.000 Waffen) von der Herstellerfirma Heckler & Koch als Höchstbietendem zurückerworben und an eine Tochterfirma in den USA exportiert. Daneben wurden kleine Kontingente an die Polizeien der Bundesländer Bayern (880 Waffen) und Sachsen (95 Waffen) zur Ergänzung der dortigen Bestände veräußert. Im Umfang von 415 Stück wurden Waffen an gemäß Waffengesetz berechtigte Polizeivollzugsbeamte abgegeben“, so Schünemann in seiner Antwort.

Aus Gründen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit seien die Waffen nicht vernichtet, sondern zu ihrem vollen Wiederverkaufswert ausschließlich an Berechtigte abgegeben worden. „Desweiteren ist die Lieferung der für die USA bestimmten Waffen auf der Basis von Endverbleibserklärungen durchgeführt worden“, so Schünemannn weiter. Sprich: die Waffen müssen in den USA bleiben, können dort aber nach nationalen Waffenverkaufs-Richtlinien frei veräußert werden.

Recht oder Moral?

Die Landtagsgrünen haben Innenminister Schünemann aufgefordert, den Verkauf gebrauchter Waffen aus den Beständen der niedersächsischen Polizei sofort einzustellen. Der innenpolitische Sprecher Ralf Briese sprach von einem "verwerflichen Vorgehen". "Was für ein Irrsinn: Die Bürger werden zur freiwilligen Ablieferung ermuntert und der Staat verhökert Schießeisen! Mit seinem Waffenhandel konterkariert Schünemann die intensiven Bemühungen für eine Gesellschaft ohne Waffen", sagte der Grünen-Politiker am Freitag in Hannover. Mit einer Kleinen Anfrage verlangen die Grünen Aufklärung über die Waffengeschäfte und wollen wissen, ob sichergestellt ist, dass die weiteren Verkaufswege nachverfolgt werden können.

Der Handel sei allein schon deshalb "skandalös", da niemand ausschließen könne, dass mit ehemaligen "Staatswaffen" schwere Straftaten verübt werden. Es sei inakzeptabel, dass Schünemann mit der Legalität des Handels argumentiere. "Ein Innenminister der nicht zwischen Recht und Moral unterscheiden kann, ist eine Fehlbesetzung", sagte Briese. "Rechtlich mag der Waffenverkauf zulässig sein – moralisch ist er eine Schande. Ein Innenminister hat für Sicherheit zu sorgen; das passt nicht mit Waffenhandel zusammen."

Der Grünen-Politiker kritisierte auch die Rechtfertigung des Waffenverkaufs mit der Landeshaushaltsordnung (LHO). Die LHO sei "kein in Stein gemeißeltes Gesetz", sondern könnte jederzeit problemlos geändert werden, sagte Briese.
Auch die Linke wird sich für einen sofortigen Verkaufsstopp der ausgemusterten Waffen und deren Verschrottung einsetzen.

Foto: zurückgegebene private Waffen/Polizei Lüneburg

 

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2009-09-04 ; von Angelika Blank (autor),

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