Dioxonbelastete Pflanzen werden zu hilfreicher Kohle

Mit einem relativ einfachen Verfahren wollen Forscher der Universität Lüneburg die mit Dioxin verseuchten Pflanzen in den Elbauen in wertvolle Pflanzenkohle verwandeln. Am Dienstag stellten sie in Hitzacker ihre Forschungsergebnisse vor.

Seit Jahrzehnten werden die Elbufer flussabwärts durch Einträge aus der Aluminiumindustrie in der Nähe von Mulde und Saale bei jedem Hochwasser mit Dioxinhaltien Ablagerungen verseucht. Neu-Einträge haben seit der Wende zwar kontinuierlich abgenommen, aber in 10 - 30 cm Tiefe "tickt immer noch eine Zeitbombe", wie es ein Sprecher der Wassergütestelle in Hamburg nach der Flut im Jahre 2002 ausdrückte.

Dioxine sind für Menschen und Nutztiere nicht ungefährlich: sie reichern sich im Fettgewebe an, einige Arten lösen Krebs aus oder andere stehen im Verdacht, Krebs auszulösen. An den Elbufern sind sie in einer Konzentration vorhanden, die jegliche Grenzwerte überschreitet. 

Bis heute lässt kaum noch ein Landwirt sein Nutzvieh auf den Weiden an der Elbe grasen. Die Futterpflanzen am Ufer sind zu stark belastet, zu groß die Gefahr, Milch und Fleisch mit Dioxin zu verseuchen. Dementsprechend hat der Grünschnitt von den Ufern der Elbe keinen wirtschaftlichen Wert mehr. Ein komplexes Auenmanagement wird zwar diskutiert, kann aber noch längst nicht flächendeckend umgesetzt werden.

Da kommt des Forschungsprojekt der Leuphana-Universität gerade richtig: den Forscher gelang es, in Praxistests nachzuweisen, wie Dioxin in Pflanzen vom Elbufer durch einen doppelten Verkohlungsprozess zu 95 % eliminiert werden kann. Dabei werden die Pflanzen zunächst in einem Pyrolyseofen bei über 500 Grad, dann in einem zweiten Schritt bei über 900 Grad verkohlt. "Dabei zerfallen die Bestandteile des Dioxinmolekühls in ihre Einzelbestandteile und verlieren somit ihre fatale Wirkung," so Frank Krüger, Biologe an der Leuphana-Universität, in seinem Vortrag über die Forschungsergebnisse zur Dioxinproblematik.

Weniger Wasser, weniger Dünger - mehr Ertrag

Was aus dem Verkohlungsprozess entsteht, ist eine Pflanzenkohle, die bei Einsatz in einer Substratmischung bis zu 25 % mehr Ertrag bringt - bei Einsatz von ca. 100 g/m² Ackerfläche. Gleichzeitig verbessert die Pflanzenkohle den Bodenwasser- und Stoffhaushalt - die Felder müssen wesentlich weniger gewässert werden. Da die Grünschnitt-Pflanzenkohle sehr stabil ist, eignet sie sich auch gut für eine langfristige Festlegung von Kohlenstoff im Boden. 

Allerdings ist die Pflanzenkohle nach den derzeitigen Erkenntnissen als Bestandteil eines Düngergemischs noch nicht wirtschaftlich. "Mehr Erträge lassen sich im Moment erzielen, wenn die Pflanzenkohle direkt vermarktet wird," so Frank Krüger. Bei 500 Euro Kosten/Hektar lohnt es sich im Moment mehr, die gewonnene Pflanzenkohle als Energielieferant zu nutzen.

Eine andere Schwierigkeit ist, dass Kohle aus pflanzlicher Biomasse derzeit laut Düngemittelverordnung nicht uneingeschränkt auf landwirtschaftlichen Flächen aufgebracht werden darf. Lediglich für Holzkohle gibt es eine Zulassung. Laut Krüger ist jedoch bereits eine Gesetzesänderung in Arbeit. 

Weitere Forschungen bis zur Marktreife

Die Forscher der Leuphana-Universität wollen das Produkt "Pflanzenkohle" noch weiter optimieren. Dabei geht es vor allem um die Vermeidung von polyaromatischen Kohlenwasserstoffen im Herstellungsprozess der Pflanzenkohle. Durch Langzeituntersuchungen im Freilandanbau soll außerdem untersucht werden, ob die Pflanzenkohlesubstrate jährlich neu aufgebracht werden müssen oder ob aufgrund ihrer hervorragenden Stabilität eine mehrjährige Wirkung zu erwarten ist.

Die am Dienstag vorgestellten Ergebnissen weckte aber bei den rund 30 Teilnehmern des Workshops aus Landwirtschaft, Naturschutz und anderen Bereichen viel Interesse. Vor allem der Nutzen für den Naturschutz und die neuen Verwendungsmöglichkeiten für das hoch belastete Grüngut überzeugten alle Teilnehmer.

Foto / Angelika Blank: Saftig und grün locken die Kräuter und Gräser am Elbufer, doch sie sind für Mensch und Tier ungenießbar - der Dioxingehalt in den Pflanzen übersteigt gesundheitsgefährdende Grenzwerte.




2015-05-02 ; von Angelika Blank (autor),
in Dr.-Helmut-Meyer-Weg, 29456 Hitzacker (Elbe), Deutschland

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