Der Bundestag beschäftigte sich am Montag erstmalig mit dem Gesetzesenwurf zu Haftungsfragen für die Rückbau- und Entsorgungskosten im Atombereich.
Nach der gestrigen
Experten-Anhörung im Bundestag zum Gesetzentwurf zur "Nachhaftung
für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich",
fordert die hiesige Grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden:
„Das Gesetz muss schnellstmöglich im Bundestag verabschiedet
werden, in jedem Fall aber noch dieses Jahr – sonst läuft uns die
Zeit davon. Nachhaftung ist wichtig, aber sie allein reicht nicht
aus. Denn sie schützt nicht bei Insolvenz eines der großen
Energie-Konzerne!" So hat nach Ansicht von Verlinden z.B. RWE seit Anfang 2011 mehr als 80
Prozent seiner Börsenkapitalisierung verloren.
Verlinden sieht das Nachhaftungsgesetz als ersten Schritt in die richtige Richtung. „Jedoch muss das zum Teil noch vorhandene Kapital der Energieversorger jetzt schnell in einem öffentlich-rechtlichen Fonds mit Nachschusspflicht gesichert werden. Nur so lassen sich die Steuerzahler vor ungerechtfertigter Abwälzung von Milliardenkosten der Konzerne schützen. Das Verursacherprinzip muss auch bei Atommüll gelten!“
Der Staat mache sich bei der Standortsuche für Atommüll unabhängiger von finanziellen Konzerninteressen, wenn die Rückstellungen der Konzerne eingesammelt und gesichert werden, so Verlinden weiter. "Nur so können wissenschaftliche Sicherheitskriterien im Mittelpunkt der Endlagersuche stehen. Ansonsten ist die Gefahr zu groß, dass am Ende aus Kostengründen auf die billigste Lösung zurückgegriffen würde."
Anders als das "Freshfields"-Rechtsgutachten, das die Energiekonzerne vergangene Woche veröffentlichten, sehen die Sachverständigen, die der Bundestag anhörte, keine Rechtsprobleme. „Die Mehrheit der Sachverständigen erklärte das Gesetz zur Konzernnachhaftung bei den Kosten für AKW-Rückbau und Atommüll-Entsorgung ganz klar für verfassungskonform," so Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. "Es wurde sogar darauf hingewiesen, dass diese Regelung nicht nur zulässig, sondern sogar geboten sei; der Staat müsse so handeln."
Die Expertenanhörung, so Kotting-Uhl, habe auch deutlich gemacht, dass "der im Kern sinnvolle und notwendige
Gesetzentwurf" Lücken habe, die kurzfristig ausgebessert werden können
und müssen.“
Unterdessen habe zwei "Personen, die mit der Materie vertraut sind" gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärt, dass E.ON und RWE die diversen Klagen gegen die Bundesregierung zurückziehen würden, wenn ein "vorteilhafter Deal in Bezug auf die Stilllegungskosten" zustande käme. Die Entscheidung, aus der Atomenergie auszusteigen, habe die Klagen ausgelöst, denn - so Reuters - die Unternehmen sehen diese Entscheidung als Enteignung, weshalb sie millionenschwere Kompensationszahlungen fordern.