Thema: zwischenlager

Der neue Chef der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung stellte sich vor

Seit dem 1. November ist Dr. Ewold Seeba Vorsitzender Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung.

Eigentlich ist zum Thema Zwischenlagerung in letzter Zeit Vieles schon gesagt worden: verlängerte Zwischenlagerungszeiten erfordern neue Sicherheitskonzepte, die Absicherung gegen äußere Einwirkungen muss verbessert werden und die Zukunft der Pilotkonditionierungsanlage ist noch nicht endgültig geklärt. Der vorherige kommissarische Geschäftsführer Jochen Flasbarth hatte dazu bei seinem Besuch im Oktober 2018 schon Einiges gesagt.

So war der Besuch von Dr. Ewold Seeba, seit 1. November 2019, Vorsitzender Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) eher ein Antrittsbesuch als ein kontroverser Diskussionsabend. Seeba kam mit BGZ-Pressesprecher Burghard Rosen und Dr. Michael Hoffmann (Bereichsleiter für die Zwischenlager) am Dienstag auf Einladung der Samtgemeinde Gartow zu einer Ausschusssitzung in die Gaststätte "Das Hahnenberger".

Seeba und sein Team sind derzeit unterwegs, die Zwischenlager-Standorte zu besuchen, die seit dem 1.1. 2019 in der Verantwortung der BGZ betrieben werden. Derzeit sind das die 12 dezentralen Zwischenlager mit hochradioaktivem Müll an AKW-Standorten sowie das Zwischenlager in Gorleben. In Brunsbüttel ist die BGZ in das Genehmigungsverfahren eingetreten. 2020 wird die BGZ auch die Verantwortung für die Zwischenlager mit schwach- und mittelaktivem Abfall übernehmen. 

Seeba: "mühsam erarbeiteter Endlager-Konsens Basis meines Auftrags"

In seinem Berufsleben hatte Dr. Seeba immer wieder mit den Atomkraft-Themen befasst - ob als junger Referent in der rot-grünen Landesregierung unter Monika Griefahn, wo er am ersten Kernenergieausstiegs-Gutachten mitarbeitete, als Abteilungsleiter im Bundes-Umweltministerium, wo er die Endlager-Neuorganisation mitbegleitete oder als Büroleiter des damaligen Kanzleramtschefs Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Als Volkswirt hat er dabei keinen technischen Blick auf die Thematik, sondern einen gesellschaftlich-historischen. "Ich betrachte das historischen Perspektive, in der Geschichte dieses mühselig entwickelten Endlager-Konsenses über Parteiengrenzen hinweg, der sozusagen die Plattform meines grundsätzlichen Handelns als BGZ-Geschäftsführer ist," so Seeba. "Weil ich wirklich glaube, historisch ist da ein klarer Auftrag formuliert, den ich auch trage. "

Und dieser Auftrag, das ist für Seeba " der klare Auftrag, die Endlagersuche in eine Struktur zu bringen, dass sie konsensual in der Bundesrepublik erfolgt, wenn auch sicherlich nicht ohne Kontroverse." Des Weiteren ist er überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, den Energieversorgungsunternehmen die Verantwortung zu entziehen, für so eine langfristige Aufgabe die Sicherheit zu bieten. "Das BGZ hat jetzt die Verantwortung, dass das ordentlich und mit ausreichender finanzieller Kraft gewährleistet wird," so Seeba. Dabei sieht er sich nicht als Gegner der Energieversorungsunternehmen, ist aber der Überzeugung, dass " die Gesellschaft, repräsentiert durch den Staat, bei so einer langfristigen Aufgabe der bessere Organisator ist."

Da es auch darum gehe, die langfristige Finanzierung zu gewährleisten, habe er auch die Unsicherheit der Unternehmensentwicklungen im Auge. "Letztendlich wissen wir nicht, wie lange e.on und Co. noch existieren bzw. ob und wie lange sie in der Lage sind, die notwendige Finanzierung zu gewährleisten. Da bin ich überzeugt, dass das Modell tatsächlich die Chance hat, über Jahrzehnte zu tragen," so Seeba.

Persönlich gehört Seeba offenbar zu den Kritikern der Nutzung von Atomenergie. "Ich fand es schon immer unerklärlich, wie man in eine Technologie eintreten kann, die über Jahrtausende Folgen hinterlassen wird," erklärte er vor dem Rat. Nebenbei war auch zu erfahren, dass er bei der großen Demonstration in Hannover 1979 (Gorleben-Treck) dabei war .

Nicht viel Neues, aber einige kontroverse Ansichten

Inhaltlich hatte Dr. Seeba nicht viel Neues mitgebracht. Hauptsächlich wurde es zu einem Bericht über die Entwicklungen, die sich seit dem Besuch des damaligen kommissarischen Geschäftsführers Jochen Flasbarth  im Oktober vergangenen Jahres ergeben haben.

Hier eine Übersicht:

Sicherheit

Laut Seeba sind inzwischen alle Genehmigungen für den Bau einer umlaufenden Sicherheitsmauer da, die Ausschreibungen in Arbeit. Die Stahlbeton-Mauer soll noch in diesem Jahr realisiert werden. Zu den weiteren Sicherheitsmaßnahmen gab es keine konkreten Aussagen. Dr. Hoffmann fand dafür nur eine kryptische Formel: "Das Zwischenlager ist gegen alle Angriffsszenarien ausreichend gesichert, die von den Sicherheitsbehörden als relevant eingestuft wurden."

Die Kühlung der Castorbehälter sei passiv, so dass auch ein längerer Stromausfall keine Sicherheitsgefahr darstellen würde. Für alle anderen Strombedürftigen Einrichtungen gäbe es Generatoren, die auch einen mehrere Wochen andauernden Stromausfall unterbrechungsfrei überbrücken könnten.

Was die Klage der GNS gegen das Land Niedersachsen wegen angeblich überzogener Sicherheitsanforderungen angeht, so wurde laut Seeba dem Ministerium ein inzwischen genehmigtes umfangreiches Sicherheitskozept vorgelegt. So wird die Entlüftung verbessert und die Inspektionsfähigkeit der eingelagerten Behälter gewährleistet.

Die Aufhebung der Klage sei allerdings ein kompliziertes juristisches Thema, weshalb Bereichsleiter Dr. Hoffmann - selber Jurist - auch hier nur eine formelhafte Antwort parat hatte: "Die Juristen verhandeln jetzt darüber, wie das Klageverfahren für beide Seiten zufriedenstellend beendet werden kann." Er betonte, dass die Verfahrensbeendigung kein inhaltliches, sondern lediglich ein formaljuristisches Thema sei.

Öffentlichkeitsbeteiligung

Seeba beabsichtigt, an den Zwischenlager-Standorten die Öffentlichkeit durch einen gemeinsam gepflegten Dialog einzubinden. "Am Anfang werden wir ein wenig fremdeln, das soll dann aber in Vertrauen und Gleichwertigkeit münden." "Gespräche auf Augenhöhe" stellt sich Seeba vor, um verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen.

Matthias Gallei (Ratsabgeordneter Bündnis 90/Die Grünen) und Eckhart Kruse (Pastor/beratendes Mitglied) reichte das nicht aus. Sie fordern - wie übrigens auch die Bürgerinitiative Umweltschutz und viele andere Umweltschutzinitiativen bzw. -verbände - ein extern besetztes Begleitgremium, wie es auch für die Endlagersuche eingesetzt wurde.

Dieses Ansinnen wurde allerdings von Seeba ausdrücklich abgelehnt. "Die Sicherheitskonzepte für die Zwischenlager sind diskutiert," spielte er auf die gerade erst in Umsetzung befindlichen Umstellungen der Zwischenlager auf dezentralen Betrieb und die staatliche Betriebsführung an. "Die Zwischenlager sind da und in Betrieb. Da sehe ich keine Notwendigkeit für ein Begleitgremium."

Verlängerte Zwischenlagerungszeiten

Die wichtigste Diskussion der nächsten Zeit wird wohl sein, die Zwischenlager auf die zu erwartende weitaus längere Einlagerungszeit einzurichten. Hier betonte Seeba, dass für die weitere Einlagerung nach 2034 eine vollständige Neubewilligung notwendig sein werde. "Das bedeutet, dass wir wissenschaftlich nachweisen müssen, dass die Zwischenlager die notwendig Sicherheit für den neuen Genehmigungszeitraum gewährleisten," betonte der BGZ-Chef.

"Wir haben sehr frühzeitig begonnen, uns auf das Genehmigungsverfahren vorzubereiten. Zunächst geht es darum, die Fragen zu identifizieren, die bei längerfristiger Zwischenlagerung zu beantworten sind. Für die Genehmigung müssen wir dann nachweisen, was in den Fässern drin ist, was darin passiert und was voraussichtlich im Genehmigungszeitraum passieren wird. Das müssen wir mit wissenschaftlicher Sicherheit dargestellt werden - sonst gibt es die Genehmigung nicht."

Pilotkonditionierungsanlage

Eindeutige Aussage vom BGZ-Chef: "Es sind Maßnahmen eingeleitet, die PKA aus dem Betrieb zu nehmen." Dazu gehöre zunächst Alternativen zum Reparaturkonzept für die Castorbehälter zu untersuchen sowie die Frage, wie die PKA aus dem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren herausgenommen werden kann.

Reaktionen

Matthias Gallei, grünes Ratsmitglied (und auch im Kreis-Atomausschuss vertreten) zeigte sich enttäuscht über die Abwesenheit von fast allen Mitgliedern des Kreis-Atomausschusses. Obwohl offiziell eingeladen, war kaum jemand erschienen.

Die Versicherung von Dr. Ewold Seeba, einen Dialog auf Augenhöhe führen zu wollen, sieht er mit Skepsis. " Positiv ist, dass sich die Öffentlichkeitsbeteiligung seit dem Übergang auf die BGZ deutlich verbessert hat. Aber ob Dr. Seeba es auch ernst meint mit seinen Ankündigungen, das muss sich erst zeigen. Da ist die BGZ in der Bringschuld," so Gallei. " Des Weiteren habe ich den Eindruck, dass es bei der BGZ noch nicht ausreichend angekommen ist, dass es auch für die Zwischenlagerung ein externes Begleitgremium braucht. Das ist enttäuschend."

UPDATE: Für Udo Maury, CDU-Ratsabgeordneter und Ausschussvorsitzender, ergab das Gespräch mit dem BGZ-Chef nicht viel Neues. "Die neue Geschäftsführung macht insgesamt nach den Gesprächen im letzten Mai und auch gestern einen vertauensvollen Eindruck," resümiert Maury. "Das lässt insgesamt auf ein gutes Miteinander für die Zukunft hoffen." br>

Foto | Angelika Blank: Dr. Ewold Seeba (Mitte), seit 1.11.2018 Vorsitzender Geschäftsführer der bundeseigenen Zwischenlager-Gesellschaft stellte sich am Dienstag im Rahmen einer Ausschuss-Sitzung in Gartow vor. Begleitet wurde er von Pressesprecher Burghard Rosen (li.) sowie BGZ-Bereichsleiter Dr. Michael Hoffmann (re.).




2019-02-06 ; von Angelika Blank (text),
in 29471 Gartow, Deutschland

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