1997 wurde der alte Zwei-Wege-Unimog zum letzten Mal auf Schienen eingesetzt. Seitdem diente das 1972 gebaute Fahrzeug nur noch der Naturparkverwaltung auf den Straßen des Landkreises. Letzte Woche wurde das voll praxistaugliche Gefährt an den Förderverein Ostheide-Elbe-Bahn e.V. übergeben, der sich nun um die Restaurierung kümmern will.
Es dauerte einige Minuten, bis er ansprang, aber das Leuchten in den Augen der Männer am Steuer sprach Bände: Ein schienengängiger Zwei-Wege-Unimog wurde dem „Förderverein Ostheide-Elbe-Bahn e.V.“, der sich für die Erhaltung der Bahnstrecke Uelzen-Dannenberg einsetzt, am Freitag in Lüchow übergeben. Der 2. Vereinsvorsitzende Rolf Schulze berichtet: „Dabei handelt es sich um den Unimog, der von 1974 bis 1997 von der Lüchow-Schmarsauer Eisenbahn (LSE) zur Bedienung der Anschlüsse in Lüchow eingesetzt wurde - mithin um das (bisher) letzte im Kreisgebiet stationierte Schienenfahrzeug!“
Dieses eisenbahngeschichtliche Kulturgut möchte der Förderverein Ostheide-Elbe-Bahn (OEB) nun restaurieren und der Nachwelt erhalten. Der Verein konnte es von der LSE erwerben - „zum Glück, den es gab auch andere ernsthafte Interessenten für den Unimog“, wie Vereinsvorsitzende Simone Stolzenbach verriet.
Neues Einsatzgebiet: Bahnstrecke zwischen Dannenberg, Uelzen und Lüchow
Das voll praxistaugliche Gefährt soll in Zukunft für die Pflege der Vereinsstrecke eingesetzt werden. Der Unimog wurde in den vergangene Jahrzehnten sowohl im „Straßenmodus“ als auch im „Schienenmodus“ eingesetzt. Nach der Wiederzulassung für den Straßenverkehr steht als nächstes der (Wieder)anbau der nicht mehr vorhandenen Gleisführungsrollen an, um den Unimog wieder auf Schienen einsetzen zu können - seit 1997 war dies nicht mehr möglich, und das Fahrzeug war von der LSE mangels eigenem Bedarf als reines Straßenfahrzeug an die Naturparkverwaltung vermietet worden, wo es bis 2009 im Einsatz stand.
Wenn der Unimog dann eine Zulassung für die Strecken der Deutschen Regionaleisenbahn (DRE) hat, soll er zwischen Dannenberg, Uelzen und Lüchow zum Einsatz kommen. Am Freitag wurden die Schlüssel auf dem Betriebshof der LSE/Betriebshof Irro offiziell übergeben: LSE-Geschäfstführer Michael Jaap sowie Beate Fabel von der LSE überreichten die Schlüssel an die 1. Vereinsvorsitzende Simone Stolzenbach sowie Andreas Joswig, Fred Thurm und Rolf Schulze vom Förderverein Ostheide-Elbe-Bahn e.V.
Gegen den Abbau der Bahnstrecke
Moderne Hochgeschwindigkeitszüge wie der ICE fahren heute mit 350 Stundenkilometern durch die Landschaft, von der man als Fahrgast in Tunnels, über Brücken und zwischen Schallschutzwänden allerdings kaum noch etwas mitbekommt. Ältere Reisende erinnern sich sicher noch an die Zeit, als Bahnfahren noch ein Erlebnis für alle Sinne war, als man im Waggon das Klacken der Schienenstöße hören konnte und der Zug noch an jedem Bahnhof hielt.
Auch zwischen Uelzen und Dannenberg ist diese Zeit längst Vergangenheit, die einst wichtige Strecke zwischen dem mecklenburgischen Ludwigslust und Uelzen in Niedersachsen ist seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges unterbrochen, die Reststrecke seit 1996 stillgelegt. Trotzdem blieben die Gleise liegen, die Bahn fiel buchstäblich in einen Dornröschenschlaf.
Jetzt droht der „Ostheide-Elbe-Bahn“ das endgültige Aus: die Gleise sollen abgebaut, die Schienen verschrottet und die Trasse entwidmet werden. Um das zu verhindern, wurde im April 2009, 85 Jahre nach der Eröffnung der Bahnstrecke Uelzen-Dannenberg, der Förderverein „Ostheide-Elbe-Bahn“ e.V. gegründet. „Wir wollen die Bahnstrecke erhalten und wieder erlebbar machen. Für touristische Zwecke als Museumsbahn oder als Draisinenstrecke. Mit der Option auf eine spätere Nutzung für den Schienenpersonennahverkehr“, berichtet Vereinsvorsitzende Simone Stolzenbach.
LSE - eine lange Geschichte
Der Unimog, der für die Instandhaltung der Strecke angeschafft wurde, tat vorher u.a. bei der Lüchow-Schmarsauer Eisenbahn GmbH (LSE) seinen Dienst. Die LSE wurde am 16. April 1910 als Kleinbahn Lüchow–Schmarsau GmbH gegründet. Hauptgesellschafter waren der preußische Staat, die Provinz Hannover, deren Anteile 1945 auf das Land Niedersachsen übergingen, sowie der ehemalige Kreis Lüchow. Derzeit ist der Landkreis Lüchow-Dannenberg alleiniger Gesellschafter.
Sie eröffnete am 15. Dezember 1911 ihre vollspurige Strecke, die sich vom Bahnhof Lüchow Süd – nahe dem Staatsbahnhof der Bahnstrecke Salzwedel–Dannenberg – in südöstlicher Richtung durch die Landschaft Lemgow im Süden des Wendlandes zwischen Elbe und Jeetzel bis zum Endpunkt in der Ortschaft Schmarsau hinzog. Sie war 17 Kilometer lang.
Das Verkehrsaufkommen entsprach dem einer dünn besiedelten, landwirtschaftlich geprägten Gegend. Die Umorientierung der Verkehrsströme nach 1945 durch die Zonengrenze, die die bisherigen Verbindungen nach Osten abschnitt, brachte zunächst einen Aufschwung im Personenverkehr, der aber durch den hohen Anteil des Schülerverkehrs unrentabel blieb. Der Verkehr wurde mit zwei Dampfloks und später einer Diesellok und zwei Triebwagen bewältigt. Seit 10. November 1952 ergänzte ein bahneigener Omnibusverkehr die Personenbeförderung, der auch noch heute betrieben wird. Obwohl die Deutsche Bundesbahn den Bahnhof Lüchow von 1960 bis 1965 im Personenverkehr nicht mehr auf der Schiene bediente, wurde der Personenverkehr der LSE erst am 31. März 1969 aufgegeben.
Foto: Björn Vogt / Freuten sich am Freitag in Lüchow über die Schlüsselübergabe für ihren schienengängigen Zwei-Wege-Unimog, den letzten seiner Art im Wendland (von rechts): Beate Fabel (LSE), Andreas Joswig (OEB), Michael Jaap (LSE), Simone Stolzenbach, Fred Thurm und Rolf Schulze (im Unimog auf dem Beifahrersitz, alle OEB).
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