Wer die Karten des Friedrich-Löffler-Instituts zur Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) verfolgt, wird feststellen, dass sich diese Tierseuche vor allem seit 2019 nicht nur in Polen erheblich massiver verbreitet als in den Vorjahren. Aktuell ballen sich Fälle von ASP dicht an der deutschen Grenze bei Brandenburg und Sachsen.
Nicht umsonst werden Jäger und Schweinehalter nervös. Die ASP dezimiert nicht nur den Bestand an Wildschweinen, sie kann auch auf Hausschweine übergreifen. Für Schweinehalter eine existenzbedrohende Aussicht: bei Befall müsste nicht nur der gesamte Bestand getötet werden - es wären dann auch inner- und außereuropäische Ex- bzw. Importbeschränkungen zu erwarten. Ein Milliardenverlust für die Agrarwirtschaft.
Niedersachsen wäre von einem solchen Szenario am meisten betroffen, denn die Hälfte aller Mastschweine Deutschlands wird in unserem Bundesland aufgezogen. Dazu kommt, dass die enorme Vermehrung des Schwarzwilds (+ 250 % pro Jahr) schon vorher bei Deichschützern und Landwirten für Ärger sorgte.
Seit Jahren warnen Jäger und Landwirte vor dem Einschleppen der ASP. Mindestens seit vergangenem Jahr wird vehement zum Abschuss von Wildschweinen aufgerufen. Wegen der drohenden ASP - aber auch wegen der übermäßigen Vermehrung - wurde gar die Schonzeit für Wildschweine aufgehoben. Lediglich tragende Bachen dürfen nicht geschossen werden.
Höchste Schwarzwildstrecke in Niedersachsen
70 481 Wildschweinen wurden in Niedersachsen im Jagdjahr 2019/2020 geschossen - das liegt 26 Prozent über der des Vorjahres - "Ein neuer Höchstwert", teilte das Niedersächsische Agrarministerium dieser Tage mit.
Bei der Absenkung der Schwarzwildpopulation spielt die drohende Afrikanische Schweinepest (ASP) eine große Rolle. „Ich danke den Jägerinnen und Jägern für ihren ehrenamtlichen Einsatz, um dadurch vorzusorgen und eine mögliche Infektionskette zu unterbrechen", sagte Agrarministerin Barbara Otte-Kinast.
Die Intensivierung der Bejagung wird in Niedersachsen auf zwei Wegen unterstützt: zum einen erhalten Hundeführer, die Ihren Jagdhund bei revierübergreifenden Jagden einsetzen, eine finanzielle Anerkennung von 25 Euro je Hund und Jagdtag. Zum anderen wird Revierinhaberinnen und Inhabern eine Prämie in Höhe von 50 Euro für jedes „Mehr"-Schwein gewährt, das über der durchschnittlichen Strecke dreier Vorjahre hinaus erlegt wird.
Auch im Wendland werden Wildschweine intensiv bejagt. Im Jagdjahr 2018 / 19 waren es 2 566 Wildschweine, die erlegt wurden, in diesem Jahr waren es bis zum 31. März bereits 3 143 Tiere .
Warum hier? Die polnische Grenze ist weit weg
Länderübergreifende Informationen über das Jagdwesen sind schwierig zu erlangen. In Brandenburg wurde aber bereits ein 120 km langer Schutzzaun errichtet.
Und warum hier bejagen, recht weit weg von der polnischen Grenze entfernt? Dazu Kreis-Jägermeister Gebhard Schüssler: "Das Problem ist der LKW- und PKW-Verkehr zwischen den östlichen Ländern und Deutschland," so Schüssler. "Fahrzeuge und Menschen können kontaminiertes Material mitbringen." Es reicht schon ein achtlos weggeworfenes Wurstbrot oder eine heimische Mettwurst, um ein Wildschwein zu infizieren.
Deswegen gibt es bereits seit langem Hinweisschilder an den üblichen Verkehrsstrecken zwischen Ost-/ und Südosteuropa, Essensreste nicht unverschlossen wegzuwerfen.
"Die Dezimierung des Wildschweinbestandes trägt dazu bei, dass das Infektionsrisiko sinkt," so Schüssler weiter. Denn je weniger Wildschweine in einem Gebiet leben, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich gegenseitig anstecken.
Bild von Michal Renčo auf Pixabay: Teil einer Wildschwein-Rotte an einem Wasserloch.