Jan Stehn zu dem Vorwurf, das Projekt Dannenberg/Dömitz würde sich nicht rechnen
Was in vielen anderen ländlichen Regionen längst zum Standard-Angebot gehört, erprobt der Landkreis Lüchow-Dannenberg nun seit drei Jahren an einer kleinen Buslinie: den Rufbus. Wer von Dannenberg nach Dömitz will, kann bei der Firma „Christ“ (Telefon: 0 58 61 - 20 48) zu täglich fünf (am Wochenende drei) Abfahrzeiten zwischen Dannenberg und Dömitz einen Bus bestellen. Die Meinungen zu dieser länderübergreifenden ÖPNV-Verbindung gehen auseinander. Was für den Fahrgast-Rat einen Erfolg darstellt, das bewerten andere als viel zu teuer. So überschrieb die „Elbe-Jeetzel-Zeitung“ ihren Artikel zur Auswertung des 3. Erprobungsjahres: „Fahrt durch Rufbus viel teurer“.
Doch bevor wir uns die Zahlen einmal genauer anschauen, ein kurzer Blick auf die Vorgeschichte – ohne die ist das ganze Projekt nicht richtig einzuschätzen. Bis 2005 wurde die Buslinie zwischen Dannenberg und Dömitz von der Ludwigsluster Verkehrsgesellschaft (LVG) gefahren. In der Öffentlichkeit war diese Linie kaum bekannt, sie tauchte nicht einmal in den Fahrplaninformationen des Landkreises auf. Praktisch diente sie nur der Schülerbeförderung. Pro Jahr wurden 21 000 Kilometer gefahren, was der LVG jährliche Betriebskosten von 55 000 Euro und einen Verlust von weit über 20 000 Euro bescherte. Auf Initiative des Fahrgast-Rates startete die landkreiseigene Lüchow-Schmarsauer-Eisenbahngesellschaft (LSE) dann nach einem Jahr Stillstand Ende 2006 mit der Erprobung eines Rufbus-Angebots auf dieser Relation.
Wie haben sich nun dadurch die Kosten entwickelt? Im ersten Jahr wurden 5 500 Euro, im zweiten Jahr 6 600 Euro und jetzt, im dritten Jahr, 17 200 Euro Fahrkostenzuschuß vom Landkreis und den Städten Dannenberg und Dömitz aufgebracht. Diese Kostensteigerung hat einen erfreulichen Hintergrund: Die Fahrgastzahlen haben sich gegenüber den ersten beiden Jahren (mit 390 und 420 Fahrgästen) im dritten Jahr (960) mehr als verdoppelt.
Hintergrund: Der Fahrgast-Rat hatte eine Verbesserung des Fahrplanangebots angeregt und mit geringen Mitteln eine kreative Werbung aufgelegt. Angeboten wird jetzt eine jährliche Fahrleistung von 44 000 Kilometern, von denen ein Viertel tatsächlich gefahren wurden. Denn das ist ja der große Vorteil des Rufbusses auf nachfrageschwachen Linien: Bezahlt werden müssen nur die tatsächlichen Fahrten – überflüssige Leerfahrten entfallen und belasten weder Umwelt noch Geldbeutel.
Nichtsdestotrotz drängt sich die Frage auf: Werden die Kosten in den nächsten Jahren weiter so steigen? Da kann ich beruhigen: Erstens konnten durch eine Neuausschreibung die Betriebskosten um ein Drittel gesenkt werden, und zweitens werden die für 2010 zu erwartenden 1 500 Fahrgäste das Angebot zunehmend besser ausnutzen. Die zusätzlichen Fahrgast-Einnahmen decken fast schon die Kosten für die dafür notwendigen zusätzlichen Fahrten. Das ist nämlich der ökonomische Clou des Rufbusses: Der Start ist mit geringen Kosten möglich, bei positiver Entwicklung steigen diese dann proportional zu den Fahrgastzahlen, um sich in der dritten Phase der Entwicklung auf einem immer noch kostengünstigen Niveau zu stabilisieren.
Die PVGS, die Busgesellschaft des Altmarkkreises, hat das verstanden und in unserem Nachbarkreis ein – verglichen mit unseren wend-ländischen Verhältnissen – traumhaftes ÖPNV-Angebot realisiert: Seit Sommer 2008 wird dort eine Kombination von Hauptbuslinien und flächendeckendem Rufbusangebot gefahren, das die Menschen von jedem kleinen Ort abholt: mindestens im Zweistundentakt, von früh morgens bis abends gegen 22 Uhr. Und dies auch sonntags und an anderen schulfreien Tagen.
Ein Erfolg: Die Anmeldungen für den Rufbus sind inzwischen auf 4 000 im Monat gestiegen. Eine Rufbuszentrale ist von 6 bis 22 Uhr besetzt, nimmt die Wünsche entgegen und koordiniert den Fahrzeugeinsatz. Faszinierend ist, daß dies im wesentlichen kostenneutral bleibt: Einsparungen im Bereich der Standardlinien wurden für den Rufbus nutzbar gemacht – ein Konzept, das der Fahrgast-Rat den Verkehrsplanern in Lüchow schon seit Jahren vorschlägt.
Auch die Wirtschaft in Dömitz sieht die Attraktivität des ÖPNV: Das Dömitzer Panorama-Café und das neue Dömitzer Kaufhaus fördern die Anreise ihrer Gäste mit dem Rufbus und spendieren jedem Fahrgast eine Tasse Kaffee.
Rufbus zu teuer? Er ist auf Dauer die billigste Variante des ÖPNV, die wir kennen. Und so richtig teuer wird es erst, wenn wir blind gegenüber den Klimaschutz- und Energieprognosen weiter eingleisig nur in Straßenverkehr und Autos investieren.
Millionen für die Straße, aber kein Geld für die Wendlandbahn
Eine Verkehrsuntersuchung im Auftrag des Landkreises schlägt vor, mit bis zu 50 Millionen Euro die parallel zur Wendlandbahn verlaufende B 216 nach Lüneburg auszubauen. Die durchschnittliche (!!) Reisegeschwindigkeit soll von 75 auf 85 Kilometer pro Stunde hochgepusht werden!
Parallel zu dieser unfallreichen, mit LKW überlasteten Bundesstraße fährt die Wendland-bahn, fünfmal am Tag, zwischen Dannenberg und Lüneburg. Während nach der Wiedervereinigung beispielsweise die Straßenbrücke nach Dömitz neu gebaut wurde, leidet die Bahn bis heute immer noch an den Folgen der deutschen Teilung. Sie endet in Dannenberg – ehemals ein Bahnkreuzungspunkt mit Verbindungen nach Salzwedel, Uelzen und über die Elbe nach Lud-wigslust und zu den Ostseehäfen.
Hinzu kommt: Tariflich ist die Strecke geteilt – bei uns im Landkreis gilt für drei Stationen der teure „Deutsche Bahn“-Tarif, und erst ab Göhrde kann mit dem Hamburger-Verkehrs-Verbund-Tarif nach Hamburg und in das weite Umland der Metropolregion gefahren werden. 5 700 Menschen fordern mit ihrer Unterschrift eine Integration der Gesamtstrecke in den HVV – noch wird in Hannover die letzte Fahrgastzählung dazu ausgewertet.
Hauptproblem für die Attraktivität dieser Bahnverbindung aber ist die Durchschnittsreisezeit von 48 Kilometern pro Stunde bis Lüneburg – die Bahn (die in ihrer Werbung so mobil macht) ist heute langsamer als die Dampfeisenbahn vor 60 Jahren.
Doch das Wirtschaftsministerium in Hannover sieht die Voraussetzungen für eine Modernisierung der Strecke nicht erfüllt. Hannover meint sich zurücklehnen zu können, denn tatsächlich sind der Bund und die „Deutsche Bahn“ zuständig für die Schienen-Infrastruktur. Wofür die Landesnahverkehrsgesellschaft allerdings verantwortlich ist, das ist die Bestellung des Nah-verkehrsangebots.
Wenn Niedersachsens neuer Wirtschaftsminister Jörg Bode einen attraktiven Zwei-Stunden-Takt auf der Wendlandbahn bestellen ließe, dann rechnet es sich für die „Deutsche Bahn“, die rund eine halbe Million Euro zu investieren, um die Strecke (in die bereits für die Castor-Transporte zwanzig Millionen gesteckt wurden) fit für einen attraktiven Nahverkehr zu machen.
Wer sich für den Öffentlichen PNV einsetzen möchte, ist herzlich eingeladen zur Jahresversammlung des Fahrgast-Rates am Montag, dem 18. Januar, um 20 Uhr im Lüchower „Wendel“. Informationen unter 0 58 43 - 98 69 00 oder fahrgastrat.wendland@jpberlin.de
Nahverkehr
Rufbus zu teuer?
Jan Stehn zu dem Vorwurf, das Projekt Dannenberg/Dömitz würde sich nicht rechnen
Was in vielen anderen ländlichen Regionen längst zum Standard-Angebot gehört, erprobt der Landkreis Lüchow-Dannenberg nun seit drei Jahren an einer kleinen Buslinie: den Rufbus. Wer von Dannenberg nach Dömitz will, kann bei der Firma „Christ“ (Telefon: 0 58 61 - 20 48) zu täglich fünf (am Wochenende drei) Abfahrzeiten zwischen Dannenberg und Dömitz einen Bus bestellen. Die Meinungen zu dieser länderübergreifenden ÖPNV-Verbindung gehen auseinander. Was für den Fahrgast-Rat einen Erfolg darstellt, das bewerten andere als viel zu teuer. So überschrieb die „Elbe-Jeetzel-Zeitung“ ihren Artikel zur Auswertung des 3. Erprobungsjahres: „Fahrt durch Rufbus viel teurer“.
Doch bevor wir uns die Zahlen einmal genauer anschauen, ein kurzer Blick auf die Vorgeschichte – ohne die ist das ganze Projekt nicht richtig einzuschätzen. Bis 2005 wurde die Buslinie zwischen Dannenberg und Dömitz von der Ludwigsluster Verkehrsgesellschaft (LVG) gefahren. In der Öffentlichkeit war diese Linie kaum bekannt, sie tauchte nicht einmal in den Fahrplaninformationen des Landkreises auf. Praktisch diente sie nur der Schülerbeförderung. Pro Jahr wurden 21 000 Kilometer gefahren, was der LVG jährliche Betriebskosten von 55 000 Euro und einen Verlust von weit über 20 000 Euro bescherte. Auf Initiative des Fahrgast-Rates startete die landkreiseigene Lüchow-Schmarsauer-Eisenbahngesellschaft (LSE) dann nach einem Jahr Stillstand Ende 2006 mit der Erprobung eines Rufbus-Angebots auf dieser Relation.
Wie haben sich nun dadurch die Kosten entwickelt? Im ersten Jahr wurden 5 500 Euro, im zweiten Jahr 6 600 Euro und jetzt, im dritten Jahr, 17 200 Euro Fahrkostenzuschuß vom Landkreis und den Städten Dannenberg und Dömitz aufgebracht. Diese Kostensteigerung hat einen erfreulichen Hintergrund: Die Fahrgastzahlen haben sich gegenüber den ersten beiden Jahren (mit 390 und 420 Fahrgästen) im dritten Jahr (960) mehr als verdoppelt.
Hintergrund: Der Fahrgast-Rat hatte eine Verbesserung des Fahrplanangebots angeregt und mit geringen Mitteln eine kreative Werbung aufgelegt. Angeboten wird jetzt eine jährliche Fahrleistung von 44 000 Kilometern, von denen ein Viertel tatsächlich gefahren wurden. Denn das ist ja der große Vorteil des Rufbusses auf nachfrageschwachen Linien: Bezahlt werden müssen nur die tatsächlichen Fahrten – überflüssige Leerfahrten entfallen und belasten weder Umwelt noch Geldbeutel.
Nichtsdestotrotz drängt sich die Frage auf: Werden die Kosten in den nächsten Jahren weiter so steigen? Da kann ich beruhigen: Erstens konnten durch eine Neuausschreibung die Betriebskosten um ein Drittel gesenkt werden, und zweitens werden die für 2010 zu erwartenden 1 500 Fahrgäste das Angebot zunehmend besser ausnutzen. Die zusätzlichen Fahrgast-Einnahmen decken fast schon die Kosten für die dafür notwendigen zusätzlichen Fahrten. Das ist nämlich der ökonomische Clou des Rufbusses: Der Start ist mit geringen Kosten möglich, bei positiver Entwicklung steigen diese dann proportional zu den Fahrgastzahlen, um sich in der dritten Phase der Entwicklung auf einem immer noch kostengünstigen Niveau zu stabilisieren.
Die PVGS, die Busgesellschaft des Altmarkkreises, hat das verstanden und in unserem Nachbarkreis ein – verglichen mit unseren wend-ländischen Verhältnissen – traumhaftes ÖPNV-Angebot realisiert: Seit Sommer 2008 wird dort eine Kombination von Hauptbuslinien und flächendeckendem Rufbusangebot gefahren, das die Menschen von jedem kleinen Ort abholt: mindestens im Zweistundentakt, von früh morgens bis abends gegen 22 Uhr. Und dies auch sonntags und an anderen schulfreien Tagen.
Ein Erfolg: Die Anmeldungen für den Rufbus sind inzwischen auf 4 000 im Monat gestiegen. Eine Rufbuszentrale ist von 6 bis 22 Uhr besetzt, nimmt die Wünsche entgegen und koordiniert den Fahrzeugeinsatz. Faszinierend ist, daß dies im wesentlichen kostenneutral bleibt: Einsparungen im Bereich der Standardlinien wurden für den Rufbus nutzbar gemacht – ein Konzept, das der Fahrgast-Rat den Verkehrsplanern in Lüchow schon seit Jahren vorschlägt.
Auch die Wirtschaft in Dömitz sieht die Attraktivität des ÖPNV: Das Dömitzer Panorama-Café und das neue Dömitzer Kaufhaus fördern die Anreise ihrer Gäste mit dem Rufbus und spendieren jedem Fahrgast eine Tasse Kaffee.
Rufbus zu teuer? Er ist auf Dauer die billigste Variante des ÖPNV, die wir kennen. Und so richtig teuer wird es erst, wenn wir blind gegenüber den Klimaschutz- und Energieprognosen weiter eingleisig nur in Straßenverkehr und Autos investieren.
Millionen für die Straße,
aber kein Geld
für die Wendlandbahn
Eine Verkehrsuntersuchung im Auftrag des Landkreises schlägt vor, mit bis zu 50 Millionen Euro die parallel zur Wendlandbahn verlaufende B 216 nach Lüneburg auszubauen. Die durchschnittliche (!!) Reisegeschwindigkeit soll von 75 auf 85 Kilometer pro Stunde hochgepusht werden!
Parallel zu dieser unfallreichen, mit LKW überlasteten Bundesstraße fährt die Wendland-bahn, fünfmal am Tag, zwischen Dannenberg und Lüneburg. Während nach der Wiedervereinigung beispielsweise die Straßenbrücke nach Dömitz neu gebaut wurde, leidet die Bahn bis heute immer noch an den Folgen der deutschen Teilung. Sie endet in Dannenberg – ehemals ein Bahnkreuzungspunkt mit Verbindungen nach Salzwedel, Uelzen und über die Elbe nach Lud-wigslust und zu den Ostseehäfen.
Hinzu kommt: Tariflich ist die Strecke geteilt – bei uns im Landkreis gilt für drei Stationen der teure „Deutsche Bahn“-Tarif, und erst ab Göhrde kann mit dem Hamburger-Verkehrs-Verbund-Tarif nach Hamburg und in das weite Umland der Metropolregion gefahren werden. 5 700 Menschen fordern mit ihrer Unterschrift eine Integration der Gesamtstrecke in den HVV – noch wird in Hannover die letzte Fahrgastzählung dazu ausgewertet.
Hauptproblem für die Attraktivität dieser Bahnverbindung aber ist die Durchschnittsreisezeit von 48 Kilometern pro Stunde bis Lüneburg – die Bahn (die in ihrer Werbung so mobil macht) ist heute langsamer als die Dampfeisenbahn vor 60 Jahren.
Doch das Wirtschaftsministerium in Hannover sieht die Voraussetzungen für eine Modernisierung der Strecke nicht erfüllt. Hannover meint sich zurücklehnen zu können, denn tatsächlich sind der Bund und die „Deutsche Bahn“ zuständig für die Schienen-Infrastruktur. Wofür die Landesnahverkehrsgesellschaft allerdings verantwortlich ist, das ist die Bestellung des Nah-verkehrsangebots.
Wenn Niedersachsens neuer Wirtschaftsminister Jörg Bode einen attraktiven Zwei-Stunden-Takt auf der Wendlandbahn bestellen ließe, dann rechnet es sich für die „Deutsche Bahn“, die rund eine halbe Million Euro zu investieren, um die Strecke (in die bereits für die Castor-Transporte zwanzig Millionen gesteckt wurden) fit für einen attraktiven Nahverkehr zu machen.
Wer sich für den Öffentlichen PNV einsetzen möchte, ist herzlich eingeladen zur Jahresversammlung des Fahrgast-Rates am Montag, dem 18. Januar, um 20 Uhr im Lüchower „Wendel“. Informationen unter 0 58 43 - 98 69 00 oder fahrgastrat.wendland@jpberlin.de