Thema: grundrechte

Auch zwei-Personen-Demos dürfen verboten werden

Nachdem Kritik an der Auflösung der dezentralen Demo am Samstag laut geworden war, hat der Landkreis sich rechtlich informiert. Das Ergebnis: das Verwaltungsgericht Neustadt hatte vergangene Woche beschlossen, dass eine derartige Versammlungsauflösung rechtmäßig ist. Gesundheitsschutz stehe über Versammlungsfreiheit.


Das Verbot der Demonstration unter dem Motto „Solidarität kennt keine Grenzen“, die am vergangenen Samstag in Lüchow stattfand, hat Kritik an dem Vorgehen der Kreisverwaltung Lüchow-Dannenberg laut werden lassen: Wurden hier unrechtmäßig Grundrechte verletzt und das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten?

Prompt folgte am Montag eine 2-Personen-Demo, die gegen die Unterdrückung der öffentlichen Meinungsäußerung demonstrierte. Die Initiative will weiter auf das Thema aufmerksam machen, deshalb werden jeden Tag von 11 bis 12 Uhr jeweils andere Menschen in einer Zweier-Konstellation mit Bannern, Schildern oder mit politischen Statements bedruckten T-Shirts auf dem Marktplatz am Brunnen in Lüchow (Speakers` Corner) stehen, um ihr Menschenrecht auf Meinungsfreiheit einzufordern. Dabei sei nicht das Ziel, eine Menschentraube zu provozieren, sondern einzelne Personen auf die Grundrechtsverletzung aufmerksam zu machen. Die DemonstrantInnen kündigen an, den  Mindestabstand von 2 Meter zu unserer/unserem Aktionspartner*in zu achten. " Um uns herum ziehen wir mit Absperrband, Kreide oder Blumen einen Kreis von 2 Metern, so dass interessierte Passant*innen nicht aus Versehen die Abstandsregel verletzen," heißt es in einer Mitteilung.

Landkreis: auch Zwei-Personen-Versammlungen dürfen verboten werden

Die Kreisverwaltung stellt klar: "Selbst wenn die Teilnehmer einer Zwei-Personen-Versammlung den derzeit geforderten Abstand von zwei Metern einhalten, darf diese verboten und, wird sie dennoch durchgeführt, von der Polizei aufgelöst werden."

Denn: „Maßgeblich ist nicht allein die Anzahl der Teilnehmer, die Erwartung einer Gegendemonstration oder die Befürchtung, dass der Zwei-Meter-Abstand unter den Teilnehmern nicht eingehalten wird“, erklärt die Erste Kreisrätin Nadine Löser und verweist hierzu auf einen entsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt a. d. Weinstraße vom 2. April 2020.

Es gelte demnach abzuwägen zwischen dem Interesse an der Ausübung des Versammlungsrechts und dem öffentlichen Gesundheitsinteresse der Bevölkerung. „Bei einem typischerweise dynamischen Versammlungsgeschehen kann nicht ausgeschlossen werden, dass Dritte durch Stehenbleiben, Nötigung zum Stehenbleiben oder durch erzwungenes Ausweichen sich untereinander anstecken.“ Das Gefahrenpotential, das in Corona-Zeiten von solchen Versammlungen ausgehen könne, lasse sich nicht durch besondere Auflagen an die Ausrichter der Versammlung bannen. Ausschlaggebend für das Verbot sei damit die Ungewissheit der Ansteckung womöglich sich ansammelnder weiterer Demonstranten.

Löser betont: „Die Versammlung wurde nicht wegen einer etwaigen direkten Störwirkung auf ihre Umwelt oder gar wegen ihres Inhalts beschränkt, sondern als Auslöser einer unkontrollierbaren Gefahrenlage für die Gesundheit der übrigen Bevölkerung.“ In der derzeitigen Corona-Krise müsse das Recht auf Versammlungsfreiheit zugunsten des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit der übrigen Bevölkerung zurücktreten.



2020-04-07 ; von asb/pm (text),
in Lüchow-Dannenberg, Deutschland

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