„Frei leben – ohne Gewalt“: Blaue Flaggen mit dieser Forderung hissten Frauen am Donnerstag in Lüchow und in Dannenberg. Anlass war der „Internationale Tag ‚Nein zu Gewalt an Frauen‘“, der seit zehn Jahren auf Initiative von „Terres des Femmes“ stets am 25. November begangen wird.
Betrunken kommt der Familienvater nach Hause, ist sauer, dass ihm seine Frau nicht sogleich ein Abendbrot serviert, fängt an zu schimpfen, wird beleidigend. Die Bitte, er möge sich doch selbst eine Stulle machen, quittiert der Wüterich mit ein paar Ohrfeigen. Die Frau flüchtet ins Schlafzimmer, doch da fängt der Alkoholisierte erst richtig an zu toben, fällt über die Geschlagene her, vergewaltigt sie. Wer mutmaßt, solch ein Geschehen sei wohl in Berliner Plattenbausiedlungen an der Tagesordnung, aber doch nicht auf dem Lande, der irrt. Auch im hiesigen Kreisgebiet, hinter den Fassaden gepflegter Einfamilienhäuschen mit akkurat gestutzten Hecken und Vorgärten nebst lächelnden Zwergen ereignen sich derartige Übergriffe.
Brutalität gegen Frauen auch auf dem Lande
Auch im ländlichen Raum ist Gewalt gegen Frauen böse Realität, weiß Gabriele Pelc von “Violetta“. Einige Aktive jener Beratungsstelle für Mädchen und Frauen hatten am Donnerstag auf dem Dannenberger Wochenmarkt zusammen mit den Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises und der Samtgemeinde Elbtalaue, Beate Maatsch und Christa Peitz sowie mit weiteren engagierten Frauen die Fahne zum Internationalen Anti-Gewalt-Tag aufgezogen. Wie häufig Gewalt gegen Frauen auch in Lüchow-Dannenberg verübt wird, sieht Gabriele Pelc an der Vielzahl der Betroffenen, die bei ihr und ihren Mitstreiterinnen Rat suchen. Auch im Frauenhaus, das die Fahnen-Aktion in Lüchow mit trug, ist das Problem wohl bekannt.
Das Thema ist mancherorts noch ein Tabu
Mit dem Internationalen Tag soll das Thema „Gewalt gegen Frauen“ der Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen werden. „Aber leider ist das Thema hier und dort immer noch ein Tabu – auch wenn sich das in den vergangenen Jahren zum Besseren geändert hat“, sagt Gabriele Pelc.
Gegen Sexismus in Werbung und Medien
Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen geht zurück auf die Schwestern Mirabal, die politischen Widerstand gegen die Diktatur in der Dominikanischen Republik leisteten und vom militärischen Geheimdienst des Landes nach monatelanger Folter am 25. November 1960 ermordet wurden.
Seitdem, so erinnert die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros, wird der Tag genutzt, „um das Ausmaß und die Formen der Gewalt gegen Frauen zu skandalisieren und um auf Erreichtes aber auch auf die Handlungsdefizite bei der Intervention gegen Gewalt aufmerksam zu machen“. Die Dimensionen und Formen der Gewalt seien vielfältig: Sie reichten von der strukturellen Gewalt in Form sozialer Armut bis zur körperlichen Misshandlungen und der alltäglichen Pornografie sowie dem Sexismus in Medien und Werbung.
Opfer von Zwangsprostitution
Gewalt gegen Frauen gelte rund um den Globus als eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen. „Beispielsweise werden weltweit weibliche Embryonen gezielt abgetrieben, Frauen und Mädchen sind Opfer von Zwangsprostitution, Zwangsheirat und Genitalverstümmelungen; sie werden vergewaltigt und missbraucht und sind oft Opfer häuslicher Gewalt“, geben die Frauenbüros zu bedenken.
Foto: Hagen Jung / Die blaue Fahne wehte am Donnerstag auf dem Marktplatz in Dannenberg ...