Ex-MdL Kurt Herzog und Ex-Rockstar Folli Jahnke legen ihre erste CD vor - natürlich auf
plattdeutsch. Für mundartlich Unkundige wurde dankenswerterweise eine
Übersetzung ins Hochdeutsche beigelegt. Die neue CD ist erstmalig am Mittwoch in Dannenberg im Rahmen eines Konzerts erhältlich.
Die Paarung ist eine ganz besondere: Ein ehemaliger
Rockstar - Folli Jahnke, Ex-Keyboarder von Madsen, trifft auf Kurt
Herzog, Politiker und ehemaliges Mitglied des Niedersächsischen
Landtages für die LINKE.
Beide machen gerne Musik, „und außerdem wollte ich schon immer mal der
Jüngste in einer Band sein“, lacht Folli. Sein fortgeschrittenes Alter
war in der vor allem von Teenies umschwärmten Band Madsen so etwas wie
ein running Gag. „Bei MTV durfte man nicht über
29 Jahre alt sein - also war ich immer 29.“
Seit Anfang 2014 treffen sich Kurt Herzog und Folkert Jahnke, um
gemeinsam Musik zu machen. „Folli hat so eine frische
Unkompliziertheit“, lobt Herzog, der in der Öffentlichkeit eher für
seine kritische Haltung bekannt und für seine scharfe Zunge
gefürchtet ist.
Politprofi rockt die Provinz
Der Politprofi hat aber auch eine andere Seite. Er schreibt über seine
Erlebnisse und Erinnerungen rund um Dannenberg witzige,
nachdenkliche und manchmal auch böse plattdeutsche Reime, die rustikal
bluesig vertont werden. Oder im O-Ton: „Wir sind
zwei Musiker aus dem Wendland im zweiten Frühling. Unsere Musik ist auf
den Punkt, ohne viel Schnickschnack. Zwei Gitarren, das reicht. Unsere
Texte handeln von Baustellen und schrägen Dingen aus dem Alltag und das
op Platt. Moak dat Muul op, wenne wat tou
seggen häs!“
„Mit Musik kann man Sachen viel direkter sagen als vom Rednerpult“, sagt
Herzog. Dabei ist der gebürtige Hamburger gar kein plattdeutscher
„Muttersprachler“ - er musste sich die Sprache als Jugendlicher
gleichsam abhören.
Blues + Folk aus der norddeutschen Tiefebene
Ganz anders Folkert Jahnke. „Wir haben zuhause bei uns in Bückau platt
gesprochen, aber sobald wir in der großen Stadt - Dannenberg - waren,
war das verpönt. Wir wollten doch nicht der Blödi vom Dörp sein. Da
wurde hochdeutsch geredet.“ Irgendwann aber fing
Folli an, sich mit seinem Bruder Schorse wieder auf Platt zu
verständigen.
„Und wir fragen heute noch Tante Dodo um Rat“, bekennen Herzog und Jahnke, wenn es um Texte op
Platt geht. Das Duo hat bereits den Publikumspreis beim „Local
heroes“-Wettbewerb 2014 eingeheimst und kann jetzt - gerade noch
rechtzeitig zu Weihnachten - seine
erste CD vorlegen. Sie trägt den programmatischen Titel „Muul op!“.
Der Sound ist ehrlich und direkt - Blues & Folk aus der
norddeutschen Tiefebene. „Wir wollen so ein bißchen klingen wie
Straßenmusiker“, bekennt Jahnke, der auf der CD Gitarre, Akkordeon,
Mandola und Mundharmonika („aber nur zwei Töne“) spielt.
Beim Abmischen geholfen hat auch Musikprofi Christian Lammers. „Der hat
auch öfters mal gezaubert“, freuen sich die Musiker, „hat eine dritte
Stimme beigesteuert und den Bass gezupft“. Das Ergebnis kann sich
absolut hören lassen. Als eines der ersten Stücke
erklingt „Achim moak wedder op!“. Besungen wird Achim Noacks
Kultkneipe, der auch schon Franz Klahn ein musikalisch-literarisches
Denkmal gesetzt hat.
Weitere Themen: Der treffende „Rasentrecker-Blues“, der sich mokant mit
ausufernder Gartenpflege auseinandersetzt. Überhaupt Umwelt - auch die
Elbe, ihre Jahrhunderthochwässer und die Politikerflut ist ein Thema.
Und natürlich das Wendland schlechthin. Herzog:
„Unser Wendland ist vielfältig und absolut liebenswert. Auch die
Menschen… jedenfalls viele….und jedenfalls manchmal... Und trotzdem muss man ab und zu das Weite suchen."
Zu eng ist das Hamsterrad, in dem alle alles sehen, hören (besonders
das, was gar nicht gesagt wird), ahnen, kommentieren, missverstehen.
Aber wenn wir denn weg sind, dann wollen wir ziemlich schnell wieder
zurück, an die Elbe, auf den Hohen Mechtin, ins Café
Grenzbereiche oder weil der Castor kommt…“
Das aufwändige Booklet bietet die raffinierten plattdeutschen Reime und
jeweils eine hochdeutsche Übersetzung an. „Da kann man direkt
nachlesen, dass man die härtesten Inhalte auf Platt sprachmelodisch
weich und charmant ausdrücken kann“, meint Herzog.
Außerdem gibt es die Rubrik „Hintergründiges“, wo Sachverhalte erläutert werden. So heißt es in den Anmerkungen zum Titelsong „Muul
op!“: „Wehre dich täglich: Das ist ein gängiger Slogan, der besonders
im Wendland gilt mit seiner fast 40-jährigen Widerstandserfahrung
gegen Atomanlagen, Castortransporte und Polizeiwillkür. Dabei ist eine
Schlüsselerfahrung ja auch die, dass dann, wenn die verschiedenen
Menschen sich zusammentun, vieles durchsetzbar oder verhinderbar ist.
Wir müssen eben nur die Zähne auseinander kriegen…
zu sagen haben wir immer was!“
Live zu erleben ist das Duo am Mittwoch, dem 10. Dezember um 18.30 Uhr im Buchladen Hielscher in Dannenberg, Am Marktplatz.
Foto / privat: Kurt Herzog (li.) und Folkert "Folli" Jahnke stellen am Mittwoch ihre erste CD "Muul op!" vor.